Handwerk im Winter vom 9. Dezember 2000 - page 8

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stiert. Viel Geld, das ein un-
vor-
sichtiger Schnitt jederzeit in Gefahr bringen
kann. „Das ist die Leidenschaft, die mit ei-
nem durchgeht. So ähnlich war das wohl bei
Michelangelo, wenn er einen Marmorblock
unbedingt gestalten wollte“, kommentiert
Wolf und ergänzt, es sei aber wohl gleichfalls
der Wunsch gewesen, der Nachwelt etwas
wirklich Einmaliges zu hinterlassen. Deshalb
möchte er das klassisch klar geformte, mit Flä-
chen aus Lapislazuli und Jade akzentuierte
Einzelstück am liebsten in einem Museum.
Finanzkräftige Sponsoren gesucht.
Dass er Edelsteine schleift, ist in der Region,
in der er lebt und arbeitet, alles andere als
ungewöhnlich. Kirschweiler gilt schließlich
nicht umsonst als „Schleiferdorf“, in demseit
Jahrhunderten Edelsteine geschliffen wer-
den. Ungewöhnlicher ist da schon die Größe
der Kristalle, an die sich HelmutWolf in der
Vergangenheit immer wieder heranwagte.
Transparentes
Riesenformat
Edelsteinschleifer Helmut Wolf schuf die größte Bergkristall-Vase der Welt
Seine Arbeiten brachten ihm mehrere Einträ-
ge ins „Guinness Buch der Rekorde“, so 1998
für „die Herstellung der größten Bergkristall-
Vase der Welt mit einer Höhe von 120 cm und
einem Durchmesser von 58 cm“.
Sechs Jahre zuvor hatte er den Stein entdeckt,
der ihn zu dieser monumentalen Vase inspi-
rierte, einen brasilianischen Bergkristall von
2,6 Tonnen, „das größte Stück mit der schön-
sten Struktur, das ich je gesehen hatte“. Drei
Jahre dauerte es dann noch einmal, bevorWolf,
1959, mit neunzehn Jahren jüngster Edelstein-
schleifermeister in Deutschland, 1972 mit dem
Staatspreis des Landes Rheinland-Pfalz und
1984 mit dem Deutschen Schmuck- und
Edelsteinpreis ausgezeichnet, mit der Arbeit
an „seinem“ Stein beginnen konnte. Drei Jah-
re, in denen er sich spezielle Werkzeuge kon-
struierte, einen Be-
tontisch gießen ließ.
Drei Jahre, in denen
er immer wieder mit
der Lampe in der
Hand vor dem Kris-
tall saß, seine Eigen-
heiten ergründete.
„Kristalle sind wie
die Fingerabdrücke
der Natur.“
Bevor er mit der Ar-
beit begann, hatte
Helmut Wolf bereits
664 000 Mark inve-
Die größte
Bergkristallvase der
Welt: 1,20 Meter
hoch, über 50 cm
imDurchmesser,
von Helmut Wolf
aus einem 2,6 Ton-
nen schweren brasi-
lianischen Bergkri-
stall in jahrelanger
Arbeit geschliffen
und gestaltet
Aquamarine,
Amethysten
sowie goldene
Ringe mit ed-
len Kristallen
gibt’s noch bis
zum 22. Dezember
in der Weih-nachtsausstel-
lung der
Galerie
Hand -
werk.
1375 werden erstmals Achatvorkommen im Saar-Nahe-Gebiet erwähnt. Gegen Abgabe eines
jeden dritten Zentners der gefundenen Edelsteine (bei Zuwiderhandlung drohte die Todesstrafe)
erlaubten die Herren von Oberstein, seit 1517 auch Grafen von Falkenstein, den Untertanen das
Suchen nach Achaten. 1497 wurde der Grundstein für die Weiherschleife, die bedeutendste
Edelsteinschleiferei gelegt. 1520 wurde erstmals über die Verarbeitung der Steine berichtet.
Ausführlich über die Achatgräberei am Galgenberg, Hauptfundort für schöne Achate, schreibt
erstmals der italienische Naturforscher Cosimo Alessandro Collini, Direktor des Mannheimer
Naturalienkabinetts, 1774. Die deutschen Mineralogen Leonhard und Barnstedt erwähnen vier-
zig Jahre später, dass die Gruben am Galgenberg „gleichsam drei Stockwerke“ bilden und 40
Männer mit dem Suchen nach Steinen beschäftigt seien. 1875 wurde der Abbau als nicht mehr
lohnend eingestellt; Idar Obersteiner arbeiteten bereits seit mehr als zwei Generationen in bra-
silianischen Minen, nachdem sie die dortigen Achatvorkommen 1827 entdeckt hatten, um die
Rohstoffversorgung zu Hause zu garantieren. Ein Tipp:Wer selber nach Achaten suchen möch-
te, kann dies im Besucherbergwerk des Steinkaulenbergers tun.
Ein bisschen (Kristall)-Geschichte
„Faszination Unterwasserwelt“. Vielleicht war
es ja dieses Thema, das die junge Idar-Ober-
steiner Designerin und Goldschmiedin Stefa-
nie Bingel, ihrem Sternzeichen nach Fisch, so
inspirierte, dass ihr die Jury in diesem Jahr in
den ersten Preis beim 31. Deut-
schen Schmuck- und Edelstein-
preis, der höchsten deutschenAus-
zeichnung im Schmucksektor
überhaupt, zuerkannte. Zuerkann-
te für eine als „absolut herausra-
gend“ eingestufte Arbeit, einen
„Octopus“-Ring, im tiefen Blau
des Meeres schimmernd, aus
facettenreich geschliffenem Berg-
kristall und hauchdünnem Blau-
achat gefertigt.
Das Thema habe ihr gut gefallen,
kommentierte denn auch die Preis-
trägerin, vor zwei Jahren noch
Zweite im Nachwuchswettbewerb,
ihren Sieg. Auch den dritten Preis
eroberte eine junge Schmuck-
gestalterin aus dem Bereich der
HwK Koblenz, Claudia Adam aus
Stipshausen, in den Vorjahren
schon mit einem ersten und einem zweiten
Preis bedacht.
Den zweiten Platz belegte Michael Langguth
aus Pforzheim; gleichfalls aus Pforzheim
stammen die erfolgreichen Schmuckdesigner
und Goldschmiede des Nachwuchswett-
bewerbs, ebenso maritim angehaucht mit sei-
nem Thema “Ein Tag am Meer”. Es siegte
Mirjam Hiller mit einer mehrteiligen Ring-
komposition aus Topas, Feuertopas, Peridot,
Diamanten und Perlen vor Philip Götze und
seinem doppelten Diamantfingerring mit wit-
zig angehängtem Schatzkästchen und Florian
Schmidt aus Kleinich.
Am Hauptwettbewerb beteiligten sich insge-
samt 110 Bewerber aus 16 Ländern mit 139
Arbeiten; amNachwuchswettbewerb nahmen
63 überwiegend weibliche (48!) Schmuck-
designer und Goldschmiede teil.
Maritime
Kostbarkeiten
Idar-Obersteinerin gewann 31. Deutschen
Schmuck- und Edelsteinpreis
Achtarmig wie ein Tintenfisch: der
Siegerring von Stefanie Dingel
1,2,3,4,5,6,7 9,10,11,12
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