Handwerk Special Nr. 68 vom 5. Mai 1999 - page 15

ImGespräch:
Der Messestandort Koblenz hat durch die Handwerksmesse überregionale Bedeutung.
Die MESSE AM RHEIN hat
immer wieder ihr Gesicht ver-
ändert - sie ist erfolgreich und
groß geworden. Auch Karl-
Heinz Scherhag ist mit dieser
Entwicklung hochzufrieden.
Der Bundestagsabgeordnete
sieht noch Erweiterungspoten-
tiale. HANDWERK SPECIAL
sprach mit dem Präsidenten
der HwK Koblenz.
Seit ihrem Start 1987 ist die
MESSE AM RHEIN immer
größer und vielfältiger gewor-
den, Wird mit der siebten Auf-
lage der Handwerksmesse
nicht allmählich der Zenit er-
reicht?
Scherhag
: Ganz im Gegenteil.
Unser Messekonzept hat sich
bundesweit herumgesprochen.
Das Interesse der Aussteller war
so groß, daß wir sie wieder nicht
alle unterbringen konnten.
Was ist das Besondere am Ko-
blenzer Konzept?
Scherhag
: Ich glaube, daß wir
eine echte Marktlücke erschlos-
senhaben.DenndieHandwerks-
messe ist eben mehr als eine
Fachveranstaltung.Durchihrab-
wechslungsreichesRahmenpro-
gramm und ihre vielfältige Ak-
zentuierung spricht sie nicht nur
Geschäftskunden an, sondern
gerade auch Gäste aus dem
Privatbereich. Aussteller haben
den Vorteil, daß sie gleich zwei
Zielgruppenansprechenkönnen.
Nicht umsonst kommen viele
Aussteller jedes Mal wieder.
Wie haben sich die Messe-
schwerpunkte entwickelt?
Scherhag
: Die Bereiche Bau-
und Ausbau sind bislang jedes
Mal ausgeweitet worden. Hier
ist das Handwerk traditionell
stark vertreten, hier kann man
mit dem Einsatz ‘Lebender
Werkstätten’ vielerreichen.Dar-
über hinaus kommen auch alter-
native Baustoffe und alte Tech-
niken inderDenkmalpflege zum
Zuge. Auf Expansionskurs ist
ebenfalls der Fachmarkt ‘Ener-
gie+Umwelt’.Geradeangesichts
der Ökosteuer setzenGeschäfts-
und Privatkunden verstärkt auf
energiesparende Heiz- und
Stromversorgungsmöglichkei-
ten. Die enorme Nachfrage in
diesen Bereichen zeigt uns, daß
wir die Handwerksmesse in Zu-
kunft ausweiten könnten. Seit
Jahren fordernwir einneues grö-
ßeres Messegelände, getan hat
sich jedoch nichts. Koblenz und
die Region laufen Gefahr, eine
Zukunftschance zu verschlafen!
Wer das Leitbild der Stadt be-
trachtet, gewinnt den Ein-
druck, daß Koblenz wenig
Wert auf den Ausbau des Mes-
segeländes legt?
Scherhag
: Das ist eben so. Es ist
doch fatal, sich einfach auf den
Ausbau einer Kongreßstadt zu
beschränken, zumal dieKonzep-
te nicht stimmen. Der seit lan-
gem diskutierte Um- und Aus-
bau der Rhein-Mosel-Halle
bringt wenig! Am derzeitigen
Standort desCongreß-Centrums
fehlen Parkplätze und Erweite-
rungsmöglichkeiten. In anderen
Oberzentren wie Trier hat man
nicht so halbherzig ent-
schieden. Ich denke,
daß nur die Koppelung
von Messe- und Kon-
greßangebotenZukunft
hat. Und dazu braucht
man Bewegungsraum.
Koblenz ist von den
großen Messestand-
orten Köln, Düssel-
dorf und Frankfurt
‘eingekreist’. Warum
sind Sie trotzdem opti-
mistisch?
Scherhag
: Natürlich
kann und soll ein er-
weiterter Messestand-
ort Koblenz nicht mit
den Großen konkurrie-
ren. Er muß eine Lücke
Scherhag
: Das ist realitätsfern.
Die MESSE AM RHEIN zeigt
doch,daßSteigerungendrinsind.
Erst 1997 hatten wir unseren
Rekord mit 70.000 Besuchern.
