Handwerk Special Nr. 77 vom 18. Oktober 2000 - page 4

19. Jahrhundert: Bürgerliche Musikliebe begünstigt Klavierbauer.
1808 wird das Koblenzer
Musikinstitut gegründet,
Musterbeispiel bürgerlicher
Musikbegeisterung. Sie
bildet, zusammen mit der
verkehrsgünstigen Lage, die
entscheidende Vorausset-
zung für die Gründung
zweier auch international
erfolgreicher Klavierbaufir-
men in Koblenz. 1832 grün-
det Heinrich Knauss seine
Werkstatt, drei Jahre später
Carl Mand.
Wenn ihm der Wind so richtig ins Gesicht bläst, sein riesiger Rausche-
bart die Naturgewalt aufnimmt, dann fühlt sich Joachim Fuhrländer
wohl. DieWindkraftanlagehinter ihmamRande seinesUnternehmens
Starkes Potential: Fuhrländers Windkraftanlagen,
seine weltweite Expansion ... und sein Aktienkurs
Rückenwind!
im Westerwälder
Waigandshain
dreht sich – wie
weltweit ein paar
Hundert Anlagen
mit seinem Na-
men auf der obe-
ren Gondel.
Der Westerwälder hat mit sei-
nen Anlagen – deutschlandweit
liegt er als Hersteller auf einem
achtbaren 8. Rang – nicht nur
auf die richtige Geschäftsidee
gesetzt, diesemitHightechkom-
biniert und gut in aller Welt ver-
marktet. Jetzt geht er als erstes
Handwerksunternehmen inRhein-
land-Pfalz an die Börse. Doch
Joachim Fuhrländer will das
Börsenparkett im zweiten Quar-
tal 2001 nicht betreten, weil es
IN ist, sondern weil er Kapital
für eine weitere Expansion auf-
nimmt. Seine Story – und die
zählt bei Börsianern und Analy-
sten – ist top, seine Unterneh-
menszahlen ebenfalls. 300 Pro-
zent Umsatzwachstum hatte er
1999, dieses Jahr will er das
deutlich überbieten. Und für die
Zukunft erwartet er eine stürmi-
sche Expansion – in Märkte und
Produkte. So läuft demnächst
die Testphase für eine windbe-
triebeneMeerwasserentsalzungs-
anlage an, auf die er ein Patent
hält. Hier braucht man kein Pro-
phet oder Analyst mit Zauber-
kugel sein um sich vorzustellen,
was passiert, wenn er diese An-
lage als Exportschlager an den
afrikanischen Küsten aufstellt.
Der Blick nach vorne verspricht
ein erfolgreiches Handwerks-
unternehmen. Doch auch der
Blick zurück, in die Gründungs-
zeit des Unternehmens und sei-
ne Wandlung lohnen.
Anfang der 60er Jahre gründete
Vater Theo Fuhrländer seine
Schmiede in Wai-
gandshain. Die Söh-
ne, Joachim und Jür-
gen,beideSchmiede-
und Schlossermei-
ster, wachsen in den
Betrieb hinein und
entwickeln ihn kon-
stant, wobei die Um-
welttechnik eine gro-
ßeRollespielen.„Be-
hälter- und Appara-
tebau, Windkraftan-
lagen, Luftreini-
gungssysteme,Meer-
wasserentsalzungs-
und Solaranlagen,“
erklärtJoachimFuhr-
länder.
Dieses Konzept ist
aufgegangen, denn
die Unternehmens-
entwicklung ist be-
eindruckend: Noch
vor zwei Jahren hatte die Firma
einen Umsatz von 11,8 Millio-
nen, 1999 bereits von 37,7 Mil-
lionen. Weltweite Auftragsein-
gängeundpralleAuftragsbücher
verheißen für 2000 eine weitere
Steigerung.
Ob im In- oder Ausland, was
macht den Unternehmererfolg
aus? „ErfindungenundEntwick-
lungen des Mittelstands,“ da ist
sich Joachim Fuhrländer sicher,
„werden die Zukunft von deut-
schen Technologien im interna-
Usbekistan, aus Brasilien wie
auch den Botschafter von Mala-
wi. Die ausländischen Gäste
kommen gerne vor Ort, hier ler-
nen sie unsere Leistungsfähig-
keit kennen, sehen in die Pro-
duktion hinein. Das schafft Ver-
trauen“. Und Aufträge.
„In vielen Ländern sind Lizenz-
fertigungen geplant, Schlüssel-
komponenten bleiben bei uns.
Die Perspektiven?
Erfolg im Export setzt voraus,
dass man üben muss, aufeinan-
der zuzugehen, um zu spüren,
kann man sich aufeinander ein-
lassen? Dies lernt man, indem
man sich mit der Kultur, dem
Land, Einkommen, Lebensstan-
dard und Politik auseinander-
Roland Elberfeld, Leiter des
Emissions- und Konsortial-
geschäftes der Westdeutschen
Genossenschafts-Zentralbank
eG (WGZ) Düsseldorf, gegen-
über Handwerk Special zum
„Unternehmen Handwerk
AG“.
