Handwerk Special Nr. 172 vom 31. August 2013 - page 5

Informationen zum
deutsch-spanischen
Ausbildungsprojekt der
HwK Koblenz, Tel.: 0261/
398-301, Fax: -989, E-Mail:
Wirtschaftsgeschehen und Wirtschaftsgeschichte
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Nr. 172
31. August 2013
Rein ins
Werkstattleben!
Wie sehen die kleinen
und größeren Probleme
einer Bäckerei in der
Stadt Koblenz aus, wel-
che Wünsche tragen
Handwerksbetriebe an die
Kommunalpolitik heran
und wie gestaltet sich das
alltägliche Werkstattleben
im Schatten des Rat-
hauses?
Mit ihrer Visite in Handwerks-
betrieben, die im Stadtgebiet
von Koblenz seit Jahren und
Jahrzehnten zu Hause sind,
haben sich Mitglieder des Wirt-
schaftsförderungsausschusses
der Stadt mit Bürgermeisterin
Marie-Theres Hammes-Rosen-
stein an der Spitze und begleitet
durch Experten der Handwerks-
kammer (HwK)Koblenz vorOrt
und aus erster Hand informiert.
HwK-Hauptgeschäftsführer
Alexander Baden tauschte sich
imRahmen der Betriebsbesuche
mit den Kommunalpolitikern
über aktuelle Entwicklungen
Koblenzer Wirtschaftsförderer informieren sich aus erster Hand
„Toter Mann“ lebt seit 1865
„Totgesagte leben länger,
heißt ein Sprichwort und
in der Tat scheint dies für
unseren Betrieb zuzutref-
fen“, lacht Bäckermeister
Günter Geisbüsch aus
Mayen. Immerhin wurden
Backstube und Caferaum
am historischen Brücken-
tor bereits 1868 gegrün-
det und sind noch immer
in Familienhand.
Unter den Stammgästen ist das
Brücken Cafe auch als „Toter
Mann“bekannt.DenBezugstellt
Geisbüschmiteinerüberlieferten
Geschichte her. „Mein Urgroß-
vater und Firmengründer wurde
EndedesvorletztenJahrhunderts
im Krieg bei einer Aufklärung
vermisst. Als er nach einigen
Tagenwieder auftauchte undder
Kompaniechef rief, da kommt ja
unsertoterMann,hörtendasauch
einige anwesende Mayener. So
wurde der Spitzname geboren.“
Zusammen mit seinem Sohn
Thomas, der es sowohl im
Bäcker- als auch im Kondito-
renhandwerk zur Meisterschaft
Familie Geisbüsch ist seit 148 Jahren Chef im Mayener Brücken Cafe
Steckbrief: Brücken Cafe, Mayen
Gegr. 1868 | 9 Mitarbeiter | Bäckerei, Verkauf, Cafe | Tel.:
02651/ 2609 |
gebrachthat,führterdasBrücken
Cafe. Seit 148 Jahren tragen die
Inhaber den Namen Geisbüsch,
weil immer der Vater nicht
nur die Liebe zum Handwerk,
sondern auch den Betrieb an
den Sohn weitergegeben hat.
„Natürlich hat sich im Laufe
der Jahre einiges getan. Wir
haben die Backstube und das
Bäcker- und Konditorenfamilie mit viel Tradition (v.l.): Thomas,
Felix, Günter und Margit Geisbüsch.
Cafe mehrfach modernisiert,
Außenbestuhlung kam dazu“,
so Thomas Geisbüsch.
Backen mit
Herz und Hand
Der 46-Jährige betont, dass
in der Bäckerei nach wie vor
alles von Hand gemacht wird,
vomAbwiegen über die
Teigherstellung bis zum
Backen. „Wir arbeiten
sehr traditionsverbun-
den, verwenden keine
Fertigprodukte, sondern
kochen Pudding und
Creme selbst. Brötchen
und Teilchen werden
gedreht und geschnit-
ten. Immer fließt etwas
Herzblut ein. Unsere
Philosophie lautet, die
Ware läuft nicht vom
Band, wir backen noch
mitHerzundHand.Viel-
leicht ist darin unser Er-
folgbegründet“,bekennt
er. Die Rezepturen sind
überliefert und werden
von Generation zu Ge-
neration verfeinert und
auchdurchKundenemp-
fehlungen angepasst.
