Handwerk Special Nr. 81 vom 30. Mai 2001 - page 6

Die Brennstoffzelle kommt: „Kleinstkraftwerk“ der Zukunft / Expertenmeinungen
Es war eine
gute Idee...
Brennstoffzelle - das
private Kraftwerk?
Vision oder nahe Zukunft: Strom- und
Wärmeversorgung zum Nulltarif
Es ist der Traum zu Hause: Strom und Wärme kosten nichts. Der Saft
aus der Steckdose, die warme Heizung zum Nulltarif - Vison oder
greifbare Realität? Die Brennstoffzellentechnologie soll tiefgreifende
Veränderungen mit sich bringen. Sie kann ihre Vorzüge in Kombina-
tion beispielsweise mit der Solartechnologie nicht nur ökologisch
ausspielen kann, sondern auch ökonomisch. Das würde sich positiv in
der Haushaltskasse bemerkbar machen.
Elektrizität und Wärme liefert
die Brennstoffzelle, die nötige
Energie zurWasserstoffproduk-
tion die Solarzellen auf dem
Dach. So sieht eine mögliche
Lösung des „privaten Kraft-
werks“ imHaus der Zukunft aus.
Eine Kombination, an der be-
reits geforscht wird. Die Vortei-
le der einzelnen Versorgungs-
gerätewürdeneffektivergenutzt,
so bei der Solarenergie. Projek-
te, bei denen der Strom in riesi-
gen Batterien oder Warmwas-
serspeichern gesammelt wird,
setzen einen Sekundärspeicher
voraus, inklusive Energietrans-
port. Das ist mit Verlusten ver-
bunden, der Wirkungsgrad ent-
sprechend kleiner - zu Lasten
vonWirtschaftlichkeit undÖko-
logie.
Wird der Solarstrom für die
AufspaltungvonWasserinWas-
serstoff und Sauerstoff in einer
Brennstoffzelle eingesetzt, kann
der so gewonnene Wasserstoff
als Ausgansgsprodukt für den
Betrieb einer Brennstoffzelle
ohne nennenswerten Verlust in
einfachen Wasserstofftanks ge-
lagert werden. Eine Form von
Energiespreicherung, die effek-
tiv ist. Strom und Wärme in der
Brennstoffzelle können dann
leistunggerecht abgerufen wer-
den, wenn sie am stärksten be-
nötigt werden (nachts; im Win-
ter). Überschüssige Kapazitäten
könnten ins öffentliche Strom-
netz gespeist werden. Die Ver-
gütungbeträgt heute bis 99Pfen-
nig (Photovoltaik), alle anderen
Verfahren (Wind, Wasser, Bio-
masse) bis 20 Pfennig pro Kilo-
watt. EinenSchlüssel für dieEin-
speisung von Energie, gewon-
nen aus Brennstoffzellenanla-
gen, gibt es zur Zeit noch nicht.
So könnte das „private Kraftwerk“ im Haus der Zukunft in seiner Funkttionsweise aussehen (von links begin-
nend): Das Solarmodul stellt Sonnenstrom zur Gewinnung von Wasserstoff im PEM-Elektolyseur (Wasser-
Elektrolyser; Betrieb mit destilliertem Wasser und integrierten Gasspeichern für den gewonnenen Wasserstoff)
zur Verfügung. Die Brennstoffzelle liefert aus Wasserstoff und Sauerstoff (aus der Umgebungsluft) Strom und
Wärme, die dem Verbraucher - hier ein Elektromotor - zur Verfügung stehen. Der gezeigte Versuchsaufbau
liefert 0,8 Watt Leistung mit einer Arbeitsspannung von 0,4 bis 3 Volt. Kosten der Anlage: 750 Mark.
Nachgefragt bei...
Walter Anspach, Obermeis-
ter der Installateur- und
Heizungsbauer-Innung
Mittelrhein.
Wie beurteilen Sie die
Brennstoffzellen-
technologie?