Liegen Börsengänge bei
mittelständischen Unterneh-
men im Trend?
Elberfeld: Software- und
Hardware-Produzenten,
Internet-Firmen und Techno-
logie-Unternehmen sind ins-
besondere am Neuen Markt
erfolgreich. Etwa 200 Unter-
nehmen gingen im vergange-
nen Jahr an die Börse – so viel
wie nie zuvor.
Wie schätzen sie die Möglich-
keiten für handwerkliche
Betriebe an der Börse ein?
Das Börsenparkett ist für den
handwerklichen Mittelstand
quasi Neuland. Handwerksbe-
triebe haben den Nutzen eines
Börsenganges noch nicht voll
erkannt, auch ist nicht für alle
handwerklichen Betriebe ein
Börsengang geeignet. Erst ab
einer bestimmten betriebli-
chen Größe ist dieser geboten,
wenn sich das Unternehmen
weiter vergrößern möchte und
dafür Kapital benötigt.
Mit Joachim Fuhrländer geht
ein Windkraftanlagenbauer
und Handwerksbetrieb an die
Börse.Wie sehen die Chancen
„Handwerk AG“ auf dem Weg zur Börse?
für den Bereich regenerative
Energien aus? Haben Betriebe
mit neuen Technologien wie
Fuhrländer gute Aussichten?
Das ist natürlich derzeit ein
sehr aktuelles Thema. Es passt
sehr gut in die Zeit, zumal die
hohen Erdölpreise der vergan-
genen Wochen und begrenzte
Erdöl-Ressourcen viele
Anleger für diesen Bereich
sensibilisiert haben. In bezug
auf Fuhrländer ist der Kapital-
zufluss durch die Börsen-
notierung für die zukünftige
Expansion wichtig. Gerade im
Hinblick auf die ausländi-
schen Märkte, die Fuhrländer
beliefert, ist der Börsengang
wegen des daraus resultieren-
den Kapitalzuflusses sinnvoll.
Mit Wind-kraftanlagen für
das Binnenland verdient die
Fuhrländer AG ihr Geld -
und holt sich welches über
den Börsengang.
Dominic Deurer
ist bester Maschi-
nenbaumechaniker
Dominic Deurer, Maschinen-
baumechanikergeselle ausKo-
blenz, heißt der Sieger beim
Praktischen Leistungswettbe-
werb der Handwerksjugend in
seinem Gewerk. Der 21jähri-
ge drehte und fräste die gefor-
derte Klemmvorrichtung nach
vorgegebener Zeichnung am
präzisesten. Bewertet wurden
Genauigkeit, Identität mit der
Zeichnung und Einhaltung der
Zeitvorgabe. Dominic, der sei-
neLehreander Fachhochschu-
le Koblenz gemacht hat, reizt
an seinemBeruf die Feinarbeit
und absoluteMaßgenauigkeit.
Oft müssen Einzelteile in eine
bereits erstellte Anlage einge-
baut werden. Zur Zeit ist der
junge Mann Soldat. Er kann
sich gut vorstellen, später im
technischen Bereich der Bun-
deswehr zu arbeiten.
Infos zum Leistungswettbe-
werb gibt die HwK Koblenz,
Tel.: 0261/398-641, Fax: -
991, e-mail: gesellenprue
tionalen Maßstab entscheiden-
der denn je mitbestimmen. Wir
haben Vertretungen in Italien,
Spanien, Portugal, Österreich,
Japan, China, Indien, Brasilien,
Chile, Südafrika undGhana. Ein
Serviceteam nahm vor kurzem
eine Anlage nahe Okinawa in
Betrieb, derzeit folgt eine wind-
kraftbetriebeneMeerwasserent-
salzungsanlage in Gaza und ein
Windpark in Portugal.Wir emp-
fingen zuletzt Delegationen aus
setzt. Was will man, und lässt
der Markt es zu?“
Die Frage, ob der Markt einen
mittelständischen Windkraftan-
lagenbauer an der Börse zulässt,
hat nicht nur Fuhrländer mit Ja
beantwortet. Die Aktienkurse
ähnlicher Unternehmen sindmit
den hohen Ölpreisen und der
damit verbundenen Suche nach
alternativen Energieressourcen,
starkgestiegen. „Hier kommt der
Markt auf uns zu“, erkennt Fuhr-
länder den Börsentrend. Die ge-
nauen Eckdaten, so der Emis-
sionspreis, werdendemnächst fest-
gelegt. Börsen-
Start ist im zwei-
ten Quartal 2001.
Mit der Eintra-
gung als AG ins
Handelsregister
am8. August sind
die Weichen der
ersten Aktienge-
sellschaft im
rheinland-pfälzi-
schen Handwerk
– bundesweit gibt
es rund 15 Hand-
werksunterneh-
men als AG – je-
denfalls erfolg-
reich gestellt.
Besucher aus aller Welt - so der Bot-
schafter aus Malawi - informieren sich
bei Joachim Fuhrländer.
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