Previous Page  21 / 24 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 21 / 24 Next Page
Page Background

Jungmeister im Porträt / Karriere im Handwerk für Studienabbrecher

21

Nr. 187

7. März 2015

www.handwerk-special.de

Guter Neustart

Vom Jurastudium zur Kfz-Ausbildung

„Stern des Handwerks“ geht nach Sinzig

Das Auge isst mit – das

gilt auch für die Gestal-

tung von Fahrzeugen, die

nicht nur Material von A

nach B transportieren,

sondern auch als rollende

Werbebotschafter ins

Auge fallen. Besonders

gute Beispiele werden als

„Sterne des Handwerks“

ausgezeichnet.

425 Handwerksbetriebe

schickten ihre werblich ge-

stalteten Firmenwagen ins

Rennen um den Titel „Stern

desHandwerks2015“.Mitdem

Wettbewerb suchte die Aktion

Modernes Handwerk e. V. –

unterstütztvonMercedes-Benz

Deutschland (Vertrieb Trans-

porter und Vans) – die krea-

tivste Fahrzeugbeschriftung

mit Vorbildfunktion für den

handwerklichenBetriebsalltag.

Ein hervorragender dritter

Platz ging ins nördlicheRhein-

land-Pfalz: „Fliesen Falkus“

aus Sinzig überzeugte mit „ih-

remreduzierten, einprägsamen

und zugleich eindeutigen

Design in Fliesen-Optik“, so

die Jury. Die große Siegesfeier

für alle Gewinner steigt am12.

März auf der Internationalen

Handwerksmesse inMünchen.

Rundum alles blitzblank

Alexander Kraus aus

Nistertal ist Gebäuder-

einigermeister. Als Be-

triebsleiter bei der Firma

Uniserve, einem Dienst-

leister im Bereich Gebäu-

demanagement, trägt der

29-Jährige Verantwortung

für 300 Mitarbeiter im

Köln/Bonner Raum.

„Nach der Fachhochschulreife

war ich bei der Bundeswehr

und habe danach bei Uniserve

in Wiesbaden eine Ausbildung

zum Bürokaufmann absolviert.

Mein Vater Dirk ist Gebäude-

reinigermeister und Geschäfts-

führer der Firma, auchmeinOpa

Karl-Heinz istGebäudereiniger.

In den Ferien habe ich ihnen oft

bei der Arbeit über die Schulter

geschaut. Bei der Berufswahl

habe ich aber zunächst das kauf-

männische Umfeld favorisiert“,

erklärt Alexander Kraus seine

Entscheidung.NachBeendigung

der Lehrzeit war er vorrangig

in der Finanzbuchhaltung im

Ausbildungsbetrieb tätig.

„Als ich gefragt wurde, ob

Interesse bestünde, an einem

zweijährigen, firmeninternen

Schulungsprogramm teilzuneh-

men und dabei alle Bereiche der

Alexander Kraus, 29 Jahre, Gebäudereinigermeister

Gebäudereinigung an verschie-

denenEinsatzortenkennenzuler-

nen,habeichdirektzugesagt.Mir

wurde dabei schnell klar, dass

Reinigung weit mehr umfasst

als das bloße Saubermachen.

Unterschiedliche Materialien

verlangen richtig dosierte und

umweltschonende Reinigungs-

mittel. Der Blick hinter die Ku-

lissenundFassaden ist spannend

undaufschlussreich“, beschreibt

erdieabwechslungsreicheArbeit

eines Gebäudereinigers.

DieOptionauf eineStelle alsBe-

triebsleiter bei Uniserve war für

Alexander Kraus an den Erwerb

des Meisterbriefs im Gebäude-

reinigerhandwerk gebunden.

„Ich habe die Herausforderung

gern angenommen“, sagt er.

Während der kaufmännische

und rechtliche Teil der Meister-

vorbereitung für ihn aufgrund

seiner Vorkenntnisse relativ gut

zu bewältigen war, erforderte

FachtheorieundFachpraxisAle-

xanderKrauseinigesab.„Ichwar

mit der Praxis weniger vertraut,

und im Meisterkurs habe ich

richtigGasgebenmüssen.Mirist

aber wichtig, die Arbeitsabläufe

an der Basis von der Pike auf zu

kennen“, betont er.

