Handwerk Special Nr. 154 vom 2. November 2011 - page 3

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Nr. 154
2. November 2011
Lebensleistung geehrt
„Altmeister steht für Lebenserfahrung, für handwerkliches Können, für die Wei-
tergabe von Wissen und Erfahrungswerten. Altmeister sein bedeutet, dass Sie
vor 50 Jahren – sieben von Ihnen bereits vor 60 Jahren – Ihre Meisterprüfung
im Handwerk abgelegt haben“, begrüßte Präsident Werner Wittlich im Namen
von Vorstand und Geschäftsführung der HwK über 100 Handwerkssenioren.
HwK überreicht Handwerkssenioren Goldene Meisterbriefe
Nachgefragt
Wirtschaftslage im Handwerk
Die Nachrichtenlage zur internationalen
Wirtschaft im Herbst 2011 wird domi-
niert von Börsen-Turbulenzen, der Eu-
ro-Sorge, von gedämpften Konjunktur-
aussichten. Doch es gibt auch positive
Nachrichten – unter anderem aus dem
Handwerk in der Region Mittelrhein.
Die aktuelle Konjunkturbefragung un-
ter 2.800 Handwerksunternehmen aus
dem Bezirk der HwK Koblenz stimmt
optimistisch: „Die Geschäftslage beur-
teilen 88 Prozent der Betriebe mit gut
oder befriedigend. Das ist fast identisch mit den Zahlen aus dem
Vorjahr“, erklärt HwK-Präsident Werner Wittlich und erläutert
die Ergebnisse der jüngsten Umfrage im Interiew.
Herr Wittlich, bei der Großwetterlage um die Weltwirt-
schaft geht man von Eintrübungen aus und beim regio-
nalen Handwerk scheint die Sonne?
Unsere Handwerker leben und arbeiten nicht in einer Sonder-
konjunkturzone. Wenn sie über eine stabil gute Wirtschaftslage
berichten, spricht das eher für ihre weit- und umsichtige Planung,
für solides Wirtschaften. Dafür ist das Handwerk bekannt, das
macht es traditionell zu einer verlässlichen Säule der deutschen
Wirtschaft. Wenn man sieht, dass auch die Aussichten für die
kommenden drei Monate mit 88 Prozent auf dem aktuell sehr
hohen Niveau einer positiven Einschätzung liegen, blicken wir
optimistisch in die Zukunft. Aber das fliegt uns nicht zu – schon
garnicht,wenndieinternationaleGesamtwirtschaftkränkelt.Diese
Leistungskraft, aus der Stabilität resultiert, habenwir uns erarbeitet
– jeder einzelne unserer rund 18.845 Mitgliedbetriebe.
Positive Konjunkturdaten setzen sich aus Einzelergebnis-
sen zusammen. Können Sie konkrete Fakten nennen?
Die Konjunkturindikatoren wie Auftragsbestand, Betriebsaus-
lastung, Umsatzentwicklung und Beschäftigungssituation sind
weiter zufriedenstellend. Allein die Investitionstätigkeit ist leicht
zurückgegangen. In der Summe der Aussagen können wir aber
eindeutig von einer positiven Gesamtlage sprechen.
... die sich wie in einzelnen Handwerken und Regionen
darstellt?
Spitzenreiter einer positiven Gesamtbewertung ist mit 98 Pro-
zent der Rhein-Hunsrück-Kreis, den niedrigsten Wert geben
die Betriebe in Koblenz mit 74 Prozent an. In den Landkrei-
sen Rhein-Lahn, Ahrweiler und Bad Kreuznach beurteilen 92
beziehungsweise 91 Prozent ihre Geschäftslage mit gut oder
befriedigend. Im Westerwaldkreis sind es 89 Prozent, im Kreis
Neuwied 88 Prozent, in den Kreisen Altenkirchen und Mayen-
Koblenz jeweils 84Prozent und imKreisCochem-Zell 79Prozent
der Befragten. In den einzelnen Handwerksbranchen hat sich die
Beurteilung der Wirtschaftslage unterschiedlich entwickelt. Von
den Betrieben für den gewerblichen Bedarf wie Feinwerkmecha-
niker, Metallbauer oder Elektromaschinenbauer informieren 84
Prozent über eine positive Geschäftslage. Die beste Einschätzung
melden aktuell wie auch imVorjahr die Baubetriebe wie Maurer,
Dachdecker, Straßenbauer und die Ausbaubetriebe wie Tischler,
Maler, Installateure und Heizungsbauer oder Elektrotechniker
mit je 93 Prozent.
Welche Botschaft richtet die HwK, Sie als Präsident, an
die Unternehmen?