Daß es nicht noch mehr wurden,
liegt einfach an den begrenzten
Kapazitäten des derzeitigen
Standortes. Unsere Warteliste
wird jährlich länger. Auf Dauer
ist es wenig werbewirksam,
wenn wir potentielle Aussteller
abweisen müssen, weil alle Flä-
chen ausgebucht sind. Wir brau-
chen Platz, um unser Potential
voll auszuschöpfen.
Skeptiker sind der Ansicht, daß
ein neues Messegelände mit fe-
sten Hallen bis zu 300 Millio-
nen Mark kosten würde. Das
ist doch ein Investitionsbedaf,
der nicht zu realisieren ist?
Scherhag
: Mir liegen da weit
niedrigere Zahlen vor. Realisti-
sche Berechnungen gehen von
mehrerenSchritten aus.Wer for-
dert denn, daß der neue Messe-
standort auf einen Schlag reali-
arbeiten schon lange eng mit der
FH zusammen.
Trotzdem kann die Hand-
werksmesse doch nicht der al-
leinige Impulsgeber für die Er-
weiterung sein?
Scherhag
:Handwerk,Gewerbe,
Industrie, Verbände und die
Kommunen der Region müssen
an einemStrang ziehen. Einneu-
es Messegelände lohnt sich nur,
wenn es auch wirklich ausgela-
stet ist. Neben der MESSE AM
RHEINundderWirtschafts-und
Verbraucherausstellung, diesich
turnusmäßig abwechseln, müs-
sen andere Veranstaltungen her.
Ich denke da auch an Fachmes-
sen. In diesemPunkt könnenwir
viel von der Köln Messe lernen.
DieDomstadtmacht es uns doch
in jedem Jahr vor, wie man den
Messekalender voll bekommt.
Koblenz ist doch nicht Köln!
Scherhag
: Das ist doch kein
Argument. Schauen wir einmal
schließen. Regionalität hat Zu-
kunft! Denn auch die heimische
Wirtschaft steht unter Zug-
zwang. Sie ist demeuropäischen
Wettbewerb ausgesetzt undmuß
deshalb für ihre Leistungsstärke
werben. Das heißt im Klartext:
Ständige Präsenz bei potentiel-
len Kunden ist gefragt!
In der Vergangenheit geisterte
immer wieder die Meldung
durch die Medien, daß die Ko-
blenzer messemüde seien.
Demnach scheint überhaupt
kein Bedarf am Ausbau des
Koblenzer Standortes zu sein?
siert werden muß? Selbstver-
ständlich muß ein Ausbau in
mehreren Stufen erfolgen. Zu-
nächst könnten die vorgesehe-
nen Flächen im Bubenheimer
Feld erschlossen werden, die
genug räumliche Potentiale bie-
ten. Nicht nur aus Kostengrün-
den sollte man die Fachhoch-
schule Koblenz in die weiteren
Planungen einbeziehen. Studen-
ten haben dort mehrere geeigne-
te Konzepte aufgestellt, die ei-
nen Ausbau in Stufen zulassen.
Daß diese Ansätze mehr als hei-
ße Luft sind, weiß man bei der
HwK Koblenz seit Jahren. Wir
auf die geographische Lage der
StadtundihrennäherenEinzugs-
bereich von 700.000 Menschen.
Da liegen immense Potentiale
brach. Um diese zu erschließen
und auszubauen, bedarf es na-
türlich Persönlichkeiten mit Vi-
sionen, die über Stadtgrenzen
und Region hinausblicken.
Wennman direkt nach der Devi-
se‚ das ist alles eine Nummer zu
groß für uns‘ vorgeht, braucht
mansichnicht zuwundern,wenn
sich nichts bewegt. Ich vermisse
bei vielen Verantwortliche die
erforderliche Portion Mut. Wir
sind oft etwas sehr hausbacken!
Ausgewiesene
Fachleute für
Handwerk und
Wirtschafts-
politik: Der
rheinland-pfäl-
zische Minister
für Wirtschaft,
Verkehr, Land-
wirtschaft und
Weinbau,
Bäckermeister
Hans-Artur
Bauckhage (r.),
mit Kfz-Mei-
ster Karl-Heinz
Scherhag, Prä-
sident der HwK
Koblenz und
Bundestagsab-
geordneter.
Die Handwerksmesse findet bei Fachbesuchern und
privater Öffentlichkeit gleichermaßen Resonanz. Die
Kapazitätsgrenze ist am heutigen Standort erreicht.
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