Bäckerhandwerk verbindet kreative Ideen und Tradition
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Nr. 205
3. Dezember 2016
www.handwerk-special.deHier ist was gebacken!
Alle drei haben das Bä-
ckerhandwerk erlernt und
absolvieren momentan
die Meisterprüfung bei
der Handwerkskammer
(HwK) Koblenz – das war
es dann aber auch schon
mit den Gemeinsam-
keiten, die Mariana Duar-
te, Pascal Winkens und
Philipp Just zur HwK-Mei-
sterprüfung mitgebracht
haben.
Es sind drei Biografien, wie sie
unterschiedlicher wohl kaum
sein können: Mariana Duarte,
40 Jahre, ist gebürtige Argen-
tinierin. Vor sieben Jahren zog
sie nach Koblenz um, erlernte
die deutsche Sprache wie auch
das Bäckerhandwerk (in der
Bäckerei Höfer). Nun stellt sie
sich der Meisterprüfung und hat
drei Tage gebacken, dekoriert,
garniert, von Brot bis Teilchen
einumfangreiches Prüfungspro-
grammabsolviert.DerZweite im
BundederDrei, diealserstesTrio
von sechs Prüfungsteilnehmern
antreten: Pascal Winkens. Der
21-Jährige hat sich „heimlich“
auf dieMeisterprüfungvorberei-
tet. Parallel zur täglichen Arbeit
(in den Eifeler Backstuben) hat
Pascal abends die Meisterschul-
bank bei der HwK gedrückt und
das umfangreichepraktischewie
auch theoretische Fachwissen
gebüffelt. Nun ist er mit seinen
jungen Jahren bereits auf der
Auf Meisterkurs: Drei ungewöhnliche Lebenswege, ein Ziel
Mit Herz & Hand
Klein, aber fein, das trifft
auf die Bäckerei Etscheid
in Remagen-Kripp zu.
Der Hinweis am Eingang
„Hier kommt die Ware
nicht vom Band, hier
schafft man noch mit Herz
und Hand“, ist für Bäcker-
und Konditormeister Rolf
Etscheid, Ehefrau Gabri-
ele und Sohn Thomas
Konzept.
Bereits sehr früh am Morgen
sind die Handwerksmeister
in der Backstube in ihrem
Element. Dann werden die
unterschiedlichsten Brot- und
Brötchensorten mit selbst ge-
führtem Dreistufen-Natursau-
erteig gefertigt. Alles kommt
aus eigener Herstellung „Jedes
Brot und alle Brötchen sind von
Handgeformt undkomplett ohne
Zusatzstoffe hergestellt. Fertig-
backmischungen kommen bei
uns nicht auf denTisch“, betonen
beide. Darauf sind sie stolz und
sicher, dass ihre Kunden dies
honorieren. „Wir verkaufen nur,
was uns auch selbst gutmundet.“
Das gilt auch für die Etscheider
Weckmänner. 550 Stück hat
der Kripper Junggesellenverein
für den Martinsumzug bestellt.
Vater und Sohn müssen sich
sputen, denn alle werden frisch
abgebacken und zusätzlich zum
Sortiment hergestellt. In der
Weihnachtsbäckerei gibt es auch
Stollen, Berliner Brot, Spritzge-
bäck und Spekulatius. „Der ist
Klein, aber fein: Bäckerei Etscheid
herrscht eine beinahe familiäre
Atmosphäre. Nicht wenige
bestellen ihre Backwaren vor.
Die schmackhaften Köstlich-
keiten gehen schnell über die
Ladentheke.
„Wir haben überwiegend
Stammkunden, die uns dieTreue
halten“, sagt dieChefin. Unddas
über Generationen, schließlich
wurde die Bäckerei bereits 1925
vom Großvater des heutigen In-
habers, Adam Bachem, gegrün-
det. Er hat dasGeschäft an seinen
Schwiegersohn, Josef Etscheid,
und dieser an seine Söhne wei-
tergegeben. Nach dem tödlichen
Unfall seines Bruders hat Rolf
Etscheid allein weitergemacht.
