Handwerk Special Nr. 105 vom 21. Mai 2005 - page 11

Hightech auf dem Weg durchs Universum
21. Mai 2005
Nr. 105
Einmal quer durchs All
Remagener Handwerker arbeiten an Mobilroboter für Marsmission
Was gerade unter sprudelnder
Kühlflüssigkeit in der CNC-
Fertigung des Remagener
Handwerksunternehmens „R
& W Maschinenbau“ seine
Geburtsstunde erlebt, soll
einmal eine weite Reise antre-
ten. „Handelsübliche“ Dimen-
sionen spielen dann keine
Rolle: Wird der Mond passiert,
liegt das rund 600-fache der
Strecke noch vor der Arbeit der
Handwerker. Ziel ist der Mars.
Dem roten Planeten gehört seit
jeher das Interesse der Mensch-
heit. Wird über ein Leben „au-
ßerhalb“ der Erde nachgedacht,
spielt der Heimatplanet der grü-
nen Männchen eine Top-Rolle.
Auch in den Überlegungen von
Professor Dr. Frank Kirchner
und seinem Team dreht sich al-
les um den Mars. Acht Wissen-
schaftler und 12 Studenten for-
schen seit Jahren an einemMars-
mobil. Auf der Suche nach dem
Ideal haben sie die Natur be-
müht. „Ist die Sonde mit einem
Fahrzeug gelandet, steht keiner
mit einer Fernbedienung da.
Das Härten von Bauteilen beginnt im
1000 Grad heißen Ofen.
Entwicklung und Bau von Laborgeräten sowie Weltraumtechnik
22 Mitarbeiter 2 Lehrlinge Internet: rundwmaschinenbau.de
Steckbrief: R & W Maschinenbau, Remagen
Noch ist das Fortbewegungswunder „Skorpion“ auf der Erde
unterwegs, doch in den nächsten Jahren soll die Handwerks-
arbeit Richtung Mars starten.
Vorbild für unseren Marsroboter ist ein
Tier ohne Großhirn und damit ohne
große geistige Fähigkeiten, das
trotzdem mit jedem Gelände fertig wird.“
Prof. Dr. Frank Kirchner, Wissen-
schaftler und „Marsmobil“-Entwickler an
der Universität Bremen
Herbert Richarz an der CNC-Fertigung in seinem
Unternehmen.
Start, Flug und Landung sind
hochkomplizierteAbläufe.Was
uns auf demMars erwartet, lässt
sichnichtvorausberechnen.Also
muss unser Fahrzeug möglichst
einfach imAufbau sein.“ Folge:
Man suche sich ein Tier, das
ohne große intellektuelle Fähig-
keiten möglichst alle Gelände-
variationen meistert. Das Inter-
esse der Wissenschaftler richte-
te sich schnell auf den Skorpion.
Vorbild aus der Natur
Nach Forschungen am lebenden
Objekt und Videoanalysen ging
man daran, das Bewegungs-
muster am Computer „nachzu-
bauen“. Für die Umsetzung in
h a n d f e s t e
Realitäten
griff man
auf die Fä-
higkeiten der
R e m a g e n e r
Handwerker zurück.
Herbert Richarz (48) und Heinz
Wilwerscheid (47), beide Ma-
schinenbauermeister, stehenhin-
ter dem 1982 gegründeten Un-
ternehmen, das damals gerade
einmal einen Lehrling beschäf-
tigte. Heute gehören 22 Mitar-
beiter, darunter 5 Handwerks-
meister undzwei Lehrlinge, zum
Team, das sich auf die Herstel-
lung von Laborgeräten speziali-
siert hat. Was immer wieder in
denvergangenen Jahrendie
Hightech-Ausrüstung der
Werkstattverlässt,sindaber
auchBauteilefürdieRaum-
fahrt.
„Made in Germany“ ist für
die Kunden des Unterneh-
mens unersetzbar. Die Fle-
xibilität und schnelle Um-
setzung von Überlegungen
in ein Produkt sind der
Schlüssel des unternehme-
rischen Erfolges. Dabei
spielt Gustav Frohn eine
wichtigeRolle.Der 76-Jäh-
rigegelernteWerkzeugma-
cher hat über Jahrzehnte als
leitender Ingenieur in der
Autoindus-
trie gearbei-
tet,Werkenam-
hafterHersteller auf-
gebaut. Mit seinen EDV-Kennt-
nissen und Erfahrungen im Ma-
schinenbaubringt er sichals frei-
er Mitarbeiter ein. „Er holt die
oft abstrakten Ideen derWissen-
schaftler in dieWirklichkeit“, so
Richarz.
So war es auch bei „Skorpion“ –
so der Name des Marsmobils,
das nicht, wie bei anderen Kon-
zepten, mit Rädern oder Ketten
ausgestattet ist, sondernmit acht
Beinen. Die Anforderungen:
Leicht muss es sein, hoch stabil,
bei minus 150Gradwie auch bei
Plus 100 Grad arbeiten. Vollge-
stopft mit Elektronik, Sensorik,
Motoren und schweren Batteri-
en, soll es denMars erkunden, in
tiefe Krater absteigen und Fels-
formationen überwinden. Dabei
habenWissenschaftler wie auch
Handwerker nur einen Versuch:
Wenn nach der über 46 Mio.
Kilometer langenReise alles gut
geht, muss die Arbeit eines Jahr-
zehnts von einer Sekunde zur
anderen funktionieren.
Rütteln, frieren,
schwitzen, fallen
Wann genau die Reise beginnt
und ob die Allianz von Univer-
sität Bremen und R & W Ma-
schinenbau,finanziellunterstützt
durchdieAuftraggeber ESAund
DeutschesZentrumfürLuft- und
Raumfahrt (DLR), schließlich
zumZuge kommt, ist heute noch
offen. „Doch die Chancen ste-
hen gut“, so Professor Kirchner.
Bis dahinmuss „Skorpion“ noch
zahlreiche Tests bestehen. Da
wird gerüttelt, der tiefe Fall ge-
probt, wird „Skorpion“ hohen
atmosphärischen Drücken aus-
gesetzt.
Sind die Tests erfolgreich, wird
sich der Marsläufer in ca. 10
Jahren in kleinen Schritten über
diefremdeWeltarbeiten.Erwird
keine Fahne aufstellen, nicht
hüpfend sagen, dass seine vielen
kleinen Schritte ein großer für
dieMenschheitistundauchnicht
dieHeimreiseantreten.Unddoch
werdenMillionenvonMenschen
vor dem Fernseher sitzen und
die Handwerksarbeit bei ihrer
Mission begleiten.
Technologieberatung:
Info-Tel.: 0261/398-571
HwK-Service
Zum umfangreichen Bera-
tungsservice der HwK Ko-
blenz zählt auch der Techno-
logiebereich. Das reicht von
der kostenlosen Erstinfor-
mation für Handwerker bis
zur Erprobung neuer Verfah-
ren in den Hightech-Einrich-
tungenderHwK, schließt Pa-
tentrecherchen ein und geht
bis zum Kontakt zu wissen-
schaftlichen Forschungs-
einrichtungen.
Nicht
größer als
ein Handy:
„Skorpi-
on“-Bau-
teil des
An-
triebs.
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