Handwerk Special Nr. 127 vom 31. Januar 2009 - page 22

Nur die wenigsten können sich 1949 einen Neuwagen leisten,
zudem ist Benzin immer noch knapp und Fahrverbote schrän-
ken die mobile Freiheit ein. Deshalb bleiben viele vorerst noch
beim Zweirad, mit oder ohne Motor. „Als mein Vater Josef 1949
seinen Betrieb auf der Torney gründete, gab es in Gladbach je-
denfalls nur ganze drei Autos“, erzählt Horst Mürtz, Inhaber des
gleichnamigen Autohauses, das 1961 in diesen Neuwieder Stadt-
teil umzog. Da musste sich der junge Kfz-Meister etwas einfal-
len lassen, reparierte nicht nur Autos, sondern „alles, was Räder
hat“, auch Maschinen und Förderbänder der benachbarten Bims-
betriebe. „Trotzdem waren manchmal nicht mehr als fünf Mark
in der Kasse drin, damals aber ein noch respektabler Betrag.“
Einfallsreichtum - den braucht es heute ebenfalls wieder, um
Werkstatt und Autohaus in wirtschaftlich nicht einfachen Zeiten
in Schwung zu halten. 1990 übernahm Mürtz, der 1972 seine
Prüfung als Kfz-Mechanikermeister abgelegt hatte, den Betrieb
des Vaters, in dem er bereits seit 1964 mitarbeitete. 1960 war
eine Tankstelle dazugekommen, 1975 wurden die Mürtz zum
Vertragshändler der schwedischen Marke Volvo. Der Betrieb
bietet heute einen Komplett-Service rund ums Auto an, von der
Pannen- und Unfallhilfe über die Versicherung bis zu Tankstelle
und Waschstraße. Und der nächste Mürtz steht bereits zur Ver-
fügung, um eines Tages das Unternehmen fortzuführen: Sohn
Sven, ausgebildeter Kfz-Elektroniker, Autoverkäufer und Kfz-
Betriebswirt steht schon in den Startlöchern.
Handwerkertradition aus dem Gründungsjahr der Bundesrepublik
Nr. 127
31. Januar 2009
Feger auf dem Schlossdach
Nicht jeder hat die
Chance, einem Grafen
aufs Dach zu steigen.
Für Peter Peukert, Bezirks-
schornsteinfegermeisterinWall-
merod, ist das nichtsUngewöhn-
liches, denn schließlich gehört
Schloss Molsberg, ursprünglich
als salischeBurg zumSchutz des
Handelsweges zwischen Frank-
furt und Köln an-
gelegt, zu seinem
Kehrbezirk.
Wenn es um Ge-
schichte und Tra-
dition geht, müs-
sen sich die Peu-
kerts selbst auch
nicht verstecken:
Der erste, der
nach dem Zwei-
ten Weltkrieg und
im Gründungs-
jahr der Bundes-
republik, 1949,
den Kehrbezirk
im Westerwald
übernahm, war
ebenfallsschonein
Peukert,Hermann,
der Großvater Pe-
ters, der hier bis
1967 arbeitete.
Von dem übernahm Paul Peu-
kert, der Vater, den Kehrbezirk
und 1992 trat Peter, der 1979
seine Meisterprüfung machte,
dessen Nachfolge an. „Ich habe
auch bei meinem Vater gelernt
und dann mit ihm zusammen
gearbeitet,sodassichdenBezirk,
schon seit 39 Jahren kenne“,
meint Peukert.
Peukerts sind seit 60 Jahren Bezirksschornsteinfeger
Die Einteilung der Kehr-
bezirke wird sich ab 2010
verändern, wenn nämlich
die vorerst geltenden Re-
gelungen an EU-Recht
angepasst werden. „Dann
werden die Bezirke fest-
geschrieben und nicht
mehr, wie bisher, je
nach Arbeitsaufkommen und
Verdienstmöglichkeiten, bei
nützlich es ist, „wenn
man die Kunden in
seinem Bezirk über
einenlangenZeitraum
hin kennt“.
Dann kommt es eben
auch zu Kontakten
über das Dienstliche
hinaus,zuGesprächen,
„und genau das ist es,
der Umgang mit den Menschen,
der mir an meinem Handwerk
am meisten Spaß macht“. Bera-
tungsgesprächegehörenohnehin
seit Langem, seit den ständig
steigenden Energiekosten zum
Arbeitsalltag eines Schornstein-
fegers. „Die beste Möglichkeit
ist hier wirklich die Umstellung
auf nachwachsende Rohstoffe,
also Holz, in Kombination mit
Solartechnik.“
„In den sechzig Jahren, in denen
wir Peukerts im Westerwald
als Schornsteinfeger arbeiten,
ist durch die Überprüfung der
Heizungsanlagen mehr Technik
dazugekommen, selbstwenndie
Kaminkehrerei jetzt wieder zu-
nimmt.“ Nicht geändert hat sich
dieTatsache,dassder„Schwarze
Mann“ immer noch gerne gese-
hen wird, als Glücksbringer.