Heute hat der Jungmeister vor-

rangigadministrativeAufgaben.

Er sieht sich aber auch „als

Problemlöser im praktischen

Einsatz. Ich bin immer wieder

bei unseren überwiegend ge-

werblichen und kommunalen

Kunden amOrt, ummir ein Bild

zu machen. Das bekommt man

nicht am Schreibtisch.“

Dirk Kraus ist stolz, dass sein

Sohn Handwerksmeister ist

wie er. Und Alexander Kraus

freut sich, dass er diesen Weg

allein gefunden hat, ganz ohne

väterliche Fürsprache.

Der 29-jährige Alexander Kraus übernimmt als Gebäu-

dereinigermeister Verantwortung für 300 Mitarbeiter.

Vom Hörsaal zum Handwerk heißt ein neues Projekt der vier

rheinland-pfälzischen Handwerkskammern sowie der Kammer

des Saarlands. Es hat das Ziel, Studenten, die ihre akade-

mische Laufbahn abgebrochen haben, individuell zu vermit-

teln. Sie sollen für eine berufliche Zukunft im Handwerk in

einem von 130 Handwerksberufen gewonnen werden, die auf

einer dualen Berufsausbildung basiert. Regelmäßig stellen

wir in Handwerk Special ehemalige Studenten vor, die in einer

Handwerkslehre die lohnende berufliche Alternative gefunden

haben. Alexander Stöffler aus Burgbrohl gehört dazu.

„Ich habe relativ spät herausgefunden, dass ein Studium nach

dem Abitur nicht die richtige Wahl war“, so der 31-Jährige.

Nach der Bundeswehr studierte er zunächst drei Jahre Jura an

der Universität in Trier, wechselte dann zum Lehramtsstudium

in den Fächern Sport und Geografie. „Das Jurastudium war mir

zu trocken und beim Lehramt habe ich während der Praktika

gemerkt, dass der Umgang mit den Schülern für mich keine Le-

bensaufgabe ist.“

Durch Gespräche mit einem ehemaligen Mitschüler, der be-

geistert vom Kfz-Handwerk erzählte, bekam er Lust, in diesem

Gewerk zu schnuppern. Ein Praktikum in einer Autowerkstatt

noch während seiner Studienzeit bestärkte ihn darin, es im Hand-

werk zu versuchen. Bei Kraftfahrzeugmechanikermeister Stefan

Jeub in Niederzissen fand er nach erfolgreichem Praktikum

einen Ausbildungsplatz. „Ich habe darin auch eine Herausfor-

derung gesehen, Alexander zu bewegen, durchzuhalten. Einen

Lehrabbruch gibt es bei mir nicht. Wenn es Probleme geben

sollte, lösen wir sie gemeinsam, habe ich ihm gesagt“, so der

46-Jährige. Der Handwerksmeister ist seit 1995 selbstständig

und ein erfahrener Ausbilder. „Jeder, der es wirklich möchte, be-

kommt bei mir eine Chance. Da zählt sein bisheriger Werdegang

wenig“, sagt er. „Nicht ganz einfache Lehrlinge“ kennt er aus

der Vergangenheit.

Alexander bestand seine Probezeit ohne Probleme. Zurzeit ist er

im dritten Lehrjahr. Die Zwischenprüfung legte er als Prüfungs-

bester ab. Auf eine für ihn mögliche Verkürzung der Lehre hat er

verzichtet. Sein Studium sieht er nicht als „verlorene, sondern als

informative, lehrreiche Zeit“. „Ich habe außerdem meine Frau

kennengelernt. Inzwischen bin ich verheiratet und Vater eines

zweijährigen Sohnes. Schon für ihn lohnt es, die Ausbildung gut

zu beenden. Dann habe ich alle Möglichkeiten zur beruflichen

Fort- und Weiterbildung.“

Kfz Jeub, Niederzissen

Gegr. 1995 | 13 Mitarbeiter | freie Werkstatt, Reparaturen

Tel.: 02636/ 6670 |

inf@kfz-jeub.de

Ausbilder Stefan Jeub (links) und Alexander Stöffler,

der von der Uni in die Kfz-Werkstatt wechselte.

Prämiert: Fahrzeug-Design von „Fliesen Falkus“.