Handwerk Special Nr. 154 vom 2. November 2011 - page 12-13

Derzeit ist die mittelalterliche Burg
Eltz hinter hohen Gerüsten verborgen.
Doch schon bald wird sie in neuem
Glanz erstrahlen – dank vieler fleißiger
Handwerksbetriebe.
Schönheitskur für die Burg Eltz: Umfangreiche Sanierungen
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Nr. 154
2. November 2011
Die besondere Baustelle: Modernisierungsarbeiten an Burg Eltz
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Nr. 154
2. November 2011
Märchenburg bekommt ein neues Gewand
„Wichtiger Aspekt der Restaurierungsarbeiten an einem Denkmal ist das
Ineinandergreifen von Denkmalpflege und Handwerk“, betont Stefan Ritzen-
hofen, Kastellan der Burg Eltz, einer der schönsten mittelalterlichen Wohn-
burgen. Der gelernte Schmied verwaltet die Burg. Versteckt im Elzbachtal, in
traumhafter Lage zwischen Koblenz und Cochem, thront sie in unberührter
Natur. Hausherr des nationalen Kulturdenkmals, das über das Jahr rund
250.000 Besucher empfängt, ist Dr. Karl Graf von und zu Eltz.
Burg Eltz im malerischen Elzbachtal wird restauriert und saniert – Handwerk und Denkmalpflege greifen ineinander
Gut (ein-)geheizt
Die energetische Sanierung der vorhandenen Heizungsanlage lag in
denHänden vonGas- undWasserinstallateur- und Zentralheizungs-
und Lüftungsbauermeister Gerd Köhl aus Münstermaifeld.
Der Obermeister der
Installateur- und Hei-
zungsbauer-Innung
Maye­n ist seit 27 Jahren
mit Wartungsarbeiten
auf der Burg beschäf-
tigt und weiß, dass
Sanierungsarbeiten im
alten Gemäuer andere
Überlegungenerfordern
als die ineinemNeubau.
So könnenWanddurch-
führungen nur in Ab-
sprache mit Statikern
und Denkmalpflegern
hergestellt werden, um
keineWandmalereienzu
zerstören.
Auch die Heizungsanlage
der Burg wurde saniert.
„Mittelalterliche Putze, Wände undGewölbe erschweren die Arbei-
ten“, sagt er. Die bereits vor einigen Jahren aufGasbrennwerttechnik
umgebaute Heizzentrale wurde mit Hocheffizienz-Umweltpumpen
ausgestattet. Die Isolierung der Rohrleitung erfolgte nach den
neusten Energieeinsparverordnungen. Köhl erklärt, dass lediglich
30 Prozent der Burg beheizt sind. Auch die Wartung der eigenen
Trinkwasserversorgung der Burg erfolgt durch das zehnköpfige
Team um Meister Köhl. Der Weltmeister im Sportkegeln führt den
1952 gegründeten Betrieb in der zweiten Generation.
Fachwerk der Burg mit Fachwissen instand gesetzt
Die Bauunternehmung Franken aus Bendorf führt die Lehm-
bauarbeiten an den Fachwerktürmen der Bereiche Platt Eltz,
Kempenich, Groß-Rodendorf in einemUmfang von 450 Quadrat-
metern aus. „Unsere Aufgabe besteht darin, die Gefache an den
Turmaufbauten neu auszubilden. Das Ausmauern des Fachwerks
erfolgte mit Leichtlehmsteinen und Leichtlehmmauermörtel“,
so Geschäftsführer und Diplom-Ingenieur Rainer Franken. Der
Restaurator im Maurerhandwerk ist Mitglied im Arbeitskreis
„Denkmalpflege“, den die Handwerkskammer Koblenz 1996 ins
Leben gerufen hat.
„Die Herausforderung bei der Burg Eltz ist auch für unser Team
die Logistik. Da der Touristenbesuch während der Bauphase
aufrecht erhalten wird, ist sowohl die Anfahrt als auch die Ma-
terialanlieferung nur über einen fünf Kilometer langen Forstweg
möglich. Die Lagerflächen befinden sich unterhalb der Burg und
sind sehr begrenzt. Von dort wird das Material mit einem bauseits
gestellten Kran auf die von uns zu bearbeitenden Bereiche in rund
40 bis 50m Höhe gefördert. Hier gilt, soviel Material wie nötig,
sowenig wie möglich vorhalten, da das Gerüst nur begrenzt Platz
bietet“, so Franken.