Die Technologie hat Zu-
kunftspotential, allerdings
sind die Kosten momentan
noch zu hoch. Bei der Ein-
führung wird der ökologi-
sche Gedanke im Vorder-
grund stehen. Um sich
durchzusetzten, ist der
Preis danach abhängig von
der abgefragten Leis-
tungsstufe. Für ein Mehrfa-
milienhaus bedeutet das:
Liegt der Preis unter
40.000 Mark, sind die
Chancen gut.
Und bei Einfamilien-
häusern?
Hier trifft die neue Technik
wirtschaftlich gesehen auf
harte Konkurrenz, denn
moderne Heizungsanlagen
laufen bei guter Wärme-
dämmung mit einer
Leistung um 8 kW und
kosten ca. 10.000 Mark.
Wie bereitet sich das
Handwerk auf die neue
Technik vor?
Wir nutzen bereits heute
Infoveranstaltungen, holen
Meinungen von Experten
ein. Die „heiße Phase“ mit
Schulungen und Seminaren
ist noch nicht angelaufen,
doch wenn die Technik
marktreif ist, sind wir
bereit für die Technik.
Nachgefragt bei...
Ebrulf Zuber, Leiter Unter-
nehmenskommunikation
Vaillant GmbH.
Wann versorgen
Brenstoffzellen unsere
Häuser mit Wärme und
Strom?
Umfangreiche Feldversuche
starten noch in diesem Jahr.
Das sind nicht nur Tests an
der Hochtechnologie - die
funktioniert bereits zuverläs-
sig. Jede Schelle, jede
Schraube einer solchen
Anlage wird auf Herz und
Niere geprüft. Momentan
steht die Verkleinerung im
Mittelpunkt unserer Arbeit.
Marktreif ist die Anlage 2004.
Was wird Ihre Zukunfts-
heizung kosten?
Unsere Schätzung: Ab
100.000 hergestellter Geräte
um die 20.000 Mark für ein
Mehrfamilienhaus von sechs
bis 10 Parteien. Das rechnet
sich also in jedem Fall.
Welche Veränderungen
kommen auf das Hand-
werk zu?
Die handwerkliche Dimension
lässt sich allein an den
Absatzzahlen erkennen. Wir
gehen ab 2010 von einer
jährlichen Nachfrage von
100.000 Geräten aus. Die
müssen natürlich installiert
und gewartet werden. Es wird
damit ein vollkommen neuer
Markt geschaffen, nicht nur
technisch. Außerdem sind
neue Geschäftsmodelle wie
Wärmecontracting - also die
logistische Verwaltung des
Versorgungsbetriebes - auch
für Fachhandwerker denkbar.
Ich gehe von einer neuen
Situation des Energiemana-
gaments in Privathaushalten
aus. Verfahren in der Versor-
gung und Verbrauch wachsen
zusammen.
Wie sieht die Energie
versorgung der Zukunft
genau aus?
Die Brennstoffzellenheizung
lässt sich mit anderen Tech-
nologien kombinieren, so
der Solartechnik. Eine Vi-
sion: Solarstrom produziert
Wasserstoff für Brennstoff-
zellen. Die externe Versor-
gung mit Wasserstoffträgern,
so Erdgas, entfällt. Eine
neue Dimension sowohl bei
den laufenden Kosten wie
auch bei Einmalkosten - ich
denke nur an die Verlegung
von Versorgungsleitungen.
Hier kommen gravierende
Veränderungen auf uns zu.
...mein Handwerk zu er-
lernen, dass Umweltschutz
und sparsamen Umgang
mit Energie kombiniert.
Hier arbeite ich ständig mit
technischen Neuheiten.
Sascha Kopp, 18 Jahre,
Heizungsbauerlehrling bei
Heizungs-Becker, Idar-
Oberstein.
1,2,3,4,5 7,8,9,10,11,12,13,14,15,16,...22
Powered by FlippingBook