Handwerk im Sommer vom 14. Juni 2000 - page 9

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Eine leichte Brise fasst in die
Segel und zieht das Boot sanft
über das Wasser, hinaus aus der
Bucht, auf das offene Meer -
oder wie hier - auf den offenen
Rhein...
An dem großen europäischen
Strom sind zwei Handwerksmei-
ster zu Hause, die sich dem
feuchten Element beruflich ver-
schrieben haben: Bootsbauer
Helmut Schmielkeit aus Neuwied
und Bruno Litzke aus Koblenz.
Seit
Ostern
l i e g e n
v i e l e
Boote wieder im
Wasser. Nicht nur
Segelboote, auch
Ruderboote, Mo-
torboote und Yach-
ten.
Nach längerem
Wintschlaf amUfer
haben die meisten
Bootsbesitzer ihre Boote
wieder wassertüchtig ge-
macht. Das bedeutet einige
Arbeit und professionelle Hilfe.
Aufgedockt stehen die Boote in
den Wintermonaten in großen
Hallen, gut geschützt vor den Ge-
fahren der Kälte. Schäden des
vergangenen Jahres und aus dem
Winterlager müssen behoben
werden, manch alte Technik muss
auf „neuen Kurs“ gebracht wer-
den. Dies ist die Zeit, in der die
Betriebe für Bootsbau und Boots-
bedarf alle Hände voll zu tun ha-
ben, mit Neubauten, Reparaturen
und Wartungsarbeiten.
„Gerade haben wir den Aufbau
einer Yacht komplett erneuern
müssen, da im Winterlager ein
Zwei maritime Handwerksmeister gehen im Binnenland auf große Fahrt
Baum auf das Deck gestürzt ist“, so Helmut
Schmielkeit. Nicht immer sind die Schäden
so umfassend, oft handelt es sich nur um klei-
ne Havarieschäden oder um neue Anstriche.
Auch für den Sportsegler erledigt der Boots-
bauer eine Vielzahl von Aufträgen. Vom
Bootsrumpf bis zum Mast werden die Segel-
boote bei Helmut Schmielkeit in viel Handar-
beit hergestellt oder überholt. Derzeit restau-
riert er einen Segler von 1953 – „ein wahres
Schmuckstück“, schwärmt der Handwerks-
meister. Seine Kunden kommen aus ganz
Deutschland, denn nur noch wenige beherr-
schen das Handwerk des Bootsbaus, das so
alt ist, wie die Schifffahrt selbst.
Doch
n i c h t
nur das
Boot selbst
muß im Früh-
jahr aufgearbei-
tet werden. Auch
Zubehör und Technik
dürfen nicht fehlen. Das Hand-
werksunternehmen Litzke in Koblenz-Metter-
nich steht hier dem Bootsbesitzer zur Seite.
Der Betrieb übernimmt Reparaturen an Au-
ßenbordern, Pumpen und Aggregaten. Auch
sämtliches Zubehör wieAnker, Beschläge und
Farben ist dort erhältlich. Eine besondere
Kunst besteht darin, Seile und Tauwerk be-
darfsgerecht in den entsprechenden Längen
und Größen mit Haken und Ösen zu verse-
hen. Mit wenigen, gekonnten Handgriffen
spleißt Bruno Litzke, Betriebsgründer, das Tau
auf. Die drei Kadelen (= die einzelnen Strän-
ge, aus denen das Seil geflochten ist), werden
nach dem Einarbeiten der Kausch, einer gro-
ßen Öse, wieder in das Seil eingeflochten. Be-
reits nach wenigen Schlägen hält das Flecht-
werk und kann nicht mehr aufgehen. Dirk
Müller, gelernter Maschinenbauer und Enkel
von Bruno Litzke, ist für die Technik zustän-
dig. „Jedes Jahr, wenn es wieder aufs Wasser
geht, statten viele Bootsbesitzer ihre
Boote auch mit neuen
N a v i g a -
tionsystemen,
wie GPS-Empfängern aus, die via Satellit das
Schiff auf dem richtigen Kurs halten“, so der
junge Handwerker. Die Lage im Wasser, Ge-
schwindigkeit und Richtung lassen sich mit
solchen Geräten wesentlich leichter bestim-
men, als zuvor, die Sicherheit um ein Vielfa-
ches erhöhen.
Hat der Bootsbesitzer dann sämtliche Repa-
raturen am Boot erledigt, das Zubehör über-
prüft und die Technik auf den neuesten Stand
gebracht, fehlt nur noch eins: „groß rein Schiff
machen“. Mit Eimer und Lappen wird das
Boot herausgeputzt, bis auch der letzteWinter-
mief verflogen ist. Sind dannMotor und Kühl-
schrank vollgetankt, kann es auf große Fahrt
gehen. Vor allem in den letzten Jahren tendie-
ren viele Bootsbesitzer wieder zum Urlaub an
der griechischen Küste. Aber auch die
Nord- und Ostsee sind beliebte
Fahrtziele. Bleibt derWunsch
auf dem Weg durchs
Binnenland: Im-
mer eine Hand-
voll Wasser un-
term Kiel und
allzeit gute
Fahrt...
Im
nördlichen Rheinland-Pfalz
gibt es zur Zeit
acht
selbstständige
Bootsbauermeister
. Zu ihren Aufgaben gehören Reparatur-, Wartungs- und
auch Neubauarbeiten. Dabei ist die Vielfalt der eingesetzten Werkstoffe um-
fangreich: Holz, Metall und Kunststoff sind die wichtigsten. Zum umfangrei-
chen Aufgabengebiet zählen auch die Wartung und Pflege der Bootsmotoren.
Zu Bootsbauermeister Schmielkeit (oben)
kommen Kunden aus ganz Deutschland
nach Neuwied. Maschinenbauermeister
Bruno Litzke (unten) aus Koblenz sorgt für
das Zubehör, von der handgeflochtenen Öse
bis zum Satellitennavigationsgerät.
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