Handwerk Special Nr. 91 vom 29. Januar 2003 - page 14

Hilfe in der Solidargemeinschaft des Handwerks
29. Januar 2003
Nr. 91
Mit unbürokratischer Hilfe den Alltag zurückerobern
Das Hochwasser mit seinen Folgen für Handwerksbetriebe und das Hilfsprogramm der HwK Koblenz
HwK-Präsident
Karl-Heinz Scherhag
„Wir sind besonders in Notsitua-
tionen für unsere Betriebe An-
sprechpartner. Bei Hochwasser-
situationen dieses Ausmaßes leis-
ten wir unbürokratisch und sehr
schnell Hilfe, sozusagen Hilfe zur
Standpunkt
der HwK-Experten
Info-Tel.: 0261/398-251
SOS-Hotline
Für alle Notsituationen in
einem Handwerksunterneh-
men stehen die HwK-Ex-
perten mit ihrem kostenlo-
sen betriebswirtschaftli-
chen, rechtlichen und tech-
nischen Beratungsangebot
den Mitgliedsbetrieben zur
Seite.
SOS-Stelle der HwK
bei der Betriebsberatung:
Tel.: 0261/ 398-251
Fax: 0261/ 398-994
Rund um die Uhr per
E-Mail:
Internet:
Das Hochwasser in den östli-
chen Bundesländern hielt im
Sommer die Republik in
Atem. Nun haben die Natur-
gewalten auch an den Flüs-
sen im nördlichen Rhein-
land-Pfalz wieder ihre Spu-
ren hinterlassen.
Auch wenn das Hochwasser
zum Leben der Menschen hier
dazugehört, ist es jedes Mal ein
Schlag, den es zu verarbeiten
gilt. Besonders, wenn Betriebe
betroffen sind: Dann geht es um
Existenzen, um Arbeits- und
Ausbildungsplätze und hohe
Sachwerte. Damit in Hand-
werksbetrieben, die durch die
Flut in ihrer Existenz bedroht
sind, der Alltag schnell wieder
einziehen kann, hilft die HwK
Koblenz ihren Mitgliedsbetrie-
ben unmittelbar mit zinslosen
Einzeldarlehen von bis zu
15.000 Euro, die bis zu einem
halben Jahr tilgungsfrei bleiben.
Darüber hinaus bietet die HwK-
Betriebsberatung ihr umfangrei-
ches kostenfreies Beratungsan-
Wie viele ande-
re Betriebe an
Mosel, Rhein,
Lahn und Nahe
ist auch das
Autohaus von
Hans Martin
Meurer in Co-
chem regelmä-
ßig von den
Hochwasser-
fluten betrof-
fen. Für Tage
geht dann erst
einmal nichts
mehr.
gebot an (s. SOS-Hotline im
Kasten). Noch am selben Tag
wird ein Experte je nach betrof-
fenem Gewerk gemeinsam mit
einem Betriebsberater vor Ort
eine Schadensaufnahme ma-
chen. In Abhängigkeit von der
Schadenshöhe und den vorhan-
denen Eigenmitteln wird in ei-
ner Einzelfallentscheidung die
Höhe des Darlehens festgelegt.
„Der gestellte Geldbetrag wird
innerhalbder nächstendrei Tage
ausgezahlt“, erklärt die HwK.
Wasser, Torten und Öl
Diesen Service nahm Bäcker-
meister Christian Bauer direkt
in Anspruch. Für den hochwas-
sererprobtenHandwerksmeister
in der Innenstadt von Zell, der
das Unternehmen in der fünften
Generation führt, gehört „Hoch-
wasser zum Leben dazu.“
Problematisch in diesem Jahr:
Die Pegel stiegen sehr schnell
und ein kleiner Bach aus den
Weinbergen führte soviel Ge-
röll mit sich, dass der Ablauf
schwer betroffenen Mitglieds-
betrieben hilft.“ Schnell und
unkompliziert wurde finanziel-
le Hilfe in Form eines zinslosen
Darlehens angeboten, „das wir
gerne in Anspruch nehmen.“
Bereits wenige Tage nach dem
Hochwasser konnte Jan Schni-
chels einen Scheck bei der HwK
Koblenz in Empfang nehmen.
Keine nassen Füße
Zwei Hochwasser in zwei Jah-
ren, lautet die ernüchternde Bi-
lanz von Metallbauermeister
Thomas Frorath in Rheinbrohl.
