Handwerk im Frühjahr vom 5. April 2006 - page 4

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Gelebte
Automobil
geschichte
„Geht’s der Firma gut, geht’s auch
mir gut“, lautet der Wahlspruch von
Armin Decker, den er sich mehr als
48 Jahre - 33 davon als Meister -
Tag für Tag im Koblenzer Kfz-Un-
ternehmen Schilling erfüllte.
Am 1. April 1957 tritt der Bopparder
Junge seine Lehre im Betrieb von
Gottfried Schilling am Fuße der Ko-
blenzer Karthause an. Borgward,
Goliath und Lloyd heißen die tradi-
tionsreichen Automarken der dama-
ligen Zeit. Es sind Fahrzeuge mit tra-
gender Holzkarosserie, Lloyd baut
die ersten synchronisierten Getrie-
be, deren „technische Ausführung
einfach sensationell war“, erinnert
sich Armin Decker. „Mit 1,75 D-
Mark Stundenlohn war ich als Ge-
selle bestbezahlter Monteur.“ Neben
dem Gesellenbrief gab es damals
noch ein Lehrzeugnis vom Chef.
1959 zog die Marke Renault bei
Schilling Automobile ein.
Fortschritt verändert
auch Menschen
Im August 1972 besteht Armin
Decker seine Meisterprüfung vor der
Handwerkskammer Koblenz und
wird Betriebsleiter in der Werkstatt.
Es folgen gut drei Dutzend techni-
sche Lehrgänge beim Hersteller zu
Motoren, Modellen und Diagnose-
technik, die Qualifizierung zur Fach-
kraft für Arbeitssicherheit oder die
regelmäßigen AU-Schulungen bei
der HwK. Gut 200 Lehrlinge bildet
er in all den Jahren im Kfz-Hand-
werk aus „und aus den meisten ist
etwas geworden, darunter etliche
Meister und Ingenieure“.
Der Senior wirkt nachdenklich:
„SOS - Sauberkeit, Ordnung, Si-
cherheit war immer unser Motto. Je
mehr den Jugendlichen geboten
wurde, umso schwieriger wurde es,
sie zu motivieren.“ Er vermisst bei
manchen die Zielstrebigkeit und das
Durchhaltevermögen. „Feierabend
hatten wir, wenn die Autos fertig
waren, auch wenn es darüber 22 Uhr
Armin Decker: 48 Jahre als Mitarbeiter und davon 33 Jahre als Meister bei Schilling Automobile
wurde. Der Samstag war Arbeitstag,
mehr als 40 Wochenstunden ganz
normal. In den frühen Jahren ging
mein Zug morgens um 6 Uhr und der
erste Job war im Winter, den Auf-
enthaltsraum zu heizen.“
Welten in der
technischen Entwicklung
Dabei ist sich Armin Decker be-
wusst, dass man die Uhr nicht zu-
rückdrehen kann. „Es war eine an-
dere Zeit, im technischen Bereich
haben wirWelten durchschritten, be-
Zur Verabschiedung von Kfz-Meister Armin Decker trafen sich drei Meister-
generationen. Der 78-jährige Willi Bermel aus Koblenz war einer der beiden
Lehrmeister von Armin Decker und sein Vorgänger als Werkstattleiter. Seine
Meisterprüfung legte er 1956 ab und arbeitete 42 Jahre im Autohaus Schil-
ling. „Wenn ein Teil nicht vorrätig war, haben wir es früher selbst hergestellt.
Da war Improvisierkunst gefragt. Bevor die Diagnosetechnik Einzug hielt,
haben wir die meisten Fehler am Fahrzeug durch Hören gefunden.“
Der 39-jährige Markus Keller, Kfz-Meister seit 1992, gehört auch schon 22
Jahre zum Hause Schilling und hat bei Armin Decker gelernt. Heute ist er
Kundendienstlmeiter in Koblenz. „Früher war es wichtig, dass das Auto fährt,
heute, dass es nicht klappert“, umschreibt er eine Veränderung in den An-
sprüchen an die Fahrzeuge. „Der Meister ist heute mehr denn je Verkäufer
der Werkstattleistung, er steht für die Zufriedenheit des Kunden gerade.“
Zu den Altbewährten im Schilling-Team gehört auch der 60-jährige Wolf-
gang Nehls, der dort 1960 seine kaufmännische Lehre begann und heute als
Verkaufsleiter arbeitet.
Die Geschäftsführung mit Thomas, Rolf und Dorothee Schilling (v.l.) sowie Kundendienstleiter Markus Keller, Verkaufs-
leiter Wolfgang Nehls undAltmeister Willi Bermel (v.r.) verabschieden Armin Decker in den wohlverdienten Ruhestand.
