Handwerk Special Nr. 89 vom 19. Oktober 2002 - page 12

IFrauen im handwerk: Angela Keul-Göbel & Iris Käuper
19. Oktober 2002
Nr. 89
Dinge beeinflussen und ändern
Betriebswirtin des Handwerks, Juristin, Stadträtin: Angela Keul-Göbel
Auftakt zu einer neuen Serie in
HANDWERK SPECIAL: Wir
stellen Frauen von Hand-
werksmeistern vor, die nicht
nur als Copilotin im Hand-
werksbetrieb ihren Mann ste-
hen, sondern ihre Freizeit
nutzen, um ebenso aktiv ande-
re Aufgaben zu erfüllen.
Eigentlich sind es drei Schau-
plätze, die sie mit großemEnga-
gement managt: Angela Keul-
Göbel aus Koblenz. Die studier-
te Juristin ist Mutter von drei
Kindern, erledigt alle Büroauf-
gaben im Handwerksbetrieb ih-
res Mannes Hans und ist Kom-
munalpolitikerin aus Leiden-
schaft. Alles was sie tut, ist für
sie Pflicht, verbunden mit viel
Freude. „Ich bin ständig auf der
Suche nach neuen Herausforde-
rungen“, sagt sie und so geht sie
den Arbeitstag, der nicht selten
16Stundenhat, optimistisch und
voller Lebenskraft an.
Die Unternehmerfrau
Das oft stressige, aber auch er-
füllte Leben eines Handwerks-
meisters kennt sie aus frühen
Kindertagen. „Im Maler- und
Lackierer- sowie Gerüstbauer-
betrieb meines Vaters bin ich
sozusagen groß geworden“, er-
zählt sie. Aus Interesse studiert
Angela Keul Jura. Sie heiratet
den Kfz-Mechaniker Hans
Göbel, den sie seit der Schulzeit
kennt. Ihre drei Kinder werden
geboren. Sie widmet sich zu-
nächst ganz der Familie und ar-
beitet später kurze Zeit als An-
wältin. Als ihr Mann 1990 den
elterlichen Betriebmit 15Ange-
stelltenübernimmt,steigtsievoll
mit ein. Im Weiterbildungs-
lehrgang „Betriebswirt des
Handwerks“ bei der HwK Ko-
blenz, den sie mit „Sehr gut“
abschließt, holt sie sich das er-
forderliche Rüstzeug. Über 30
Stunden in der Woche arbeitet
sie im Büro. „Handwerker-
frauen bekommen oft Frust zu
spüren. Die Frau des Meisters
hält ihrem Mann sozusagen den
Rücken frei“, schätzt Angela
Keul-Göbel ein.
Die Kommunalpolitikerin
Ausgleich findet die Unter-
nehmerfrau in der Politik. Seit
13 Jahren ist sie im Stadtrat Ko-
blenz. Sie ist stellvertretende
Fraktionsvorsitzende der CDU,
stellvertretende Kreisvorsitzen-
de der Partei in Koblenz und
Vorsitzende im Ortsverband
Arenberg/Immendorf. Seit 1994
ist sie Vorsitzende des Rech-
nungsprüfungsausschusses der
Stadt Koblenz. Dieses Amt be-
kleidet sie als erste Frau. Die
Liste ihrer Ehrenämter lässt sich
fortsetzen. „Ich möchte Dinge
beeinflussen, die ich ändern
kann“, nennt sie als Motiv für
ihre gesellschaftspolitische Ar-
beit. Hier setzt sie sich beson-
ders für eine aktive Rolle der
Frauen ein. „Frauen haben oft
eine andere Sichtweite, die sie
einbringen müssen.“ Dass es in
Koblenz eine Gleichstellungs-
beauftragte gibt, ist nicht zuletzt
ihrem Einsatz zu verdanken.
Angela Keul-Göbel ist bekannt
für ihre kritischen Reden. Sie ist
sachlich, aber ihre Augen blit-
zen, sie ist mit Herzblut dabei.
Ihr Mann unterstützt sie bei die-
ser Tätigkeit. „Er kennt viele
Ratsmitglieder und begleitet
mich oft auf Veranstaltungen“.
Iris Käuper aus Montabaur ist
Zahntechnikerin im wahrsten
Sinne des Wortes. Sie hat nicht
nur enorm viel Biss, sondern
setzt sich ständig mit neuen
Technologien und Methoden
der Zahntechnik auseinander.
„Stehen bleiben heißt Rück-
schritt“, sagt sie.
Gelernt hat sie ihren Beruf im
elterlichenBetriebbei ihremVa-
ter, Zahntechnikermeister Horst
Käuper. Hier hat sie auch die
Gesellenjahre verbracht. ImMai
2000 eröffnete sie imKeller ihre
Privathauses eine eigenes Den-
tallabor. „Ich wollte immer un-
abhängig sein, meinen eigenen
Weg gehen und mich durchbei-
ßen“, begründet sie den Schritt.