Genauso nüchtern seine Erläu-
terung im Umgang mit dem na-
hen Rhein: „Als ich die Halle
mietete, wusste ich, dass sie in
der Hochwasserzone liegt. Das
schlägt sich im Mietpreis nie-
der, was für mich als Existenz-
gründer eine wichtige Rolle
spielt. Hier habe ich Platz, kann
in Maschinen statt in die Immo-
bilie investieren.“
Mit einer perfekten Vorberei-
tung auf dieWassermassen hielt
er die Schäden so gering wie
möglich: „Vor Kurzemhabe ich
einen Gabelstapler gekauft, den
ich im Alltag bei der Herstel-
lung von Türen, Fenstern oder
schweren Metallbauteilen oh-
nehin brauche. Damit war das
Hochstellen der schweren Ma-
schinen und Anlagen kein Pro-
blem.“Auch für Frorath ist klar:
„Ichwerde hierweiterarbeiten!“
Generalstabsmäßige Hilfe
Mit perfektem Timing und dem
Einsatz aller Mitarbeiter wurde
Stunden vor dem Hochwasser
die gesamteWerkstatt imAuto-
haus Josef Meurer in Cochem
Selbsthilfe im Rahmen der Solidargemeinschaft des Handwerks.
Ohne Ruf nach dem Staat oder öffentlichen Programmen helfen
wir den in ihrer Existenz bedrohten Betrieben unmittelbar mit
zinsfreien Überbrückungsdarlehen bei der Regulierung der ent-
standenen Schäden“, so HwK-Präsident Karl-Heinz Scherhag.
verstopfte. „Ein Nachbar hatte
Probleme mit seinem Öltank.
Insgesamt 1.500 Liter Öl traten
aus und liefen durch unseren
Verkaufsraum.“ Die gesamte
Einrichtung wurde ein Fall für
den Müll - und für die Experten
der HwK Koblenz: Betriebs-
berater und Umweltfachleute
kamen sofort zum Zeller Hand-
werksmeister und informierten
ihn überHilfsmaßnahmen, spra-
chen mit ihm darüber, wer wie
am schnellsten bei der Beseiti-
gung der Schäden hilft. Auch
wenn Christian Bauer und sei-
ner Ehefrau beim Hochwasser
so einiges durch den Kopf ging,
„das Café aufgeben und woan-
ders neu aufmachen, kommt für
uns nicht in Frage. Hier sind wir
zu Hause, hier bleiben wir“.
Schnelle Hilfe
Eine andere Bäckerei an einem
anderen Fluss, ähnliche Proble-
me: Auch im Unternehmen der
Familie Schnichels in St. Goar
stand dasWasser. „Es stieg sehr
schnell, nur mit Mühe konnten
wir unsere teuren Anlagen in
Sicherheit bringen“, schildet Jan
Schnichels die Stunden vor dem
kritischen Erreichen des Pegel-
standes, der für das Café „Land
unter“ bedeutete. Der 19-jähri-
ge Sohn von Handwerksmei-
ster und InhaberMichael Schni-
chels ist Bäckergeselle, will
demnächst mit der Meistervor-
bereitung bei der HwKKoblenz
beginnen und als Meister den
Familienbetrieb fortführen.
Klar, dass auch in diesem Be-
trieb keiner ansAufgeben denkt.
„Und doch sind die Schäden so
hoch, dass wir uns an die HwK
Koblenz gewandt haben, diemit
einem Hochwasserfond ihren
geräumt. „Bis auf den nackten
Kachelboden fand die Mosel
nichts vor“, so Betriebsinhaber
Hans Martin Meurer und macht
seinen Mitarbeitern ein Riesen-
kompliment: „Alle kamen und
halfen beim Räumen - ein per-
fektes Teamwork.“ Das Enga-
gement lohnte sich: Bis auf ei-
nige Scheiben konnten Schä-
den an der Einrichtung verhin-
dert werden.
Und selbst das gibt es, wenn die
Wassermassen auf Betriebe zu-
rollen: „Ein Tourist hatte sei-
nen Wagen an der Mosel ge-
parkt und kam erst, als dieser
schon geflutet war. Wir haben
den Wagen aus dem Wasser
geholt und für die Heimreise
wieder fahrtüchtig gemacht.“
„Schnell und unkompliziert hat uns die HwK mit ihrem
Hochwasserfond geholfen“, so Jan Schnichels, der im
City-Büro der HwK von Betriebsberaterin Stefanie
Binge den Scheck über 2000 Euro erhält.
Samstag, 3.5.:
Innovative Handwerkstechniken
Fachprogramm zur Messe
29. April bis 5. Mai
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12,13 15,16,17,18,19,20
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