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Handwerk feiert seine Altmeister / Jubilare im Portrait

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Nr. 205

3. Dezember 2016

www.handwerk-special.de

„Arbeite gerne!“

Herbert Jäckel ist ein Mann, der bis heute Freude daran hat,

gebraucht zu werden, helfen zu können und tätig zu sein, und

der darum bis heute, mit seinen 94 Jahren, Tag für Tag in sein

Büro geht.

Herbert Jäckel aus Oberwesel ist 94 Jahre

Meisterjubiläen gefeiert

Ihre Meisterbriefe tragen

denkwürdige Daten:

Vor 50, 60 oder sogar

65 Jahren ausgestellt

und überreicht, feierten

die „Altmeister“ bei der

Handwerkskammer (HwK)

Koblenz jetzt ihre runden

Meistergeburtstage.

316 Meisterjubilare und ihre

Familienangehörigen folgtender

EinladungderHwKund feierten

im Zentrum für Ernährung und

Gesundheit. „Mit der Feier hal-

ten wir die Erinnerung an die

damalige Meisterprüfung und

alles, was mit dem Brief folgte,

lebendig“, betonte Präsident

Kurt Krautscheid, der jedem

einzelnen Jubilar persönlich die

Ehrenmeisterbriefe überreichte.

Mit demMeisterwissenverbinde

sich Erfahrung, Leistungswillen

und er sei der Grundstein für den

beruflichen Lebensweg, stellte

Krautscheid bei seiner Begrü-

ßung die Krone des Handwerks

und ihre Träger in den Mittel-

punkt. Davon profitiere nicht

nur der Meister selbst, sondern

kann „gerade in Zeiten des de-

mografischenWandelsdasdamit

verbundene Hintergrundwissen

länger genutzt und an die Jugend

weitergeben werden.“

Mit Blick auf die Krisen der

Nachkriegszeit und heute stellte

der Kammerpräsident auch he-

raus: „Das Handwerk und seine

Meisterinnen undMeister haben

ProblemealsHerausforderungen

angenommen und gelöst. Das

war in den Jahren des Aufbaus

so und darauf kann man sich

auch heute bei der Integration

von Flüchtlingen in unsere Ge-

sellschaft verlassen.“

Aus den Reihen der Altmeister

sprachen Zahntechnikermeister

JostKimmel undSteinmetz- und

Steinbildhauermeister Dieter

Arenz Worte der Erinnerung

und des Dankes an die ausricht-

ende Handwerkskammer. Auch

wenn sich Vieles im Laufe der

Jahrzehnte verändert habe, halte

das Handwerk seine Werte und

Traditionen hoch. Dazu zähle

auch die Anerkennung der

Lebensleistungen von Hand-

werkern, die vor einem halben

Jahrhundert und sogar davor,

Zeit und Anstrengungen in die

Meisterprüfung investiert haben,

die oft auch mit Entbehrungen

verbunden waren. Für das hohe

Ansehen dieser persönlichen

316 Auszeichnungen: Altmeisterfeier bei der HwK Koblenz

undberuflichenLeistung spricht

auch die persönlicheVerleihung

der Goldenen, Diamantenen

und Eisernen Meisterbriefe

(Platin-Meisterbriefe für 75

Jahre Meisterprüfung konnten

in diesem Jahr nicht verliehen

werden) durchKurtKrautscheid,

der jeden einzelnen Jubilar an

seinemPlatz aufsuchte und auch

persönliche Worte fand: „Es ist

einfach schön zu hören, was die

Jubilare berichtenundwas ihnen

auch amTag der Feier durch den

Kopf geht. Die Altmeisterfeier

genießt einen hohen persön-

lichen, aber auch öffentlichen

Stellenwert!“

Im Verlauf der Feier wurden

auch zwei Auszeichnungen

nachgeholt, die traditionell im

Rahmen des Neujahresemp-

fanges durchgeführt werden:

Maschinenbaumechanikermei-

ster Gottfried Ehlen aus Kail

(LandkreisCochem-Zell) erhielt

die Goldene Ehrennadel, Stra-

ßenbauermeister Paul Sauer aus

KoblenzdieGoldeneEhrennadel

mit Brillant derHandwerkskam-

mer Koblenz für langjähriges,

außergewöhnliches ehrenamt-

lichesEngagement. Beidewaren

zurVerleihung amJahresanfang

verhindert und konnten nun in

würdigem Rahmen ihre Aus-

zeichnungen entgegen nehmen.

