Handwerkliches Bier- brauen in Bendorf
16
16. Juli 2016
www.handwerk-special.deBier: 500 Jahre Reinheitsgebot
In diesem Jahr begehen
wir das 500. Jubiläum des
ältesten Lebensmittelge-
setzes der Welt.
1516 gaben die bayerischen
HerzögeWilhelmIV. undLud-
wig X. in Ingolstadt offiziell
bekannt, dass zur Herstellung
des Bieres nur Gerste, Hopfen
undWasser verwendet werden
dürfen.DasReinheitsgebotwar
damit geboren und ist mittler-
weile in aller Welt bekannt.
Deutsches Bier ist mit rund 1,5
Milliarden Litern pro Jahr ein
Exportschlager.
Brauer mit Leib und Seele
Andreas Tschursin setzt auf alte Braukunst und moderne Technik
„Ich stehe für ein mit Herz
und Leidenschaft produ-
ziertes Bier“, so Andreas
Tschursin aus Bendorf.
Für den 50-Jährigen, der
1994 von der Wolga an
den Rhein gezogen ist,
zählt die dabei die alte
Handwerkstradition. „Ich
braue mit klassischer Gä-
rung und kalter Lagerung
und lasse dem Bier Zeit
zum Reifen“, sagt er.
Wenn seine Kunden nach dem
erstenSchluck frischGezapftem
sagen „Wow, ist das ein lecke-
res Bier“, leuchten die Augen
von Andreas Tschursin. Seit
einem Jahr betreibt er seine
„Bier-Schmiede“ in Bendorf.
Wie die Bier-Schmiede
entstand
Als der gelernte Elektromonteur
aus Russland kam, fand
er Arbeit in der
Produktion bei
Ge t r änke -
Bierbrauer
Andreas
Tschursin
braut nicht
nur ein gutes
Bier, auch
das Ambi-
ente seiner
„Bier-Schmie-
de“ ist vom
Feinsten.
Zufall lernte er einen Unterneh-
mer kennen, der Brauereien in
aller Welt baut. Sein Angebot,
ihn als technischen Übersetzter
in seine alteHeimat zubegleiten,
nahm er an. „Es war die beste
Schule meines Lebens. Ich bin
viel herum gekommen und habe
tiefe Einblicke in die Kunst des
Bierbrauens erhalten. Da habe
ich Feuer gefangen, viel Litera-
tur gelesen und den Gedanken
gefasst, es selbst zu versuchen“,
sagt er. Sein in Bendorf erwor-
benes Haus mit damals noch
verpachteter gastronomischer
Einrichtung bot die idealen
räumlichen Voraussetzungen.
2015 hat er die Braukunst für
sich neu entdeckt und hier seine
„Bier-Schmiede“ eröffnet. Der
Genießer des kühlen Blonden
vermutet nicht, welch exquisite
technische Ausstattung Andreas
TschursinzumBrauennutzt. „Ich
bineinEin-Mann-Betrieb“, lacht
er. In der inzwischen übernom-
menen Gaststätte sorgt ein Koch
für regionale deutsche Küche.
Biergenuss
ohne Reue
„Bier ist nicht gleich Bier, trotz
Reinheitsgebot. Was in das Bier
hineinkommt, ist strenggeregelt.
Aber nicht, wie es ausgeschenkt
wird“, soTschursin. SeinBier ist
naturbelassen, unfiltriert. „Koh-
lehydrate, der Vitamin B-Kom-
plex,HefeundEiweißverbleiben
imGetränk undwerden nicht für
die Haltbarmachung des Bieres
geopfert. Daraus ergibt sich der
ursprüngliche, unverfälschte
Biergeschmack“, erklärt er sein
Naturprodukt. „Bei untergä-
rigemBierwirddemSudbei acht
Grad Celsius Hefe zugesetzt.
BeimobergärigenBier geschieht
das bei 20 Grad“, weiß er. Der
untergärige Brauvorgang führt
zu langsamemGären.DerGehalt
an langkettigen Alkoholen
ist dadurch geringer.
„Vom Bier aus der
Bier-Schmiede bekommt keiner
einen schweren Kopf“, so der
Brauer. Der Sudvorgang beträgt
acht Stunden und der Gärungs-
prozess vier Wochen.
Mit30HektoliternBier imMonat
hatTschursin2015begonnen. In-
zwischen sind es 70 Hektoliter.
Die Zahl der Liebhaber des von
ihm gebrauten Bier wächst. Zu-
künftigmöchte er Restaurants in
der Umgebung beliefern. Auch
über Flaschenabfüllung, die den
Verkauf ankurbeln könnte, hat
er nachgedacht. Der Unterneh-
mer nimmt seinen beruflichen
Werdegang fest in beide Hände.
Er weiß, dass es nicht leicht ist,
sich als Einzelunternehmer auf
dem Biermarkt zu etablieren.
Aber Jammern ist seine Sache
nicht. Für ihnzählen traditionelle
Werte, Risikobereitschaft und
der Blick nach vorn!
Bier-Schmiede, Bendorf/Rhein
Gegr. 2015 | 6 Mitarbeiter | Pils, Hell- und Dunkelbier, Gasthaus, 4 Ap-
partements | Tel. 02622/ 895 46 96 |
www.bierschmiede-bendorf.deAndreas Tschursin kombiniert alte Rezepte mit hoch-
moderner Technik und arbeitet dabei mit Brauer- und
Mälzermeister Ralf Gerwert (BdB, Rhaunen) zusammen.
Kleine Biergeschichte
Die Geschichte des
Bierbrauens reicht ca.
10.000 Jahre zurück und
wurde damals in China
wie auch in der Region
südlich des Mittelmeeres
(Gebiet des „Fruchtbaren
Halbmondes“; heutiges
Syrien, Libanon, südliche
Türkei, Irak, westliches
Iran) angewandt.
Die älteste bildlichüberlieferte
Darstellung des Bierbrauens
ist ein ägyptisches Wandge-
mälde. Als älteste ägyptische
Bierstadt ist Pelusium an der
Nilmündung bekannt. Es wird
berichtet, dass fast alle Völker
der Erde schon sehr früh die
Herstellung alkoholischer
Getränke kannten.
So tranken südamerikanische
Volksstämme schon vor Jahr-
tausenden das Chica- oder
Maisbier oder die Südsee-In-
sulaner ihr Kawa-Bier, die
Ostasiaten das weit verbreitete
Resi-Bier, die Inder und Perser
das Soma- und Haoma-Bier
und die europäischen wie
auch afrikanischen Völker das
Hirsebier.
herstellern
in der Re-
gion. Per