Handwerk Special Nr. 162 vom 25. August 2012 - page 15

Gemeinsam etwas erreichen: Betriebe und ihre Mitarbeiter
15
Nr. 162
25. August 2012
Kanzler-Besuch
„Ich habe mich immer sehr wohl gefühlt im Betrieb und nie
daran gedacht, mich selbstständig zu machen. Ich identifi-
ziere mich mit der Firma und stehe hinter ihr“, so Tischler­
meister Herbert Merz. Die Firma, das sind die Noll Werkstätten
in Fachbach an der Lahn. Der 55-jährige Tischlermeister ist
seit 40 Jahren im Betrieb. Beim Firmengründer Walter Noll hat
er gelernt.
„Aufträge gab es glücklicherweise immer genug, auch wenn
sich das Aufgabenspektrum in den Jahren verändert hat“, erzählt
Merz. Er erinnert sich, dass zu seinen ersten Aufträgen als junger
Geselle das Bundeskanzleramt in Bonn zählte. „Unser Firmen-
gelände war damals wesentlich kleiner und wir haben auf dem
Hof bei Wind und Wetter geschafft. Ein Großbrand hat bereits
fertige Teile zerstört, und wir mussten von vorne beginnen. Das
schweißt natürlich auch zusammen.“ Ebenso wie das Lahnhoch-
wasser 1984, das das inzwischen vergrößerte Betriebsgelände
bedrohte. „Das gesamte Untergeschoss stand unter Wasser,
vieles wurde zerstört. Da hieß es, die Ärmel hoch zu krempeln
und Klar Schiff
zu machen“, so
Herbert Merz.
1988 legte er
die Meisterprü-
fung ab und be-
kam direkt eine
Meisterstelle
im Betrieb. „Ich
wollte mich in
jedem Fall zum
Meister qualifi-
zieren. Dass es
dann gleich mit
dem Aufstieg
zum Leiter
des Bank- und
Spritzraumes
geklappt hat,
war Freude, Anerkennung meiner Arbeit und Ansporn zugleich“,
kommentiert er seine berufliche Entwicklung. Objekte wie der
Innenausbau von Schiffen, der Rathäuser in Wiesbaden und Idar-
Oberstein oder der Plenarsaal in Mainz zählen zu den Aufträgen,
an denen er unter anderem mitgewirkt hat.
Geprägt hat den Tischlermeister auch die Zusammenarbeit mit
dem gehörlosen Tischler Andreas Wolf, der seit 25 Jahren im
Betrieb ist. „Er gehörte damals zu den ersten Lehrlingen und ich
verstehe mich bis heute mit den Augen, Lippen und Gesten gut
mit ihm.“ Das „gute Miteinander“ wird in den Noll Werkstätten
gelebt. „Wir haben gemeinsam Gebote des Umgangs entwi-
ckelt“, erklärt Geschäftsführer Jürgen Keiper. Der 38-jährige
Diplom-Ingenieur nennt Werte wie Respekt, Wertschätzung,
Einsicht bei aufgetretenen Fehlern, gegenseitige Unterstützung
und Freundlichkeit. „Unsere 50 Mitarbeiter akzeptieren die Fir-
menphilosophie und verhalten sich dementsprechend“, erklärt
Keiper einen Baustein des Erfolges.
An seinem langjährigen Mitarbeiter schätzt Jürgen Keiper, der
seit 2000 an der Firmenspitze steht, vor allem sein „Know-
how, seine langjährige Erfahrung und Zuverlässigkeit“. Der
Geschäftsführer betont, dass die Noll Werkstätten einen guten
Namen haben. Das sieht er als Ansporn, um erfolgreich am
Markt zu bestehen. Tischlermeister Herbert Merz hat sich diese
Einstellung zu eigen gemacht und in den 40 Jahren seiner Be-
triebszugehörigkeit ausgelebt.
Herbert Merz und sein „Wohlfühlbetrieb“
Handwerk vital & demografiefest
Die Fachkräfte- und Nachwuchssicherung wird für das Hand-
werk in den nächsten Jahren zu einer der wichtigsten Heraus-
forderungen. Wir müssen zusammen mit unseren Mitglieds-
betrieben alle mögliche Ressourcen aktivieren“, so Werner
Wittlich und Alexander Baden, Präsident und Hauptgeschäfts-
führer der Handwerkskammer (HwK) Koblenz.
Dazu gehört für die Kammer-
spitze auch die Ansprache
Älterer. „Wurden ältere Mit-
arbeiter früher oft schon ab
Mitte 50 in Rente geschickt,
so sind sie inzwischen für viele
Unternehmen ein wertvoller
Schatz, der gehegt undgepflegt
wird“, sindWittlichundBaden
überzeugt.
Deshalb gewinnt auch das
Gesundheitsmanagement in
Handwerksbetrieben zuneh-
mend an Bedeutung. Gute
Arbeitsbedingungen fördern
die Gesundheit, Lebensqualität
und Motivation von Arbeitneh-
mern. Andererseits erhöhen sie
die Produktivität, Produkt- und
Dienstleistungsqualität sowie
Innovationsfähigkeit des Un-
ternehmens. Die HwK hat ihr
Beratungsangebot in diesem
Bereichausgebaut.ImRahmen
des Projekts „Handwerk vital
& demografiefest“ berät sie
BetriebezurGesundheitsförde-
rungund initiiertweiterführen-
deHilfen.ZieldesProjektesist,
dass sowohl Betriebe als auch
Arbeitnehmer profitieren.