Inzwischen beschäftigt die 37-
Jährige zwei Mitarbeiter. Eine
Lehrstelle ist geplant. Der Fir-
menname „Zahnart“ ist bewusst
gewählt für „zahnartig, anders
sein“ und entspricht der Philo-
sophie desUnternehmens „Art“,
Kunst. Fort- und Weiterbildung
werden bei ihr und den Mitar-
beitern groß geschrieben. „Wir
sehenuns als kleine flexibleEin-
greiftruppe, dynamisch und
schnell, die Marktnischen
sucht.“ So ist der Einstieg in
CAD/CAM Technologie ge-
plant. „Wir sehen uns auch als
Testlabor für große Zulieferer“,
erklärt die Chefin ihr Faible für
neue Technologien.
Beratung zweites Standbein
Inzwischen ist Iris Käuper mit
ihren Mitarbeitern in das Indu-
striegebiet Heiligenroth bei
Montabaur gezogen. Speziali-
siert ist das kleine Dentallabor
heutevor allemaufVollkeramik
bei Zahnersatz. In der Beratung
von Zahnärzten und Patienten
sieht die Zahntechnikerin ihr
zweites Standbein. „Das Ge-
spräch ist sehr wichtig. Wer sei-
nen Biss nicht ganz verlieren
will, lässt sich entsprechenden
Ersatz anfertigen.“ Der Zahn
der Zeit nagt an den Zähnen,
deshalb bewertet Iris Käuper
ihren Beruf als krisenfest.
Frauen nutzen verstärkt Chancen in der Selbstständigkeit. Im Kammerbezirk Koblenz werden derzeit
rund 13 Prozent der Handwerksbetriebe von Frauen geführt. Dies vor allem in den traditionellen Berufen
der Friseure und Schönheitspflege. Aber der Anteil, der von Frauen geführten Unternehmen z.B. imKfz-
und Baugewerbe steigt weiter an. Fest steht: Eine optimale Koordinierung von Beruf und Familie spielt
in der erfolgreichen Selbständigkeit bei Frauen eine große Rolle. Die HwK Koblenz unterstützt
Existenzgründerinnen und Unternehmerinnen durch ein umfassendes Informations-, Beratungs- und
Qualifizierungsangebot. So gibt es Hilfe bei allen Fragen der Unternehmensführung, öffentliche
Förderprogramme, Bilanzanalyse, Beratung zu Wettbewerbsrecht, Sachverständigenwesen u.v.m.
Lehrling Myriam Klein
Hörstudio S, Neuwied
Myriam Klein aus Bad Hön-
ningen wid im Hörstudio S in
Neuwied zur Hörgeräteakusti-
kerin ausgebildet. Die 19-
jährige Abiturientin hat einer
praktischen Lehre den Vor-
zug gegenüber einem Studi-
um gegeben. „Ich muss prak-
tisch arbeiten und an meinem
Beruf reizt mich die Verbin-
dung zwischen Handwerk und Medizin. Die menschliche Seite ist
mir wichtig. Vertrauen beim Kunden aufbauen und ihm bei der
Lösung seiner Probleme helfen“, sagt sie. Sie suchte mit Hilfe der
Gelben Seiten im Telefonbuch einen Betrieb und schrieb eine
Blindbewerbung. Drei Tage Praktikum im Hörstudio reichten ihr,
um sicher zu sein, die richtige Berufswahl getroffen zu haben. Die
spätere Meisterprüfung schließt die junge Frau, die Entspannung
beim Tanzen findet, nicht aus.
Ich bilde aus weil...
Auf den Zahn gefühlt
Start in die Selbständigkeit: Iris Käuper
Frauen stehen im Handwerk ihren Mann
Zahnkunst schafft
Iris Käuper mit ihren
beiden Mitarbeitern
DieUnternehmerfrauen sind die
Seele des Handwerksbetriebes.
Mit ihrem Engagement tragen
sie wesentlich zum Erfolg des
Unternehmens bei. Siemanagen
das Büro, von der Verwaltung
über dieAuftragsabwicklungbis
hin zur Kundenbetreuung. Als
Co-Pilotin sind sie unentbehr-
lich. „Im Arbeitskreis “Unter-
nehmerfrauen im Handwerk”
stehtderErfahrungsaustauschan
erster Stelle. Der Austausch mit
anderenUnternehmerfrauenhilft
bei der Bewältigung der hohen
Anforderungen beim Umgang
auchmitmöglicherweise auftre-
tenden Problemen” so Doris
Bollig, Erste Vorsitzende der
Unternehmerfrauen in Koblenz.
DerKoblenzerArbeitskreistrifft
sich regelmäßig seit 17 Jahren.
Er ist einer von 10 regionalen,
zumLandesverband zusammen-
geschlossenenArbeitskreisen in
Rheinland-Pfalz
SeeledesBetriebs
Als kritische
Rednerin ist
Angela Keul-
Göbel im Stadt-
rat bekannt.
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