Eine zweite Herausforderung stellte für Franken und seine Mitar-
beiter der Zeitrahmen für die Ausführung der Arbeiten dar. Er ist
zumeinen ausKostengründen, zumanderen ausWitterungsgründen
sehr begrenzt. Bei den hier verwendeten Baustoffen handelt es
sich um Naturbaustoffe (Lehm und Kalk), die eines besonderen
Witterungsschutzes bedürfen. Das heißt, sie sind vor Kälte, Hitze
und Wind zu schützen. Da sich die von der Firma Franken zu be-
arbeitenden Flächen in schwindelerregenden Höhen befinden, sind
diese exponierten Flächen vollends der Witterung ausgesetzt. Dies
beansprucht Material undMensch gleichermaßen. „Es ist sicherlich
nichtschwierigsichvorzustellen,welcherAufwandbetriebenwerden
muss, um zum Beispiel die mit Jutegewebe abgehängten Flächen
zu befeuchten“, erklärt Franken.
„Es erfordert Können und Flexibilität, gibt aber auch ein stolzes Ge-
fühl, historischenGebäudenneuenGlanz zugeben.“Er ist überzeugt,
In luftiger Höhe wurden die Ge-
fache der Turmaufbauten neu
ausgemauert.
Foto: privat
Foto: privat
Gut (ein-)gefenstert
Diplom-Ingenieur Karl-Heinz Hannus, Geschäftsführer und Inhaber der
Firma „SHS Naturstein“ in Mayen, und sein Team restaurierten etwa 80
der historischen Fensterumrahmungen aus rotemSandstein undBasaltlava
andenHäusernKempenich, Klein- undGroßRodendorf ander Südostseite
der Burg. Hannus verweist auf die „spröde Schönheit der Basaltlava“,
deren Bearbeitung und Restaurierung „viel Feingefühl“ erfordert. „Fens­
tergewände, Stürze und Fensterbänke mussten in Teilen aus- und wieder
eingebaut werden, ohne die historische Bausubstanz zu verletzen. Ohne
Fingerspitzengefühl geht da nichts.“
Der 61-Jährige führt das 1999
gegründete Unternehmen mit 25
Mitarbeitern seit 2004 alleine,
verfügtaberübermehrals30Jahre
Berufserfahrung. „Die Beschäf-
tigung mit Steinen liegt bei uns
in der Familie. Mein Großvater
Jakob hat in Mayen bereits eine
Grube betrieben und auch mein
Vater hatte ‚Naturstein im Blut’,
lacht er.
Auch die Fensterumrah-
mungen werden erneuert.
Foto: privat
Hannus erzählt, dass während der Steinmetz- und Restaurierungsarbeiten
an der Burg ein Großteil der Fensterumrahmungen in Absprache mit
dem Amt für Denkmalpflege mit „Vernadelungen“ aus Edelstahl statisch
gesichert werden musste. Offene Risse wurden kraftschlüssig verpresst,
offene Fugen mit speziellem Trasskalkmörtel wieder verschlossen. „Es
ist immer ein gutes Gefühl bei der Erhaltung historischer Bauwerke mit-
zuwirken“, betont Hannus.
Derzeit wird die Mehrzahl
der Häuser der Märchenburg,
deren gesamte Baugeschichte
einen Zeitraum von 500 Jahren
umfasst, aufwendig saniert.
Fast zwei Millionen Euro erhält
die Burg aus dem Konjunktur-
programm des Bundes. Eine
vergleichbare Summe gibt die
Landesregierung von Rhein-
land-Pfalz dazu, einen kleineren
Betrag die Deutsche Stiftung
Denkmalschutz. Handwerk
Special hat fünf Handwerks-
Steckbrief: SHS Naturstein, Mayen
Gegr.1999 | 25 Mitarbeiter | Steinmetz- und Steinbildhauerarbeiten, Sa-
nierung und Restaurierung | Tel.: 02651/ 9644-0 |
dassdieSchwerpunkteseines
Unternehmens, Sanierung,
Umbau und Maurerarbeiten
in der Denkmalpflege, zu
den Bereichen mit starker
Nachfragezählen.DerErfolg
gibt Franken, der den 1964
gegründeten Betrieb 1994
von seinem Vater, Maurer-
meister Hans-Peter Franken
übernommen hat recht. Er
ist heute Chef von 77 Mit-
arbeitern, darunter dreizehn
Lehrlinge.
Steckbrief: Franken Bau GmbH, Bendorf
Gegr. 1964 | 77 Mitarb. (13 Lehrlinge) | Bauen im Bestand, Denkmal-
pflege, Sanierung | Tel.: 02622/ 989831-0 |
unternehmen aus der Region
Mittelrhein vor Ort getroffen
und mit ihnen über ihre Arbeit
an der BurgEltz gesprochen. Sie
tragen so entscheidend dazu bei,
Vergangenes für die Zukunft zu
bewahren.
Gut (ein-)gerüstet
„DieBurgEltzwurdemitmehrals120TonnenRaum-undFassadengerüsten
eingekleidet. Aufgrundder beengtenPlatzverhältnissemusste dasMaterial
imTal gelagertwerden.Die benötigtenMaterialienwurdendannvon einem
Turmdrehkran auf das Gerüst gesetzt“, so Gerüstbauermeister Bernard
Meyer. Der Diplom-Ingenieur ist Mitarbeiter bei Gerüstbau Schmiedt in
Kattenes und leitet die notwendigen Arbeiten an der Burg.
