Handwerk Special Nr. 125 vom 25. Oktober 2008 - page 11

Fünf Generationen Tischler
Nr. 125
25. Oktober 2008
Holzbau Spezialisten
„Am liebsten sind uns
die kniffligen Aufträge.
Krumme Sachen liegen
uns besonders“, lacht
Tischlermeisterin Ga-
bi Fischer-Neitzert.
„Pfiffige Möbelstücke zu bau-
en, die obendrein zweckmäßig
sind, erfordern manchmal be-
sonders viel Geschick, machen
aber Spaß“, bekräftigt die aus
Niederhonnefeld bei Neuwied
stammende Meisterin. Zusam-
men mit ihrem
Vater, Tisch-
lermeister
G ü n t e r
Fischer,
führt sie
Tischlerei G + G Fischer: Arbeiten mit Pfiff und Individualität
den vor 140 Jahren gegründeten
Betrieb in der 5. Generation.
Die 40-jährigeMeisterin erzählt
von Schränken, in die besonders
hoch gelegene Verteilerkästen
und Rohre eingebaut werden
mussten oder Haustüren, in ih-
ren Maßen weit ab von üblicher
NormundzwischenStahlpfosten
eingepasst.
Dass Treppen nicht gleich
Treppensind,weißGabiFischer-
Neitzert nur zu gut. Sie verweist
auf SpindeltreppenmitWangen,
Handlauf und einem rundenAb-
sturzgeländer. „Einmal mussten
wir eine Podesttreppe über zwei
Geschosse anfertigen, bei der
aber eine Wandverankerung
durchdieNatursteinklinkernicht
möglich war. Da muss sich der
Tischler etwas einfallen lassen“,
sagtsie.DasLeistungsprogramm
der Tischlerei umfasst Beratung,
Planung, Konstruktion, Ferti-
gung, Lieferung und Mon-
tage von Möbeln, Türen,
Holzböden, Holzdecken,
Treppen und Balkon-
geländern. „Bei uns erhält der
Kunde alles aus einer Hand. Es
gibt eigentlich nichts, was er bei
uns nicht bekommt“, betont die
Chefin. „Pünktliche und saubere
Arbeit“, nennt sie als Wert, mit
dem das kleine Team - zwei
Meister, zwei Gesellen, ein
Lehrling - punkten kann.
Aus kleinstenAnfängen heraus,
der Handwerksbetrieb wurde
1868 als Stellmacher- und
Wagenbauwerkstatt ins Leben
gerufen, hat sich der Betrieb
aufgebaut und immerwieder den
Anforderungen der Zeit ange-
passt. 1899 übernahm Wilhelm
Fischer als Wagner, Schreiner
und Treppenbauer die Firma.
Bevor 1933 Willi Fischer die
Werkstatt übernahm, hatte er
die Gesellenprü-
fung im Stellma-
cherhandwerk und
Steckbrief: G + G Fischer, Niederhonnefeld
Gegr. 1868 | 2 Meister, 2 Gesellen, 1 Lehrl. | Wohn- u. Büromöbel,
Innenausbau | Tel.: 02634/ 4838 |
im Schreinerhandwerk abgelegt
und 1930 die Meisterprüfung
bestanden. Ab 1940 ruhte der
Betrieb wegen Einberufung.
Danach wurden hauptsächlich
Fenster und Türen gefertigt. Mit
der Übernahme des Unterneh-
mens durchGünter Fischer 1979
nahm die Zeit der individuellen
Kundenwünsche zu. Bis heute
ist es der Ansporn vonVater und
Tochter, für jedes Problem eine
Lösung zu finden. Eigentlich
sollte Gabi Fischer-Neitzert
den Beruf gar nicht lernen.
„Zu schwer für ein Mädchen“,
hatte der Vater befunden und
dann aber trotzdem ausgebildet.
„Vor über 20 Jahren war es
noch schwierig, ein Mädchen in
einemvonMännerndominierten
Handwerk unterzubringen. Ich
war aber hartnäckig und wollte
diesen Beruf unbedingt“, erin-
nert sie sich. Heute ist sie sowohl
imBüroals auch inderWerkstatt
und auf der Baustelle tatkräftig
im Einsatz.
Tischlermeisterin Gabi Fischer-Neitzert liebt ihren Beruf. Mit Begeisterung fin-
det sie für jeden Kundenwunsch die optimale Lösung.
HS 47
Eine ordentliche
Planung
verweist auf
jeder Baustelle,
sei sie noch so
unübersicht-
lich, das
Chaos
in seine
Grenzen.
Handwerker
und
Architekt
müssen
Hand in
Hand
arbeiten,
um am Ende eine
qualitativ hochwertige Arbeit abliefern zu
können. Das zeigt auch unser Titelfoto aus dem Jahr 1995.
„Weiterbildung ist für mich
sehrwichtig,daichimmerBest-
leistungen bringenmöchte.“
Simon Schlarb,
2. Lehrjahr, 18
Jahre
Jugend – Handwerk – Zukunft
„Ichhabefrüherzusammenmit
meinem Vater Gegenstände
aus Holz gefertigt. Deshalb
ist der Tischlerberuf auf jeden
Fall mein Wunschberuf, den ich
in der Schreinerei Scherer in
Heimweiler bei Kirn lerne. Als
Geselle möchte ich die Mög-
lichkeiten zur Weiterbildung
nutzen, um meine Fähigkeiten
auszuweiten und immer auf
dem neuesten Stand zu sein.“
Drei Fragen an ...
Christian Baldauf
MdL, Landes- und Fraktionsvorsit-
zender der CDU Rheinland-Pfalz.
Was bedeutet Handwerk für Sie?
Handwerk hat für mich etwas mit „an-
packen“ zu tun. Es ist Ursprung und
Quelle der gewerblichen Wirtschaft
und der Industrie, die die Menschen
geschaffen haben. Hier wurden und
werden Werkzeuge entwickelt und
Materialien zu technischen Produkten bearbeitet, ohne die dieMen-
schen ihre Kultur nicht hätten aufbauen können. Deshalb müssen
wir das Handwerk pflegen – durch eine Tradition der qualifizierten
Ausbildung junger Menschen.
Was gefällt Ihnen an „Handwerk Special“ besonders?
Das ist nicht nur einMagazin für Fachleute, sondern für alle, die mit
offenen Augen und Ohren durchs Leben gehen. Hier findet jeder
Interessierte eineFülle vonnützlichen Informationen. Und es ist eine
gute Selbstdarstellung des Handwerks mit seiner ganzen Vielfalt.
Eine wichtige Botschaft an unsere Leser ist:
Handwerkliche Fähigkeiten zu entwickeln, ist für dieMenschen ge-
nausowichtigwieSchreiben,LesenundRechnen.Dieweiterführende
Schule in der Sekundarstufe I muss Raum und Entfaltung für hand-
werklicheInteressenundFähigkeitengeben.DieBerufsausbildungin
DeutschlandmussihrinternationalhohesNiveauhalten.Einwichtiger
Wettbewerbsvorteil. Und wir müssen junge Handwerksmeister er-
muntern,eineneigenenBetriebzuführen,denndasHandwerkistKern
einer vielfältigen und spezialisierten mittelständischen Wirtschaft.
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