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Bäckerhandwerk pflegt bewährte Traditionen

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Nr. 185

6. Dezember 2014

www.handwerk-special.de

Wer will, kann bleiben

„Wer nach der Lehre im

Betrieb bleiben möchte,

wird übernommen“, so

Bäckermeister Rudolf

Jung aus Westerburg. Der

61-Jährige Geschäftsfüh-

rer der Mühlenbäckerei

freut sich, dass mehr als

40 junge Menschen aus

der Region sich für eine

Ausbildung in seinem

Traditionsbetrieb ent-

schieden haben.

37 Lehrlinge werden zur Fach-

verkäuferin, vier zum Bäcker,

zwei zum Konditor und eine

junge Dame zur Sytemgastro-

nomin ausgebildet. Auch Julia

Mühlenbäckerei Jung macht sich für Ausbildung stark

Mühlenbäckerei, Westerburg

Gegr. 1889 | 500 Mitarbeiter | 46 Filialen, Mahlen in eigener Mühle

Tel. 02663/ 98020 |

www.die-muehlenbaecker.de

125 Jahre Back- und mehr als 400 Jahre Mühlentradition

Die Mühlenbäcker stel-

len das gesamte Rog-

genmehl in der haus-

eigenen Mühle her.

Die Tradition reicht bis

Jahr 1610 zurück. Da-

mals nahm die Familie

das Müllerhandwerk

auf.

„Das Gebäude der Wasser-

mühle entstand 1887 als kleine

Westerwälder Handwerks-

mühle. 1989 wurde die Mühle

um eine kleine Backstube

erweitert“,erzähltRudolfJung,

der das Unternehmen in der

elften Generation leitet, aber

der erste Bäckermeister in der

Familie ist.

Im Zweiten Weltkrieg wurde

die Mühlenbäckerei kom-

plett ausgebombt und wieder

aufgebaut. Seitdem wird die

Mühle erhalten. Bis heute

sorgt dasWasserrad imKeller-

geschoss, angetrieben vom

WesterburgerMühlgraben, für

Bewegung – vom Keller bis

ins fünfte Stockwerk hinauf.

Dort mahlen die Walzenstühle

dasRoggengetreide langsamer

und schonender, als eine Indus-

triemühle. Jung erklärt, dass

die Siebmaschine im Oberge-

schossderMühlederGarantfür

die unverwechselbare Qualität

des Mehls ist. Durch 30 Siebe

gefiltert, erhält es seinenunver-

kennbaren Charakter.

„AlteTraditionen zubewahren

ist uns ebensowichtigwie neue

Wege zu gehen. Immer geht es

darum, unsere Philosophie zu

leben und den Kunden bei je-

demEinkaufneuzubegeistern“

Das Gebäude der Was-

sermühle der Backerei

Jung in Westerburg

wurde 1887 gebaut.

Miralles aus Valencia/Spanien

gehört zu den neuenBäckerlehr-

ligen. „Wir stecken viel Energie

und Herzblut in die Akquise

junger Menschen. Es ist unser

Ziel, das Image des Handwerks

zu verbessern und die Vielfalt

der Möglichkeiten im Bäcker-

handwerk aufzuzeigen“, betont

Rudolf Jung.

So besteht eine Partnerschaft

mit der Realschule plus in

Rennerod, die im Rahmen einer

InitiativederHandwerkskammer

(HwK) Koblenz, Schule und

Betriebe miteinander zu vernet-

zen, entstanden ist. Regelmäßig

werdenAusbildungsmessenund

Schulveranstaltungen genutzt,

um Schüler für das Bäcker-

handwerk zu begeistern. Ein neu

aufgelegtes und jugendgerecht

gestaltetes Faltblatt, indemauch

ehemalige Lehrlinge über ihre

beruflicheKarriere zumMeister

oder Verkaufsleiter sprechen,

liegt in allen 46 Filialen aus und

wird verteilt.

Ein sogenanntes Speed-Dating

wurde im Berufsinformations-

zentrum in Montabaur organi-

siert. Jeder, der Interesse an der

Mühlenbäckerei hat, konnte

spontan vorbeischauen und

sich vorstellen. „Wir müssen

zu den Jugendlichen gehen und

ihnen vielfältige Informations-

möglichkeiten bieten, wenn sie

nicht zu uns kommen“, sagt der

Bäckermeister.

Auf seiner Einstellung basiert

auch die Gründung der Müh-

lenbäckerfilialen. „Das Kauf-

verhalten der Menschen hat

sich über die Jahre verändert.

Sie besorgen ihre Backwaren,

wo sie arbeiten und nehmen sie

mit nach Hause. Das bedeutet

für uns, zu den Menschen zu

gehen und präsent sein.“ Der

Verkaufsstände der Mühlenbä-

ckerei in Supermärkten florie-

ren. Jung setzt zusätzlich auf

eine „Wohlfühlatmosphäre“ in

den sogenannten „Backwerk-

stätten“. Dort wird an Ort und

Stelle gebacken. Man kann den

Mühlenbäckernbei ihremHand-

werk zusehen und beobachten,

wie ein Brot gewirkt, geformt

und gebacken wird. Das Kon-

zept beinhaltet darüber hinaus,

hausgemache Köstlichkeiten

in ansprechendem Ambiente

zu genießen. Im Angebot sind

ein reichhaltiges Frühstücksan-

gebot, leckere Mittagssnacks,

Pizza, Pasta, Kaffee undKuchen

–bishinzumAbendbrotangebot.

Wichtig ist Rudolf Jung die

regionaleVerbundenheit. „Mein

Stück Heimat“ heißt der Slogan,

der jedem Kunden der Müh-

lenbäckerei verdeutlicht: Hier

wird mit ausgewählten Natur

belassenen Zutaten nach her-

kömmlicherTraditiongebacken.

Getreide und Obst, Eier und

Milch kommen direkt vomBau-

ern aus derRegion. „JedesHaus-

macherMühlenbrotwirdvonder

Hand eines Mühlenbäckers aus

dem Teigkessel gehoben. Jeder

Mühlenlaib mit dem Mehlsieb

bestäubt“, so Jung. Er betont,

dass die Mühlenbäckerei trotz

ihrer 500 Mitarbeiter ein „fami-

liengeführtes Unternehmen“ ist,

indemmit „WesterwälderHerz-

lichkeit“ und „handwerklichem

Stolz“ gebacken wird.

Mehr als 40 junge Leute bildet die Mühlenbäckerei in Berufen rund um das Nah-

rungsmittelhandwerk aus. Wer die Lehre schafft, wird übernommen.

Rudolf Jung (2. von links) mit seinen Schützlingen.

Mit dabei: Die Spanierin Julia Miralles Raja (rechts),

die ebenfalls in der Mühlenbäckerei ausgebildet wird.

Bestes Getreide, das in der hauseigenen Mühle verar-

beitet wird, ist Markenzeichen der Mühlenbäckerei.