„Die Volleinrüstung mit einem zwei Meter tiefen Standgerüst war eine
logistisch anspruchsvolle Aufgabe“, erinnert er sich. „Das Gerüst musste
inTeilbereichen auf schrägen Felswänden gegründet werden. Es gab kaum
gerade Flächen. Viele Stände wurden einzeln aufgebaut und miteinander
verbunden.“ Meyer verweist auf die Gitterträgerbrücken wie über dem
Kapellendach, wo bis zu 12 Meter in 26 Metern Höhe überbrückt werden
mussten. Um das historische Mauerwerk nicht zu beschädigen, musste
teilweise das Gerüst freistehend aufgebaut werden, wozu diese Sonder-
Aufbaukonstruktionen extra entwickelt wurden.
Den 1986 von Gerüstbauermeister Willi Schmiedt gegründeten Betrieb
leitet dieser heute gemeinsammit SohnChristian, der seineMeisterprüfung
als Jahrgangsbester abschloss und Mitte der 90er Jahre in den Betrieb
eintrat. Die Firma verfügt über sehr große Erfahrungen im Gerüstbau an
Denkmälern. So wurden unter anderem die Festung Ehrenbreitstein, die
Marksburg, die Burg Schwalbach und viele andere denkmalgeschützte
Bauwerke fachkundig für weitere bauliche Maßnahmen vorbereitet.
30 Mitarbeiter, darunter zwei Lehrlinge, drei Meister und ein Statiker
bilden das Team. Der Fuhrpark ist überwiegend mit mobilen Kränen,
Teleskopstaplern, Aufzügen, Arbeitsbühnen und Fassadenbefahranlagen
ausgerüstet, dadurch ist auch der direkte Transport zu unwegsamen Bau-
stellen gewährleistet.
Steckbrief: Gerüstbau Schmiedt, Löf/Kattenes
Gegr. 1986 | 30 Mitarb. (3 Meister, 2 Lehrlinge) | Spezial-, Gerüstbau,
Vermietung, Verleih | Tel.: 02605/ 678 |
Gut (ein-)gedeckt
Die Burgdächer fachgerecht eingedeckt haben die Firmen Harald
Handwerk Dachbau aus Hillesheim und Weiler Bedachung aus
Polch. „Die Burg Eltz besteht aus fünf Burghäusern mit den Namen
Rübenach, GroßRodendorf, KleinRodendorf, Kempenich und Platt
Eltz sowie kleineren Remisen außerhalb der Burgmauern. Die von
uns sanierten Gebäude Klein und Groß Rodendorf sowie Kempe-
nich haben eine Gesamtdachfläche von ca. 1.500 Quadratmeter,
die überwiegend aus Kleinflächen, Turmflächen und Dachgauben
bestehen“, erklärt Harald Handwerk.
„Alleine dieGerüststellung erforderte einenwochenlangenVorlauf,
bis die ersten Dachflächen erreicht und mit einem 75 Meter hohen
und70MeterausladendenTurmdrehkranbeschicktwerdenkonnten“,
erinnert er sich. Dachdeckermeis­ter Gerd Weiler verweist darauf,
dass „die altdeutscheMoselschieferdeckung in engerAbsprachemit
der Denkmalpflege und demGrafen erfolgte“. „Es war eine fachlich
hochinteressante Aufgabe, die acht Monate inAnspruch genommen
hat“, so Weiler. Der Bundessieger im Leistungswettbewerb des
DeutschenHandwerks von1980 führt denvor 55 Jahrengegründeten
Betrieb mit zehn Mitarbeitern in zweiter Generation.
„In den vergangenen Jahren wurden bereits 500 Quadratmeter
Schiefer imGewirr und Gezipfel der steilen Dächer neu eingedeckt.
Dass alle Dachflächen nach und nach erneuert werden müssen lag
nicht daran, dass der 400 Millionen Jahre alte Originalschiefer un-
dicht oder bröselig wurde, sondern daran, dass die Nägel rosteten“,
ergänzt Kastellan Stefan Ritzenhofen.
Steckbrief: Bedachungsgeschäft Weiler, Polch
Gegr. 1956 | 10 Mitarbeiter (3 Meister) | Dachdeckerarbeiten, Res­
taurierungen | Tel.: 02654/ 2333 |
Steckbrief: Köhl Heizung-Sanitär, Münstermaifeld
Gegr. 1952 | 10Mitarb. (1Meister, 2Lehrlinge) | Heizung/Sanitärtech-
nik, Regenerative Energien | Tel.: 02605/ 4460 |
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 14,15,16,17,18,19,20,21,22,23,...24
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