Handwerk Special Nr. 183 vom 04.10.2014 - page 9

Sich mit dem Handwerk weiterentwickeln
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Nr. 183
4. Oktober 2014
Student Pascal Kadane bereitet bei der HwK Bachelorarbeit vor
Pascal Kadane steht vor
dem Abschluss seines
Studiums an der Hoch-
schule (HS) Koblenz.
Der Bachelor of Engi-
neering in Elektrotechnik
bereitet sich während
einer Praxisphase bei
der Handwerkskammer
(HwK) Koblenz auf seine
Abschlussarbeit vor.
Der persönliche undberufliche
Werdegang des 38-Jährigen
ist mit Steinen gepflastert.
Geboren in Togo am Golf von
Guinea, kamer vor zehn Jahren
zum Studium nach Deutsch-
land. Bereits in dem westaf-
rikanischen Land hat er ein
Studium begonnen, sich dann
aber umorientiert. Mit einer
ausländischen Hochschulreife
kann man an einer deutschen
Hochschule studieren, wenn
der ausländische Bildungs-
nachweis in Deutschland als
Hochschulzugangsberechti-
gung anerkannt wird. Im Fall
von Pascal war dies nicht
der Fall. Er absolvierte zwei
Sprachkurse und machte das
deutsche Abitur. Danach gab
es immer wieder Probleme mit
Zugangsberechtigungen. Sein
Geld verdiente er als Aushilfe
imAltenheim,woerauchheute
noch aktiv ist. „Die Senioren
geben mir viel menschliche
Wärme und Kraft“, sagt er.
2010 klappte esmit demStudi-
enplatz an der FH in Koblenz.
FürdieerforderlichePraxisphase
empfahl ihm sein Professor die
HwK Koblenz. „Hier muss ich
mich täglich neuen Herausfor-
derungen in unterschiedlichen
Bereichen stellen und kann
Erfahrungen vom Schweißen
bis zum Programmieren sam-
meln.“ Die Steuerungstechnik
einer Kunststoffprüfanlage zu
programmieren ist Thema sei-
ner Bachelorarbeit. Dazu muss
Pascal Kadane ein funktionie-
rendes Computerprogramm
schreiben. „Ich freue mich auf
die Arbeit, weiß aber auch,
dass es eine anstrengende Zeit
wird.“ Wenn Pascal sein Ziel
erreicht hat, möchte er gern im
Programmierbereicharbeiten. In
Togo war er seit seiner Ausreise
erst zweimal. „DieMeinung in
derHeimat ist geteilt und reicht
von ,kommzurück’ bis zurAk-
zeptanz meiner Entscheidung,
in Deutschland zu bleiben.“
Dass Studenten für ihre Ab-
schlussarbeiten bei der HwK
Koblenzrecherchierenistkeine
Seltenheit. So hat Diplom-In-
genieur Maschinenbau und
Schweißfachingenieur Dennis
Weiler, heute Mitarbeiter der
HwK, seine Diplomarbeit
zum Schweißen von Hoch-
leistungskunststoffen bei der
Handwerkskammer geschrie-
ben. Angefangen hatte die
Zusammenarbeit mit dem
Handwerk bereits 2009 mit
einer Studienarbeit.
Michèle Weiten Design, Kaisersesch
Gegr. 2005 | 5 Mitarbeiter | Braut- und Festtagsmode, eigene Kollektionen
Tel. 02653/ 915707 |
Schultüte für die Mama
„Mein Herz schlug bis
zum Hals und ich war
wahnsinnig aufgeregt und
nervös. Das hat sich aber
schnell gegeben, weil die
Mädchen mich ganz nett
aufgenommen haben“,
beschreibt Rebecca Lang
aus Brohl ihren ersten
Tag in der Berufsschu-
le. Rebecca Lang ist 48
Jahre und hat gerade
eine Ausbildung zur Maß-
schneiderin begonnen.