Für gute Unterhaltung, einige

nachdenklicheAugenblicke und

auch kulturelle Bereicherung

sorgten die Gesangseinlagen

des Handwerker-Chores aus

Birkenfeld und die Band Pulsar

Tales sowie einKurzfilm, indem

drei ausgezeichnete Altmeister

vorgestellt wurden.

Volles Haus bei der HwK zur Altmeisterfeier, die auf-

grund hoher Anmeldezahlen an zwei Tagen stattfand.

Der Handwerker-Chor aus Birkenfeld sorgt traditionell

für das musikalische Begleitprogramm.

Sichtlich stolz auf den Jubilar: Drei Generationen Lau-

terbach um Maurermeister Friedel Lauterbach (2.v.r.).

Der Architekt, Maurer- und

Zimmerermeister ausOberwesel

kann viel erzählen. Man spürt,

derGrandSenior desHandwerks

ist ein glücklicherMensch. Er ist

zufrieden, wie er lebt und mit

dem, was er tut.

Im Porträt über Herbert Jäckel

geht es nicht um eine doku-

mentarische Nacherzählung

seines Lebens. Denn würde man

alleAktivitäten des Handwerks-

meisters in seinem Berufsfeld,

in der Kommunalpolitik, im

Ehrenamt und beim Sport anei-

nander reihen, brauchte es mehr

als 100 Jahre. Wichtig ist es,

vielmehr ihn stellvertretend für

316 Handwerksmeister, die von

der Handwerkskammer (HwK)

Koblenz für 50, 60 oder sogar

65 Jahre Meisterschaft mit dem

Meisterjubilar Herbert Jäckel (rechts) wird durch

HwK-Präsident Kurt Krautscheid ausgezeichnet.

Goldenen, Diamantenen und

Eisernen Meisterbrief geehrt

wurden, vorzustellen.

Wer die beiden Arbeitsräume

des „eisernen Handwerksmei-

sters“ betritt, weiß nicht, wohin

er zuerst schauen soll. Auf den

riesigen Schreibtisch mit zahl-

reichen Dokumentationen und

Plänen, aufRedemanuskripte für

Vorträge zu verschiedenen The-

men, auf handkolorierte Drucke

undZeichnungenoder die vielen

selbstgemalten Bilder an den

Wänden? „Eigentlich kommt

hier Keiner rein. Selbst meine

Frau hat ein Verbot. Sie würde

mir mein e Ordnung nur durch-

einander wirbeln“, sagt er. Er

betont auch: „Irgendwann sollte

ich einmal ans Archivieren den-

ken.Aber dafür ist nochZeit,was

soll ichdennohneArbeit?Schon

mein Großvater hat gesagt, ein

Jäckel stirbt in den Sielen. Das

ist auch mein Wunsch.“ Und

da ist es wieder, dieses beinah

jungenhaftes Lächeln, dieser

Schalk in den Augen.

Herzensangelegenheit

Denkmalschutz

Immer wieder zeigt Jäckel

einen Bauplan mit den dazu

akribisch aufgeschriebenen

Arbeitsanleitungen. Am Reiß-

brett hängt sein neustes Projekt,

Neufriedstein, ein denkmalge-

schützter Weinberg mit Herren-

haus im sächsischen Radebeul.

Das dort befindliche „Mätressen

Schlösschen“ aus der Zeit von

August des Starken bekommt

einen Anbau im barocken Stil.

Geschichte durch den Erhalt

von Baudenkmälern lebendig

zumachen, ist seine Sache. Dass

heute die auf das Mittelalter

zurückgehendeStadtbefestigung

inseinerHeimatstadt eineder be-

sterhaltenen am Mittelrhein ist,

ist maßgeblich dem Bauverein

Historisches Oberwesel zu ver-

danken, in dem sich Jäckel über

20 Jahre, neun als Vorsitzender,

engagiert hat. Für seine hervor-

ragenden Verdienste um den

Denkmalschutz wurde er 2011

mit dem Verdienstorden des

Landes Rheinland-Pfalz geehrt.

Von Kindesalter war er vertraut

mit harter Arbeit im elterlichen

Baubetrieb mit Landwirtschaft.

„Wir habenStraßengebaut,Holz

geschlagen und im Steinbruch

gearbeitet.“

Fortsetzung auf Seite 10

Foto: P!ELmedia

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