Im Wissen um die eigene Stärke wird das Handwerk mit Beson-
nenheit, Umsicht und Leistungsfähigkeit diese Konjunkturdelle
durchschreiten. Die Kammer unternimmt ihrerseits alles, damit
Stabilität und Planungssicherheit für unsere Unternehmen weiter
gegeben sind. Denen, die mit Zockerei und unverantwortlicher
Finanzpolitik dieseKrisemitzuverantworten haben, empfehle ich
ein Praktikum beim Handwerk. Hier kann man viel über solides
Wirtschaften im Rahmen realistischer Möglichkeiten lernen.
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Werner Wittlich
Wirtschaftskraft mit dem Meisterbrief / Konjunktur im Herbst 2011
Mit ihren Angehörigen waren
sie zur Entgegennahme des
Goldenen oder Diamantenen
Meisterbriefes indieKulturhalle
Ochtendung gekommen. „Mit
der Ablegung der Meisterprü-
fung haben Sie die Vorausset-
zung für Ihre handwerkliche
Karrieregeschaffenundmit zum
Aufbau des Landes und seiner
Wirtschaft beigetragen. 50 Jahre
Meisterschaft – 50 Jahre Leben
für und mit dem Handwerk.
Das ist eine herausragende
Leistung!“
Wittlich spannte den Bogen zu
den geschichtlichen Ereignis-
sen, die das Jahr 1961 für die
Altmeister über ihre Prüfung
hinaus geprägt haben. Mit dem
Bau der Berliner Mauer wurde
die Teilung Deutschlands mani-
festiert. „VieleMenschen haben
die Flucht aus der ehemaligen
DDRgewagt;manche von ihnen
mit demLeben bezahlt. Dies soll
heute, 50 Jahre nachdemBeginn
des Mauerbaus nicht vergessen
werden.“ Der Kammerpräsident
erinnerte daran, dass die 1961
gebildete Regierung das neue
Ressort Gesundheit gründete,
das vonElisabethSchwarzhaupt
übernommen wurde. „Frauen
waren und sind seither auf dem
Vormarsch.Heutehabenwireine
Bundeskanzlerin. 2010 waren
15 Prozent unserer Meister-
prüflinge Frauen. Dagegen sind
unter den heute zu ehrenden 117
‚goldenen‘ Handwerksmeistern
lediglich sechs Frauen, also gut
fünf Prozent.“
Der besondere Dank des Kam-
merpräsidenten galt demEhren-
amt. „Viele von Ihnen haben in
derVergangenheit für das Image
und die Zukunft des Handwerks
gearbeitet, indemSie sich neben
Ihren beruflichen Verpflich-
tungen ehrenamtlich eingesetzt
haben – bei Handwerkskammer,
Kreishandwerkerschaften, in
Prüfungsausschüssen oder als
Sachverständige.“
EhrenobermeisterHans-Werner
SeulbedanktesichimNamender
geehrten Handwerksmeister bei
derHwKfürdiegelungeneFeier.
„Jung ist, wer noch viel vor hat“,
nahm er Bezug auf seine Tätig-
keit als BUGA-Gästeführer, die
ihm„tolleErlebnisseundBegeg-
nungen ermöglicht und keine
Zeit für Krankheiten gelassen
hat“. Er ermutigte die Jubilare,
immer „am Ball und offen für
Neueszubleiben“.„Gottschütze
dasehrbareHandwerk“,sangder
HandwerkerchorBirkenfeld, der
die Feier auch in diesem Jahr
musikalisch umrahmte.
In seinemSchlusswort ging Prä-
sident Wittlich auf zwei der vier
Geehrten ein, die zuvor in einem
Film beispielhaft vorgestellt
wurden.„AnSchuhmachermeis­
ter Reimund Portisch stellte die
Meisterprüfung eine besondere
Herausforderung. Er ist fast taub
und hat während des Unterrichts
von den Lippen des Dozenten
abgelesen – in einer Zeit, in der
auf solche Beeinträchtigungen
noch wenig Rücksicht genom-
men wurde.“ Mit Blick auf
die Brotkörbe auf den Tischen
verwies Wittlich darauf, dass
Bäckermeister Erich Geisen
diesesBrot nach demRezept aus
seinerMeisterprüfunggebacken
habe und es heute erfolgreich
als „Opa Erichs Meisterstück“
verkaufe.
Infos zur Altmeisterfeier, Tel.:
0261/ 398-415, Fax: -990, E-
Mail:
Stolze Alt-
meister mit
ihren Gol-
denen Meis­
terbriefen.
„Redliche Arbeit, Kundenorientierung, faires Preis-Leistungsverhältnis, immer
auf dem Teppich bleiben“, benennt Tischlermeister Werner Eisenschneider (l.)
das Erfolgsrezept für einen Handwerksbetrieb. Schornsteinfegermeister Walter
Theisen (M.) ist „stolz darauf, mein Leben lang auch Glücksbringer gewesen
zu sein“. „Mit dem Meisterbrief ist man beruflich auf der sicheren Seite“, weiß
Schneidermeisterin Helga Breitbach.
Foto: P!ELmedia
Den Film zur
Altmeister-
feier gibt’s
auf youtube.
de, Rubrik
„Handwerk
Special“
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