„Ich habe schon immer gern
genäht, beruflich mich aber für
eine andere Richtung entschie-
den. Dann hatte die Familie
Priorität“,erzähltdieTechnische
Zeichnerin und Mutter von
zwei inzwischen erwachsenen
Kindern. Ihr Entschluss, sich
noch einmal neu zu orientieren
und eine Handwerkslehre zu
beginnen, wurde in der Fami-
lie begrüßt. „Die Ausbildung
erschien mir der richtige Weg,
um meine autodidaktischen
Nähkenntnisse handwerklich
fundiert zu untermauern und
später inmeinemTraumberuf zu
arbeiten. Meine Tochter hat mir
zum Lehrbeginn eine Schultüte
geschenkt“, lacht sie.
Ihre Initiativbewerbung bei
Michèle Weiten Design in
Kaisersesch hatte Erfolg. „Ich
habe eigentlich per Anzeige
eine Maßschneiderin gesucht.
Bewerbungenblieben leider aus.
SowuchsmeinEntschluss,selbst
eine Fachkraft auszubilden. Bei
Frau Lang hatte ich von Beginn
an ein gutes Gefühl. Sie bringt
Lebenserfahrung mit und passt
in unser Team“, so Michèle
Willems, die ihr Unternehmen
unter ihrem Mädchennamen
Weiten weiter führt. Auch
Rebecca Lang fühlt sich an der
richtigen Adresse angekommen
Die junge Diplom-Ingenieurin
fürBekleidungstechnikMichèle
Willems ist prädestiniert im
Gestalten von Stoffen und Ma-
terialien.Das Spielenmit Farben
undFormen,Neueszuentwerfen
und zu schaffen, ist die Welt der
35-jährigen Fachfrau in Sachen
Mode. „Schon als Kind habe
ich liebend gern meine Puppen
eingekleidet und meiner Mutter
einAbendkleidauseinemBettla-
Rebecca Lang: Neustart mit einer Lehre als Maßschneiderin
Pascal Kadane nutzt das Know-How der Handwerks-
kammer, um hier praktische Erfahrungen im Rahmen
seines Studiums zu sammeln.
ken genäht.“ Seit 2005 hat sie in
Kaisersesch ein eigenes Atelier
mit angeschlossener Boutique.
Seit zehn Jahren hat sie ihr ei-
genes Label.
„DerAnfangwar nicht einfach“,
bekenntMichèle.Obwohlsiemit
ihrenKreationenWettbewerbein
Moskau,Mailand, Shanghai und
London gewonnen hat, musste
sie sich erst einen Namen in der
Szene machen. „Man wird von
Experten beobachtet und die
Entwicklung verfolgt, nach dem
Motto: interessante Arbeiten,
aber schaun wir mal.“ Ihren
Bekanntheitsgrad steigerten
mehrereAuftritte imZDF-Fern-
sehgarten und ihre Präsenz auf
Messen und bei Modenschauen.
Inzwischen hat sich die Desi-
gnerin einen Namen gemacht.
Sie entwirft zweimal im Jahr
eine Kollektion und verkauft
sie in ihrer Web Galerie oder
der Boutique.
Einkleiden statt
verkleiden
Vom Brautkleid bis zur pret-
a- porter- Kollektion – Michèle
Willems macht Modeträume
wahr.InihremShowroomfinden
sich Modelle aus Seide, Spitze,
Satin oder Leder. Es hat einen
Hauch von Glamour und Luxus,
aber auch von zeitloser Eleganz.
Für die Designerin gilt: „Perfekt
ist, was gefällt. Das Schönste
an der Mode ist immer noch die
Frau, die sie trägt.“Wichtig ist es
ihr deshalb, dieKundinnicht „zu
verkleiden, sondern einzuklei-
den“. „Ich kreiere Modelle, die
die Individualität der Trägerin
unterstreichen, vorherrschenden
Trends aber nicht bedingungslos
folgen“, betont sie.
Michèle Willems ist in die
HandwerksrollederHandwerks-
kammer Koblenz für das Maß-
schneiderhandwerkeingetragen.
Rebecca Lang (links) erlernt im Unternehmen von
Michèle Willems das Schneiderhandwerk.
Michèle Willems ist seit neun Jahren mit ihren Kollekti-
onen erfolgreich und beschäftigt heute fünf Mitarbeiter.
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