Handwerk Special Nr. 72 vom 3. Januar 2000 - 100 Jahre Handwerkskammer Koblenz - page 44

Eine Schneise wird geschla-
gen, ein Fluss zugebaggert,
Kanalgräben werden geschau-
felt, Tonrohre gelegt, das Erd-
reich von Hand verstampft. Es
vergehenmehrereTage.Sowar
es früher. Straßenbaumeister
Paul Sauer, Geschäftsführer
derStraßenbaufirmaWilliSau-
er, bestätigt das. Gefragt nach
Straßenbau „Gestern“ hat er
das Bild eines ehemaligen Ar-
beiters vor Augen, der in den
fünfziger Jahren mit Hacke,
Schaufel und einem Wasser-
fass von Arenberg über die
Niederberger Kniebreche zu
Fuß zu einer Baustelle nach
Koblenz eilt. Am Abend fuhr
er auf der Pritsche eines LKWs
wieder nach Arenberg zurück.
„Das Bild war typisch für eine
Zeit, in der aufgrund geringer
Löhne viel ungelernte Hilfs-
kräfte imStraßen- und Tiefbau
beschäftigt wurden“, erklärt
Sauer. Seit 1982 leitet er ge-
meinsammit seiner Schwester
ElisabethSauer-Kirchlinneden
1953 von ihrem Vater Willi
Sauer gegründeten Betrieb.
Das Unternehmen hat 52 Mit-
arbeiter und bildet zur Zeit drei
Lehrlinge aus. 1998 wurde der
Betrieb von Manfred Kock,
PräsensderEvangelischenKir-
che im Rheinland mit dem
Arbeitsplatzsiegel ARBEIT
PLUSfürvorbildlichesarbeits-
marktpolitisches Engagement
ausgezeichnet.
Erde wird weggesaugt
„Das Aufgabengebiet in unse-
rem Handwerk hat sich nicht
grundlegend geändert“. Auch
heute werden Kanalgräben ge-
zogen Straßen gebaut, Strom-,
Gas- undWasserleitungen ver-
legt. Verändert haben sich
Technik und Materialien“, so
Sauer. Straßenfertiger, Pflaster-
verlegemaschinen,Asphalt- und
Betonfräsen,Grabenfräsenkom-
men zum Einsatz.
Der Maschinenpark der 1956
von Straßenbaumeister Horst
Schulz gegründeten Firma in
Koblenz Rübenach ist beträcht-
lich gewachsen. 1959 wurde der
erste LKW gekauft. Heute ste-
hen den 110 Beschäftigten, dar-
unter 7 Lehrlinge, 40 Fahrzeu-
ge, 10 Bagger, Walzen und Bau-
kräne zur Verfügung. Highlight
ist ein Saugbagger. „Seine Ein-
satzmöglichkeiten reichen vom
Bodenaushub zwischen und un-
ter Ver- und Entsorgungsleitun-
gen über das Absaugen von
Sand, Schlamm, Wasser bei
Rohrbrüchen bis zurGrabenher-
stellung auch im Wurzelbe-
reich“, erklärt Dipl.-Ingenieur
Thomas Schulz.
Seit 1977 ist er im väterlichen
Betrieb, elf Jahre später trat
Wolfgang Schulz in den Betrieb
ein. Die Brüder sind geschäfts-
führende Gesellschafter und
technische Leiter der Bereiche
TiefbauundHochbau. ZumAuf-
gabengebiet der Firma gehören
nebenderErschließungvonBau-
gebieten, Arbeiten für die
Versorgungsunternemen (Gas,
Wasser, Strom die Auswechs-
lung von Abwasserkanälen so-
wie der Straßenausbau.
Der Einsatz der Geräte reduziert
denPersonaleinsatz.„1960stand
das Verhältnis Facharbeiter/
Maschinisten/angelernte Arbei-
ter zu ungelernten Hilfskräften
noch 1:3, heute hat sich dieses
Verhältnis umgekehrt. Die fach-
lichen Anforderungen sind ge-
stiegen. Eine solide Ausbildung
ist Voraussetzung für eine Tä-
tigkeit im Tief- und Strassen-
bau“, unterstreicht Paul Sauer,
Lehrlingswart und Vorsitzender
des Prüfungsausschusses.
ThomasSchulz,weistdaraufhin,
dass sich selbstverständlichauch
die Stundenlöhne für Pflasterer
verändert haben. „Lag der Lohn
im April 1956 noch bei 2,29
Mark, erhält der Facharbeiter
heute ca. 26Mark in der Stunde.
Auf die Umwelt bauen
DemUmweltschutzverdanktder
TiefbauneueAufgabenbereiche.
Dazu zählen die Sanierung von
Deponien oder vergifteter Bö-
den, hochwasserfährdete An-
wohner wissen den Bau von Ri-
golen oder Versickerungsanla-
gen zu schätzen. Dabei werden
ausschließlich umweltverträgli-
che Materialien verwendet. An-
stelle ölhaltigen Teeres im Stra-
ßenbau tritt Asphalt. Durch den
EinbauvonRecyclingbaustoffen
wird Abfall vermieden. „Wur-
den früher Berge von Schutt an-
gehäuft, so wird der heute bei
der Herstellung von Asphalt
wiederverwertet oder als Re-
cyclingsand eingebaut“.
Tradition bewahren
DieStandardisierungvonBau-
elementen ist im Straßenbau
eingezogen.VorgefertigteMau-
erscheiben stützen Böschun-
gen, Fertigteilschächte finden
im Kanalbau Anwendung.
Verbundpflaster prägt jedes
Dorf- und Stadtbild. „Diese
Entwicklung hat leider dazu
geführt, dass die traditionelle
Natursteinpflasterei nur noch
selten angewendet wird. Die
Bewahrung dieser jahrhunder-
tealten, handwerklichen Tra-
dition ist eine wichtige Aufga-
be der Ausbildung“, so Sauer.
Paul Sauer und Schwester Elisabeth Sauer-Kirchlinne bei der tägli-
chen Lagebesprechung über den Stand auf den Baustellen und die
Koordination aller Einsätze.
Dass, was auf den Baustellen für
den Laien wie ein Konglomerat
aus Erde, Technik und Menschen
wirkt, planen sie im Detail:
Wolfgang und Thomas Schulz.
Der nächste Meistervor-
bereitungs im Straßenbau-
erhandwerk beginnt am 2.
September 2000 in Koblenz
(Teilzeit).
Infos und Anmeldung bei
der HwK-Meisterakademie,
Tel.: 0261/398-400, Fax: -
Vor sechs Jahren
wurde Karl-Heinz
Scherhag zum Kam-
merpräsidenten ge-
wählt, jetzt wählen ihn
die Bürger des Wahl-
kreises 148 (Koblenz)
in den Bundestag.
Hier will sich Scher-
hag politisch noch
effektiver für Mittel-
stand und Handwerk
einsetzen.
1994 – Kammerpräsident wird Bundestagsabgeordneter
1...,34,35,36,37,38,39,40,41,42,43 45,46,47,48,49,50
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