Bedarfangepasst.Undaußerdem
wird es auch nicht mehr so sein,
dass man seinen Bezirk quasi
bis zur Pensionierung behält.
Stattdessen muss man sich dann
alle sieben Jahre neu darum
bewerben.“ Ganz glücklich ist
Peukert nicht mit dieser Rege-
lung, umso weniger, als seine
eigenenErfahrungenzeigen,wie
Vater
Paul
Peukert
in den
frühen
1950er
Jahren.
Peter Peukert reinigt nicht nur Schorn-
steine, sondern gibt auch nützliche
Tipps zum umweltfreundlichen und ko-
stengünstigen Heizen.
Es waren drei …
Selbst wenn Rohstoffengpässe und Facharbeiter-
mangel den Autowerken auch vier Jahre nach Krieg-
sende, 1949, das Leben erschweren, wenn viele noch
immer unter den Folgen des Krieges leiden, während
dem sie zu Rüstungsbetrieben umfunktioniert oder
bei Bombardierungen schwer beschädigt wurden:
Die deutsche Automobilproduktion kommt langsam, aber sicher
wieder auf Touren. 1949 werden immerhin 104.000 Autos ge-
baut – dreimal mehr als noch ein Jahr zuvor.
Mit dabei: die Limousine Hansa 1500, die die Firma
Borgward im März 1949 in Genf vorstellt und der gleich-
falls beim Automobilsalon vorgestellte Porsche 356 mit
Aluminium-Karosserie (!), ein zweisitziger Roadster auf
der Basis eines VW-Käfers. Ebenfalls eine Käfer-Varian-
te ist das viersitzige Kabriolett, gebaut vom Karosserie-
werk Karmann in Osnabrück, das schnell zum begehrten
Liebhaberstück wird. Daimler-Benz greift zunächst eben-
falls ein Vorkriegsmodell wieder auf, den 170 V, produ-
ziert ihn als bemerkenswert leise Dieselversion.
Autohaus Mürtz ging 1949 an den Start
Steckbrief: Autohaus Mürtz, Neuwied-Gladbach
Gegr. 1949 | 6Mitarb., 2Meister, 2Ll. | Pannenhilfe, Tankstelle, Re-
paraturen | Tel.:02631/948175 | E-Mail
Die Betriebsnachfolge
ist im Hause Mürtz
bereits geregelt: Sohn
Sven (r.) wird Vater
Horst einmal ablösen.
Energie sparen: Ein zukunftsträchtiger Markt
DBU-Aktion eröffnet
Handwerkern Einstieg
in energetische Ge-
bäudesanierung
Die in diesen Tagen und
Wochen eingegangenen Jah-
resabrechnungen der Ener-
gieversorger haben es vielen
Verbrauchern wieder einmal
schmerzhaftvorAugengeführt:
Energie ist teuer und wird es
auch bleiben. Desto wichtiger
und schonend für Geldbeutel
undUmwelt ist die Suche nach
Einsparmöglichkeiten. Dazu
Hausbesitzeranimierenwilldie
Aktion „Haus sanieren – pro-
fitieren“, initiiert durch die
Deutsche Bundesstiftung Um-
welt und den Zentralverband
des Deutschen Handwerks.
Die Aktion bietet Handwerkern
die Möglichkeit zur Eroberung
eines großen Marktsegments,
der energetischen Gebäudesa-
nierung. 2005 lag die Sanie-
rungsquote erst bei 0,5 Prozent.
Mithilfe der Aktion soll sie in
den kommenden Jahren auf
mindestens 50.000 Sanierungen
mit einem Investitionsvolumen
von rund einer Milliarde Euro
steigen.
Herzstück der Kampagne ist
ein kostenloser und unver-
bindlicher „Energie-Check“,
den der Handwerker für den
Hausbesitzer durchführt. Der
erhält in einer halben Stunde
einen umfassenden Überblick
über den energetischen Zustand
seines Hauses.
Die notwendigen Kenntnisse
für den „Energie-Check“ der
DBU-Kampagne vermitteln
Schulungen des HwK-Zen-
trums für Umwelt und Ar-
beitssicherheit. Die nächste
Schulung findet am 10. März
von 16 bis 20.15 Uhr statt.
Weitere Informationen beim
HwK-Zentrum für Umwelt
und Arbeitssicherheit, Tel.:
0261/398-656, Fax:-992, E-
Mail:
Zentrum für Umwelt
und Arbeitssicherheit
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