Handwerk Special Nr. 171 vom 29. Juni 2013 - page 15

Restaurierung und Denkmalpflege im Handwerk
15
Nr. 171
29. Juni 2013
HwK in EU-Partnerschaftsprojekt
Seit 2008 ist die Hand-
werkskammer Koblenz
Projektkoordinator einer
Leonardo da Vinci-Part-
nerschaft, die im Rahmen
eines EU-Programmes
ausgeschrieben wurde.
Themenschwerpunkt der Part-
nerschaft ist die Restaurierung
im Gold- und Silberschmie-
dehandwerk (weitere Infos
unter
de). In ihrem Zentrum für
Restaurierung und Denkmal-
pflege in Herrstein bietet die
HwKKoblenz die Fortbildung
„Restaurator im Gold- und
Silberschmiedehandwerk“
an, die wieder am 26. Januar
2014 startet. Einmal imMonat
erfolgt von Sonntag bis Don-
nerstagderBlockunterrichtvon
8.30 bis 17 Uhr.
Infos und Anmeldung, Tel.:
06785/ 9731-761, Fax: -769,
E-Mail:
Internet:
de/restaurierung
Restaurieren ist eine Philosophie
Wer die Werkstatt des Tie-
fensteiner Restaurators
Paul-Markus Déus betritt,
dem geht das Herz auf.
Alle Sinne sind gefangen
von einer ganz besonde-
ren Atmosphäre. Es duftet
nach ätherischen Ölen
und exotischen Hölzern.
Man weiß nicht, wo man zuerst
hinschauen soll. Es gibt keinen
Platz, kein Regal, keinen Tisch,
auf demnicht etwas steht: Histo-
rische Kommoden, Uhren, Bil-
derrahmen, in dessenGlanzman
sich spiegelt, ein Schaukelpferd
aus Jahrzehnte zurück liegenden
Kindertagen, ein altes Radio
und selbst das Motorrad, eine
MV Augusta, die Déus selbst
gefahren ist, hat hier einen Dau-
erparkplatzgefunden.DieAugen
können sich nicht satt sehen an
denvielenMöbelnundRaritäten
aus vergangenenZeiten. Überall
im Raum ist ein Hauch von Ge-
schichte zu spüren.
Restaurator aus
Leidenschaft
Seine Liebe zu den schönen,
altenDingen,seineLeidenschaft,
Altes zu erhalten und Neues zu
gestalten, hat Paul-MarkusDéus
zu seinem Motto und zu seinem
Berufgemacht.EristRestaurator
ausLeidenschaft, einbegnadeter
dazu. Maschinen sucht man in
seinem Refugium vergebens.
Der Restaurator ist Handwerker
imSinne desWortes. Alte Tech-
niken, wie Vergolden, Furnier-
Kerbschnitzen, Schellackpolitur
oderOrnamentikerlebenbei ihm
eineRenaissance. Dann ist Paul-
Markus Déus ganz bei sich und
mit Eifer und Herzblut bei der
Arbeit. „Was insAugegeht, trifft
meist auch ins Herz“, sagt er.
Werteerhaltung und
Veredlung
Die Sammelleidenschaft hat
Déus von seinem Opa und Va-
ter geerbt. Er ist fasziniert von
scheinbarvergessenenSchätzen,
die, könnten sie sprechen, viel zu
erzählen hätten. Er stöbert auf
Flohmärkten, entdeckt sie auf
den Dachböden bei Menschen,
die ihn daraufhin ansprechen.
Diese aufzuarbeiten und ihnen
neuen Glanz zu geben, treibt ihn
Paul-Markus Déus lebt und arbeitet nach seinen Idealen
Steckbrief: Paul-Markus Déus, Tiefenstein
Gegr. 1994 | Restaurierung, Denkmalpflege | Tel.: 06781/ 35078 |
an. Man trifft ihn aber auch in
derNatur, wo erHolzfundstücke
mitnimmt und sie später mit
Opalen, Achaten oder Blattgold
veredelt. Sein Können hat sich
herum gesprochen und er ver-
dient seinenLebensunterhaltmit
der Restaurierung und Konser-
vierunghistorischerKunstschät-
ze sowie der Gestaltung seiner
Findlinge. Er gibt ihnen Namen,
so erinnert dieWurzelmit einem
KristallandasSchwertExcalibur
aus der Artus-Sage.
„Früher oder später stellt sich
jeder die Frage, wie er leben
muss, um glücklich zu sein, und
ich mache das, was ich immer
machen wollte“, sagt Déus. Wer
den 49-jährigen passionierten
Handwerksmeister kennt, ist
sicher, dass er seine Ideale
verwirklicht und nicht nur die
Liebe zu seinem Handwerk,
sondern auch seine Sicht auf
die Dinge der Welt weitergibt.