Der Lloyd links im Bild stammt aus den frühen Berufsjahren von Armin Decker.
Begegnung der Generationen
sonders durch den Einzug der Elek-
tronik.“ Aus demArmaturenbrett ist
ein Multifunktions-Center gewor-
den, Vergasermotoren sind fast kom-
plett vom Markt verschwunden.
„Wir haben Maschinen wirklich
noch zerlegt und nachbearbeitet.
Heute werden meist nur noch Mo-
dule ausgetauscht.“ So kurios es
auch klingt: „Wir arbeiteten früher
nicht unter einem solch hohen Zeit-
druck und dennoch war die Arbeits-
leistung keinen Deut geringer.“
Drei Generationen hat
der rüstige Skat- und
Kegelbruder bei Schilling er-
lebt: „Man kennt sich über die Jah-
re, das macht die Zusammenarbeit
einfach.“ Als die für ihn schönste
Zeit empfand er die frühen 1970er,
als er nicht nur die Meisterprüfung
ablegte, sondern auch seine Frau
Helga kennen und lieben lernte, die
im Büro beschäftigt war. Armin
Decker hat sich noch nicht so ganz
an seinen Ruhestand gewöhnt. „Das
Auto war mein Leben“, aber nach
fast 50 Jahren gelebter Automobil-
geschichte widmet er sich jetzt dem
Wandern und Schwimmen, Haus
und Garten - und seiner Modellei-
senbahn.
Steckbrief: Schilling Automobile, Koblenz
Gegr. 1931
|
5 Standorte mit der Marke Renault, 2 mit Nissan
|
ca. 100
Mitarbeiter (9 Meister, 17 Lehrlinge)
|
Tel.: 0261/ 80800-0
|
Internet:
Nachgefragt: „Wertvolle Mitarbeiter“
Rolf und Thomas Schilling, Geschäftsführer von Schilling Automobile
Wir haben gute Erfahrungen mit Mitarbeitern gemacht,
die bei uns als Lehrling angefangen und dann Jahrzehnte
als Meister gearbeitet haben. Sie haben sich in ihrer Ar-
beit bei uns entwickelt und sind mit dem Unternehmen
groß geworden. Das schafft Identifikation und damit die
Voraussetzung, Höhen und Tiefen mitzutragen. Unsere
langjährigen Mitarbeiter wissen genau, worauf es uns an-
kommt, sie sind in die Unternehmensfamilie hinein-
gewachsen. Ihre berufliche und menschliche Erfahrung ist
ein wertvolles Kapital. EineVoraussetzung allerdings müs-
sen sie dafür mitbringen: die Bereitschaft, ständig weiter
zu lernen.
Gesundheitstreff Handwerk von HwK und IKK
Themen zu Sport, Ernährung und Gesundheit
Der Gesundheitstreff Handwerk, den die HwK Koblenz gemeinsam mit der
IKK Südwest-Plus ins Leben gerufen hat, bietet regelmäßig kostenlose Info-
veranstaltungen zu Fragen aus den Bereichen Sport, Ernährung und Gesund-
heit. Bis zu den Sommerferien sind folgende Themen geplant:
21. April: Lachen ist gesund - die Rolle des Humors für unsere Gesundheit:
Lachen ist die beste Medizin. Einen Einblick in die Medizin des
Lachens vermittelt dieser Kurs.
5. Mai: Leistung essen - mehr Power durch die richtige Ernährung: Wer
im Alltag Leistung bringen will, braucht Energie. Hier gibt’s An-
regungen zu einer gesunden und energiereichen Kost.
19. Mai: Qualm adieu - der rauchfreie Betrieb: Das Trainingsprogramm
Qualm adieu bietet Unterstützung für alle, die ihren Zigaretten-
konsum bis zum vollständigen Verzicht reduzieren möchten.
02. Juni: Potenzial erschließen - Geistesfitness: Für eine hohe Lebensquali-
tät ist neben der körperlichen Fitness auch die geistige unverzicht-
bar. Diese Vitalität lernen Sie zu erhalten oder sogar zu steigern.
16. Juni: Ruhe bewahren - Einführung in das autogene Training: Dieses ist
eine Methode zur konzentrativen Selbstentspannung, die zu inne-
rer Ausgeglichenheit führt und hilft, Alltagsbelastungen zu tragen.
Informationen und Anmeldungen
zum Gesundheitstreff Handwerk beim
HwK-Zentrum für Umwelt und Arbeitssicherheit, Tel.: 0261/ 398-655, Fax:
-992, E-Mail:
ternet:
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