Handwerk Special Nr. 99 vom 2. Juni 2004 - page 12

Mario Adorf - Privat / Exklusiv in Handwerk special
2. Juni 2004
Nr. 99
Mario Adorf - Privat
„Ich habe noch Wünsche.
Wunschloszusein,bedeutetStill-
stand. Es gibt ohne sie nichts,
was antreibt. Wünsche gehören
zum Leben“, bekennt Mario
Adorf. Welche es sind, sagt der
74-jährige Grandseigneur des
deutschenFilmsnicht.„Darüber
zu reden, zerstört den Zauber.“
MarioAdorftreffeichanlässlich
seiner Buchvorstellung „Him-
melundErde“,zuderderFreun-
deskreisderUniversitätKoblenz,
der Freundeskreis Stadttheater
und Koblenz Touristik eingela-
den haben.
Treffpunkt für Kultur
Indemseit fünf Jahrenbestehen-
den Freundeskreis der Universi-
tät in Koblenz engagieren sich
ca. 200 Persönlichkeiten, Unter-
nehmenund Institute. Er ist nicht
nurTreffpunkt fürWissenschaft,
sondern auch für Kultur. So lag
es nahe, dass der Freundeskreis
Mario Adorf, der in der mittel-
ständisch geprägtenRegion auf-
gewachsen ist, einzuladen. Dr.
h.c.Karl-JürgenWilbert,Vorsit-
zender des Freundeskreises und
Hauptgeschäftsführer der HwK
Koblenz, engagiert sich dort vor
allem für die Verbindung Hoch-
schule und Mittelstand. „Hand-
werk ist Hightech und Traditi-
on. Handwerk ist auch Lebens-
freude.“
Jeder Stuhl im Kaisersaal
ist besetzt
Der Kaisersaal des Kurfürstli-
chen Schlosses zu Koblenz ist
seit langem ausverkauft. Die
Menschen wollen Adorf erle-
ben. Unser Gespräch findet am
Morgen nach der Lesung, fern
von allemTrubel, unter vier Au-
gen statt.
In Handwerk special spricht
Adorf über Werte, die sein Le-
ben bestimmen, über Luxus, den
er genießt, aber auf den er durch-
aus auch verzichten kann. Er er-
zählt auch von ganz Alltägli-
chem.
Adorf – ganz privat
Mario Adorf kommt fünf Minu-
ten vor der verabredeten Zeit.
Ich bin überrascht, wie er in
Wirklichkeit ist. Unbewusst as-
soziiertman ihnmit seinenFilm-
rollenderletztenZeit,dem„Bell-
heim“, dem Paten im „Schatten-
mann“,demzwielichtigenDraht-
zieher in „Die Affäre Semme-
ling“, als Werbeträger im Fern-
sehen. Dann ist er von sich über-
zeugt und sich seiner Größe
bewusst, immer mit einer Spur
von Arroganz. Signalisierend:
„Ich mache nur, was ich will.“
Der private Adorf ist beinahe
bescheiden, sehr natürlich. Ein
leiserMensch, ohne Starallüren.
Wurzeln in der Eifel
Vielleicht liegt es an seinenWur-
zeln, seinen Erfahrungen in der
Eifel als Kind einer allein erzie-
henden Mutter, der nicht leich-
ten Jugend, die er nie vergessen
hat. Er hat die Welt kennen ge-
lernt, ist aber im Grunde seines
Herzens ein „Mayener Jung“ ge-
blieben, wie er bemerkt. In sei-
nen dunklen Augen unter bu-
schigenBrauenspiegeltsichsehr
viel Lebensweisheit, blitzt aber
auch der Schalk und sein ihm
eigener legendärer Charme. Sei-
ne Lässigkeit wird durch seine
Freizeitkleidung noch unterstri-
chen.
Rummel gehört dazu
Adorfs Terminkalender der
nächsten Tage ist voll, Koblenz
war eine Station seiner „Dienst-
reise“. Er ist gelassen. Es gibt
keinen Blick auf die Uhr, keine
Handbewegung, die andeutet,
ich mag nicht. Mir scheint, er
ruht in sich selbst. Wie geht er
mit dem Rummel um seine Per-
son um, genießt er ihn oder wür-
de er sich in manchen Momen-
ten gern zurückziehen?, frage
ich. „Er gehört dazu. Wenn ich
auf Tournee gehe, weiß ich, wor-
auf ich mich einlasse, was mein
Publikum erwartet“, sagt er. Die
vielen Interviews, die ich über
ihngelesenhabe,machenesnicht
leichter. Wonach kann man
Adorf noch fragen? Was hat er
nochnicht erzählt?„VerratenSie
mir etwas Neues“, bitte ich ihn.
„DabinichkeineHilfe“,schmun-
zelt er. „Fragen Sie, ich bin auch
neugierig auf Neues.“
Freizeit ist fast Bedrohung
Zunächst sprechenwir über ganz
alltägliche Dinge. Was macht er
an einem freien Tag? Er erzählt,
dass er dann bereits über den
nächsten Tag nachdenkt. Dass
er immer etwas tun muss - „weil
ich mich sonst langweile“ - und
sei es den Zahnarzt zu besuchen.
Einfach in der Sonne zu ruhen,
ist seine Sache nicht. „Betäti-
gung ist für mich auch Bestäti-
gung.KannicheinenlangenText
noch lernen? Funktioniert mein
Gedächtnis? Freizeit empfinde
ich fast als Bedrohung“, lacht er.
Äußere und innere
Eitelkeit
Was frühstückt er? „Orangen-
saft, Früchtetee, Naturjoghurt,
Honig und zwei Scheiben
Schwarzbrot, ich achte auf mein
Gewicht“. „Sind Sie eitel?“
„Nicht äußere Eitelkeit! Eine in-
nere persönliche Eitelkeit viel-
leicht. Wenn ich mich im Spie-
gel sehe, fühle ich meinem Kör-
per gegenüber dieVerpflichtung
ihn so zu behandeln, dass er mir
die Dienste tut, die ich von ihm
will.“ IndiesemZusammenhang
gesteht er, dass er in Kürze mit
seiner französischen Frau Mo-
nique eineEntschlackungskur in
Südfrankreich macht.
Heimatgefühle
Adorf erinnert sich an seine
Kindheit, an die Heimatgefühle,
die er immer noch hat, wenn er
anMayen denkt. „Wenn ich dort
unterwegs bin, werde ich geduzt
undbekommeSchulterklopfen.“
Er spricht von seiner Mutter, die
noch im Krieg die Meisterprü-
Der Weltstar im Exklusiv-Interview mit „Handwerk special“
„Zwischen Himmel und Erde“ - Mario Adorf
stellt sein Buch im Koblenzer Schloss vor.
Mario Adorf mit den Organisatoren der Lesung
Dr. h.c. Karl-Jürgen Wilbert und Hubert Scherer.
Mario Adorf stellte sich am nächsten Tag den
Fragen von Beate Holewa (HwK Koblenz).
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