Familie zieht
an einem Strang
„In einem Familienbetrieb
funktioniert es nur, wenn alle an
einemStrang ziehen und private
Interessenauchmalhintenanste-
hen. Das habenwir verinnerlicht
und leben danach“, betont der
Juniorchef. SeineMutter Margit
undEhefrauAnjamanagenCafé
und Verkauf. Bei kleinen Feiern
wie Geburtstagen, Taufen oder
Jubiläen kommen zusätzlich
Aushilfen zumEinsatz. Thomas
und Günter Geisbüsch wirken
in der Backstube, der Senior
auch im Büro. Fünf Lehrlinge
ergänzen das Team.
Von montags bis sonntags sind
die Geisbüschs für ihre Kunden
da. „Das klassischeCafevon frü-
her,indemKaffeegetrunkenund
Kuchen gegessen wird, hat sich
überholt.KleineSnacks, Suppen
und Salate werden nicht nur zur
Mittagszeit gewünscht“, weiß
der Handwerksmeister. Auch
hier wird auf Marke Eigenbau
gesetzt und alles frisch zuberei-
tet. Lange Wege entfallen, alles
kommtausBackstubeundKüche
direkt auf den Tisch. Und dass
die Chefs mit ihren Gästen auch
gern mal über die großen und
kleinen Geschehnisse in Mayen
und darüber hinaus plaudern, ist
keine Seltenheit. Manchmal fla-
ckert dann auch die Geschichte
vom „Toten Mann“ wieder auf.
rund um das mittelständische
Wirtschaftslebenausundvermit-
telte ein Gesamtbild Handwerk.
Die Betriebsinhaber nutzten
das Besuchsprogramm, um
ihre Leistungen gegenüber sehr
interessiertenAusschussmitglie-
dern darzustellen, aber auch, um
sich zu gemeinsam gestaltbaren
Rahmenbedingungen auszutau-
schen. Themen wie Betriebser-
weiterungen mit Bauplanung,
städtische Verordnungen oder
ParkmöglichkeitenfürHandwer-
ker und ihre Kunden standen im
Mittelpunkt, verbunden mit der
Kernaussage: Wir fühlen uns
wohl in Koblenz und wollen
unseren Beitrag zur weiteren
Entwicklung des Standortes
leisten.
Dass Handwerk dabei kreativ,
innovativ, überregional und
kundenorientiert agiert, wurde
beim Blick in die Liste der
Auftraggeber klar: Die Rhein-
Mosel-Stadt ist nicht nur Ziel
vieler Touristen, sondern auch
namhafter Weltkonzerne, die
PartnervonHandwerksbetrieben
rund ums Deutsche Eck sind.
Das gilt Gewerke übergreifend
und schließt die Gesundheits-
erzeugnisse eines Orthopädie-
fachbetriebes (Sanitätshaus
Thönnissen) genauso ein, wie
die Veredelung von Drucker-
zeugnissen in einemklassischen
Siebdruckunternehmen (Kreye
Siebdruck). Das macht Appetit
aufmehr ... wörtlich zunehmen
inderBäckereiHoefer, die eben-
falls für die Gruppe offen stand.
Die Wirtschaftsförderer der Stadt Koblenz und HwK-Experten beim Er-
fahrungsaustausch mit dem Handwerk – hier in der Bäckerei Hoefer.
Fortsetzung von Seite 4
„Wir danken allen für die Unter-
stützung, besonders den Mitar-
beitern der Handwerkskammer,
den Projektpartnern und natür-
lich unseren Ausbildungsbe-
trieben“, fassen die Lehrlinge
Francisco Sanz Soler, Anton
Roumenov und David Garcia
Roqueta für die Gruppe der spa-
nischen Lehrlinge zusammen.
Sie werden zu Kfz-Mechatroni-
kern, Elektronikern, Tischlern
und Anlagenmechanikern für
SHK-Technik ausgebildet. „Un-
ser internationalesAusbildungs-
projekt nutzt beidenSeiten inder
Fachkräftesicherung“, betonen
Werner Wittlich und Alexander
Baden, was Botschafter Pablo
Garcia-Berdoy ergänzt: „Spani-
eninsgesamtprofitiertdavonund
wird einen Beitrag zur Stabilität
in Europa leisten können. Dem
Projekt kommt eine Bedeutung
zu, dessen Tragweite wir heute
noch gar nicht abschätzen kön-
nen. Es ist wirklich ein guter Tag
für Europa!“
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