Infos
zum Projekt „Hand-
werk vital & demografiefest“
bei der HwK Koblenz, Tel.:
0261/ 398-305, Fax: -989, E-
Mail:
Dreimal 40 Jahre dabei
„Wir sind davon über-
zeugt, dass ältere Ar-
beitnehmer über großes
Erfahrungswissen und
Qualitätsbewusstsein
verfügen. Auf diese Stär-
ken möchten wir nicht
verzichten“, so Diplom-
Ingenieur Heinz Widera,
Geschäftsführer von Elek-
tro-Thomas in Koblenz.
Drei der Mitarbeiter im
Alter von 50-plus feierten
in diesen Tagen ihr 40-
jähriges Betriebsjubiläum.
Ein 56-jähriger Elektroins-
tallateur ist seit 25 Jahren
dabei.
„DieMitarbeiter stellen sich den
stetig wachsenden technischen
Veränderungen in unserem
Handwerk. Sie nehmen ebenso
selbstverständlich an internen
und externen Schulungen teil,
wie die jüngeren Kollegen“,
betont Widera. Weiterbildung
ist für ihnkeineFrage desAlters.
Es gehe vielmehr darum „alle
Beschäftigten weiter zu quali-
fizieren und durch lebenslanges
Lernen zu fördern“.
Handwerksbetrieb ist
berufliche Heimat
IreneBuschbaumhat sich immer
für den Betrieb engagiert. Selbst
als ihr Sohn noch Kind war, hat
sie von zu Hause aus Aufträge
erledigt. Geschäftsführer Heinz
Widera erinnert daran, dass
die heute knapp 60 Jahre alte
Bilanzbuchhalterin bereits 1976
die erste Datenverarbeitungsan-
Jubiläumsfeier für Mitarbeiter bei Elektro-Thomas in Koblenz
Steckbrief: Elektro-Thomas GmbH, Koblenz
Gegr. 1933 (ab 2002 Imtech-Tochter) | 83 Mitarbeiter (10 Meister,
20 Lehrl.) | kompl. Energietechnik |
lage als Vorläufer der PCs im
Koblenzer Handwerksbetrieb
nutzte. Bis heute wird sie von
den Kollegen „Computer-Lilly“
genannt. Sie erwarb den Ausbil-
dereignungsscheinundkümmert
sich um die Ausbildung der
kaufmännischen Lehrlinge im
Unternehmen. „Elektro-Thomas
ist meine berufliche Heimat“,
sagt sie. In ihren Anfangsjahren
kamdie Hatzenporterinmit dem
Motorrad zur Arbeit. „In der
Männerdomäne Elektrotechnik
sorgtedasdamalsfürAufsehen“,
erinnert sie sich.
Elektromeister Werner Knebel
trägt als Bauleiter Verantwor-
tung für große Baustellen von
derPlanungüberdieAusführung
derGebäudetechnikbis zurWar-
tung. „Ich habe kurzfristig daran
gedacht, mich selbstständig zu
machen, mich dann aber für die
Firma entschieden. Sie hat einen
gutenRuf unddasBetriebsklima
gefällt mir“, so der 55-Jährige.
„Ein Über-50-Jähriger wirkt
aus Sicht des Kunden vor Ort
in den Projekten oft besonders
erfahren und sachkundig“, so
Heinz Widera.
Zu den Projekten von Elektro-
installateurDieterRachul gehört
das weltweit größte Lager für
Fahrzeugteile der Automobil-
branche in Germersheim. Das
Zentrallager bildet die Schalt-
und Steuerzentrale der weltwei-
ten Teilelogistik der Daimler
AG und bietet hochmoderne
Lagertechnik. Weitere seiner
Einsatzorte sind die Standorte
desFahrzeugherstellersinWörth
undOffenbach – „auchwenn ich
selbst keinen Mercedes fahre“,
lacht Rachul, der imJuli 55 Jahre
jung wurde.
BeiHelmutWeber,seit25Jahren
in der Firma, kommt auch privat
der Elektroinstallateur durch. Im
VereinderGülserHusarenistder
56-Jährigefüralles„Elektrische“
zuständig, beispielsweise für die
Beschallung. Auch wenn auf
demGülserWeihnachtsbasardie
Lichterketten angehen, hatte er
seine Hand im Spiel.
Tischlermeister Herbert Merz
(rechts) mit Noll-Gschäftsführer
Jürgen Keiper.
Steckbrief: Noll Werkstätten GmbH, Fachbach
Gegr. 1954 | 50 Mitarbeiter (9 Meister, 6 Lehrlinge) | Innenausbau,
Bank- und Objekteinrichtungen |
Der „Silberne“ und die drei „40-Jährigen“ (v.l.):
Helmut Weber, Werner Knebel, Chef Heinz Widera,
Irene Buschbaum und Dieter Rachul.
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12-13,14 16,17,18,19,20,21,22,23,24
Powered by FlippingBook