Berufs-undLebenserfahrunghat
er genügend gesammelt, wie ein
Blick in seine Vita belegt.
Lehrjahre im
In- und Ausland
Nach der Gesellenprüfung,
Bundeswehr und der Arbeit
in einer renommierten Res­
taurierungswerkstatt legte er
1989 die Meisterprüfung im
Tischlerhandwerk ab. Über ein
StipendiumkamernachVenedig
an das Europäische Ausbil-
dungszentrum für Handwerker
im Denkmalschutz. Zurück
in Deutschland, qualifizierte
er sich zum „Restaurator im
Tischlerhandwerk“. Es folgten
Fortbildungsstationen in Paris
und Windhoek/Namibia. Hier
fertigte er für das Staatsmuseum
die erste Dokumentation der hi-
storischen deutschen Möbel an.
Wieder in der Heimat, machte
er sich 1994 selbstständig. Seit
1998 ist er Dozent im Zentrum
fürRestaurierungundDenkmal-
pflege der Handwerkskammer
Koblenz. Die Restaurierungs-
seminare liegen ihm besonders
am Herzen. „Es lohnt sich, zu-
sammenmit denTeilnehmern zu
restaurierende Objekte aus den
verschiedenen Blickwinkeln zu
betrachtenundzudiskutieren.So
eröffnet sich oft eine völlig neue
Sichtweise“, sagt der Fachmann.
In Moskau hat er sich auch in
der Restaurierung von Ikonen
weitergebildet.
Altes erhalten und
neu gestalten
JüngstesObjekt inderRestaurie-
rungswerkstatt ist eine englische
Standuhr aus dem 18. Jahrhun-
dert.Hier arbeitetDéusGewerke
übergreifend. Er nimmt sich
nicht nur der Schellackpolitur
des Gehäuses sondern auch des
Uhrwerkes an. Jeder Arbeits-
schritt wird dokumentiert. Einer
seiner jüngstenAufträgewar die
an einer Birkenfelder Schule
wiederentdeckte Eichenholzta-
fel aus dem Ersten Weltkrieg
zu Ehren der Gefallenen des
Landsturm-Bataillons Saarbrü-
cken-Oldenburg-Birkenfeld. Sie
bestehtausviereinzelnenBalken
und jeder der in das kunstvoll
geschnitzte Holz getriebenen
Nägel steht für eine Spende. Die
Gitterstäbe symbolisieren den
Schutz vor der selbstlosen Op-
ferbereitschaft,inderenGeistdie
Tafel geschaffen wurde. Auch
derrestaurierte,einzigeerhaltene
historische Holzerker am 1838
erbautenStadthaus inBirkenfeld
trägt seine Handschrift. „Durch
Haarrisse in der Farbschicht war
Feuchtigkeit in das Eichenholz
gedrungen, die die barocken
Füllungen des Erkers verrotten
ließ“, erinnert sich Déus an den
anspruchsvollen Auftrag.
Ob Vergol-
den oder
Furnier-Kerb-
schnitzen, ob
Holzmöbel
– wie ein
Schaukel-
pferd – oder
historische
Lampen, bei
Paul-Markus
Déus ist alles
in besten
Händen.
Eine Novität des vielseitigen
Restaurators sind verfremdete
Fotografien, die mit eingearbei-
teten Edelsteinen oder Spiegeln
einen verblüffenden Effekt bie-
ten. Weil er seine Freude gern
mit anderen Menschen teilen
möchte, träumt Paul-Markus
Déus von einem Museums-
Café. Er möchte es zusammen
mit seiner Lebensgefährtin, der
Schmuck-Designerin Kristina
Boneva betreiben.
„Es soll kein gewöhnliches Café
sein, sondern ein Ort der Begeg-
nung,andemdieLeute,umgeben
von skurrilen und ungewöhn-
lichem Inventar, vom Alltag
abschalten und durchatmen
können“, erklärt er die Idee.
Restau-
rierungs-
arbeiten
an einem
Wappen mit
Vergoldungs-
arbeiten.
Paul-Markus Deus lebt die
Achtung vor historischen
Stücken und der Arbeit,
die in sie investiert wurde,
vor. Dabei ist nicht nur der
Handwerker gefragt, son-
dern auch der Mensch mit
Seele.
... für Tischler, Zimme-
rer, Maler und Lackierer,
Maurer und Betonbauer.
Fachübergreifender Teil ab
24.10.2013, do-sa, alle 2
Wochen; fachspezifischer
Teil ab 09.01.2014.
Infos & Anmeldung beim
Zentrum für Restaurierung
und Denkmalpflege:
E-Mail:
Fortbildung
Restaurator imHandwerk
Tel.: 06785/ 9731-761
1...,4,5,6,7,8,9,10,11,12-13,14 16,17,18,19,20,21,22,23,24
Powered by FlippingBook