„Ich habe immer nur gebacken
und so sollte es bleiben.“
Anders als der Vater hat Tho-
mas Etscheid erst eine Lehre
als Fliesenleger absolviert. Erst
später hat der heute 34-Jährige
seine „Backgene“ entdeckt
und 2013 die Meisterprüfung
abgelegt. Jetzt steht er als vierte
Generation in der Backstube in
Remagen-Kripp. Er wird die
ihm vermittelten Werte wie
Aufrichtigkeit, Geradlinigkeit
und Fairness weiter verfolgen.
„Darauf basiert der Erfolg
unseres kleinen Familienbe-
triebs. Qualität und ein gutes
Preis-Leistungsverhältnis setzen
sich durch. Der Ehrliche ist nicht
der Dumme. Er ist der Meister!“
schnell ausverkauft, weil es
besonders dünn und knusprig
ist“, so Gabriele Etscheid.
Die 63-Jährige ist die Seele
des Geschäfts. Für jeden,
der das kleine Laden-
lokal betritt, hat sie
ein nettes Wort.
Die meisten ihrer
Kunden kennt
sie mit Na-
men, und es
Bäckerei Etscheid, Remagen
Gegr. 1925 | 3 Mitarbeiter | Backwaren aus eigener Herstellung ohne Zu-
satzstoffe | Tel. 02642/ 445 96 |
gabriele-etscheid@web.deRolf Et-
scheid
(v.l.) mit
Ehefrau
Gabri-
ele und
Sohn
Thomas.
Zielgeraden der Meisterprüfung
– sehr geradlinig eingebogen
und auf dem kürzesten Weg
absolviert!
Und schließlich Philipp Just: 40
Jahre, gelernter Heizungsbauer,
anschließend Werkstofftechnik
Keramik und Lehramt für Re-
alschule in den Fächern Physik
undChemie studiert, danachmit
36 Jahren die Bäckerausbildung
absolviert. „Es war eigentlich
immer mein Traum, einmal
Bäcker zu sein. Zugegebener-
maßen – einige Umwege liegen
zwischen diesemTraumund der
heutigen Wirklichkeit, aber ich
bin glücklich über die Entschei-
dung.“ Philipp Just erklärt auch,
„dass die drei Tage Meisterprü-
fungmit einerAbschlussprüfung
imStudiumnicht zu vergleichen
sind. Die Meisterprüfung hat
mich mehr gefordert als alles,
was ich bis dahin erlebt habe.“
Nun haben die drei ihre Prü-
fungstische aufgebaut, die unter
dem Thema „maritimes Back-
werk“ stehen. Krabben und
Muscheln in der Dekoration wie
auch in einigenBackwerken ste-
hen für diese Prüfungsvorgabe,
doch auch „normale“ Brote und
Snacks sind entstanden. Mit viel
Liebe zum Detail haben die drei
ersten Prüflinge ihre Meister-
werke aufgebaut. Es folgt das
FachgesprächamPrüfungstisch.
Alles lässt sich schließlich in
Punkten ausdrücken. 100 sind
das Maximum. Doch die zu er-
reichen, ist fast unmöglich. Ein
Durchschnitt vonmindestens 50
muss für das Bestehen des fach-
praktischen Teils der Meister-
prüfung erreicht werden … und
das haben Mariana, Pascal und
Philippgeschafft!Diesewichtige
Hürde liegt hinter ihnen und es
kannweitergearbeitetwerden an
der Biografiemit Meistertitel…
Weitere Infos zur Meistervor-
bereitung bei der HwK:
Tel. 0261-398-315,
meister@hwk-koblenz.dePhilipp Just (v.l.), Mariana Duarte und Pascal Winkens.
Arbeiten der
Meisterprüfung.