Handwerk Special Nr. 74 vom 12. April 2000 - page 20

1989: HwK entwickelt Programme, die Wiedereinstieg für Frauen erleichtert.
Handwerk ist ohne ein-
satzfreudige Frauen nicht
denkbar. Das gilt für die
Unternehmerfrauen, für
die der 1985 gegründete
Gesprächskreis zum be-
liebten Forum geworden
ist, genauso wie für Frau-
en, die in den Beruf zu-
rückkehren wollen. Die
HwK nimmt sich ihrer mit
einem modularen, indivi-
duell abstimmbaren
Trainingsangebot an.
Seit 1992 ist die Hörgeräte-
akustikermeisterinKerstinRit-
ter aus Idar-Oberstein selbstän-
dig. Inzwischen hat die 35-jäh-
rige im Hunsrück ein Filial-
netz mit fünf Geschäften auf-
gebaut. Sie beschäftigt 12 Mit-
arbeiter, darunter vier Lehr-
linge.
Den Umsatz konnte sie 1999
auf 1,6 Millionen Mark stei-
gern.Weitere Filialeröffnungen
sind geplant. Bei demvomWirt-
schaftsblatt „handwerk maga-
zin“ und der Deutschen Bank
24 ausgeschriebenen Wettbe-
werb „Vorbildliche Existenz-
gründer im Handwerk“ 1999
belegte sie den dritten Preis.
„Bei meiner stark ausgepräg-
tem Unruhe und meinem stän-
digen Ideenreichtum, bin ich für
keinen Arbeitgeber tragbar“,
begründet Kerstin Ritter ihren
Schritt in die Selbständigkeit.
Nach Abitur, Lehre, Gesellen-
zeit und Meisterprüfung eröff-
nete sie ihr erstes Geschäft in
ihrer Heimatstadt. Service und
Goldschmiedemeister Julian
Talavera aus Koblenz ist seit
fünf Jahren selbständig. Am 1.
Oktober 1995 war der gebürti-
ge Spanier im Bezirk der HwK
Koblenz der Hundertste, der
die 5000-Mark-Prämie des
Landes Rheinland-Pfalz für
Existenzgründer erhielt.
„Mut zum Risiko braucht man,
wenn man sich selbständig ma-
chen möchte; aber für mich war
es der Weg zur Selbstverwirkli-
chung“, schätzt Talavera ein.
Seine Ausbildung hat er in der
Goldschmiede der Schönstätter
Marienbrüder gemacht. Bereits
nach vier Gesellenjahren beim
Koblenzer Juwelier Carl Willy
Beratung stehen bei ihr obenan.
Kunden, die nicht ins Geschäft
kommen können, werden zu
Hause besucht. Dabei fährt sie
mit einem zum Labor umge-
bauten Ford Transit als fahrba-
re Filiale Altersheime und
Verbrauchermessen an, umdort
Hörtests anzubieten. Im Schnitt
hat sie dadurch 20 Prozent Neu-
kunden gefunden.
Ihren Bekanntheitsgrad hat sie
auch durch Werbung auf öf-
fentlichen Verkehrsmitteln ge-
steigert. In Zeitungsaktionen
suchte sie mehrfach 1000 Per-
sonen, die kostenlos und unver-
bindlich Hörgeräte testen durf-
ten. In den Geschäften können
die Kunden aus 400 verschie-
denen Hörgeräten auswählen
und sich individuell beraten las-
sen.
Für ihre Mitarbeiter ist Kerstin
Ritter Chefin und Partnerin zu-
gleich. Sie motiviert sie durch
Erfolgsbeteiligung sowie durch
finanzielle Unterstützung der
leitenden Mitarbeiter bei ihrer
Weiterbildung zum Meister.
Auch für sie selbst ist Weiter-
bildung ein stets aktuelles The-
ma. Zur Zeit besucht sie den
Qualifizierungslehrgang zum
„Betriebswirt des Handwerks“.
Müller bereitete er sich bei der
HwK Koblenz auf die Meister-
prüfung vor.
„Ichwolltemeinen eigenenWeg
gehen.MeineÜberzeugung von
Schönheit, Ästhetik und Sinn-
lichkeit soll im Schmuck spür-
bar und erlebbar werden“, for-
muliert er seine Maxime. „Kla-
re Muster und Schablonen, in
die sich Brillanten und Farb-
edelsteine in vielen Schattierun-
gen einpassen lassen, faszinie-
ren mich“, so der Goldschmie-
demeister. Er räumt ein, dass es
anfangs nicht einfach war, das
Vertrauen der Kunden zu ge-
winnen. Hier zahlt sich solide
handwerkliche Kunstfertigkeit
aus.
UniformiertenSchmuckwerden
die Kunden bei dem Gold-
schmiedemeister nicht finden.
70 Prozent der Schmuckstücke
werden exklusiv angefertigt.
Inzwischen bildet Julian Tala-
vera seinen ersten Lehrling aus.
Realschüler schnuppern wäh-
rend eines Praktikums „Gold-
schmiedeluft“. DerArbeitsplatz
in seinerLadenwerkstatt istmitt-
lerweile zu klein geworden. Der
junge Meister hat investiert.
Nach seinem Entwurf fertigte
ein Schreiner einen speziellen
Arbeitstisch an dem vier Perso-
nen gleichzeitig ihrem Hand-
werk nachgehen können.
Mit Yvonne Klimach bildet
Julian Talavera den ersten
Lehrling aus.
Er feiert in diesem Jahr
seinen 50. Geburtstag:
Elektroinstallateur-
meister Otto Deutsch
aus Offstein. Der ge-
bürtige Ungar gehört
zu den ältesten Jung-
meistern. „Ich wollte
schon viel früherMeister sein,
aber private Gründe ließen es
lange nicht zu.“ Da waren die
Kinder und das Haus. Mit zu-
nehmendem Alter fiel es ihm
immer schwerer, nochmals die
Schulbank zu drücken. Dass
er es dann doch tat, begründet
er mit seinem Wunsch nach
Unabhängigkeit: „Ich wollte
Handwerk special Nr. 47
am 28. November 1995
berichtete über die Exis-
tengründerprämie.
Offenes Ohr für Kundenwünsche und Anforderungen
des Marktes: Hörgeräteakustikerin Kerstin Ritter.
mein eigener Chef sein
und habe mich 1995
mit einem Partner mit
Meisterbrief selbstän-
dig gemacht. Es lief
dann doch nicht so gut,
und in ein Angestell-
tenverhältniswollte ich
nicht zurück.“ Obwohl er sich
manchmal als „Opa“ gefühlt
und die Auffassungsgabe der
„jungen Burschen“ besonders
im elektronischen Bereich be-
wunderte, bereut er seine Ent-
scheidung nicht. Mit zwei An-
gestellten hat er sich auf Kran-
reparaturen spezialisiert. Sei-
ne Frau managt das Büro.
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