Handwerk Special Nr. 128 vom 28. März 2009 - page 23

Versüßen den Alltag: Regionale Spezialitäten vom Konditor
Nr. 128
28. März 2009
Familienrezept für Nusscremetorte
Konditormeister Karl Bonsch pflegt in Oberwesel Tradition und Gastlichkeit
In den Startlöchern für die Saison
Überall im Moseltal meh-
ren sich die Anzeichen für
den nahenden Frühling.
In den Weinbergen schneiden
und binden die Winzer die
Reben, auf dem Fluss werden
Schiffe auf Hochglanz gebracht,
Vorarbeiten auch für denStart in
die Fremdenverkehrssaison, die
an Ostern so richtig anläuft.
Auf die bereitet sich ebenfalls
Konditorin Anja Markert, eine
geborene Görgen, in Bullay vor.
Zahnarzt- und andere wichtige
Termine müssten jetzt noch,
meint sie, erledigt werden, „in
der Saison ist dafür keine Zeit
mehr“. Erst recht nicht in einem
Ein-Frau-Unternehmen, denn
die Konditorin, die nach dem
Tod von Vater Josef 2000 den
Betrieb übernahm, zunächst
noch mit ihrer Mutter, bewältigt
Konditorei, Café und angeglie-
derte Gästezimmer zum größten
Teil im Alleingang.
Seit 1892 bäckt und konditert
ihre Familie an der Mosel; sie
ist die vierte Generation, die
diese Tradition aufrechterhält.
Konditorei-Café Görgen in Bullay verwöhnt Süßmäuler mit einer Rieslingtorte
Inzwischen konzentriert sie sich
ganz auf die Konditorei, die
sie im Café Lohner in Cochem
erlernte. Die Bäckerei hat sie
aufgegeben, seit ihr Mann Jörg
ausKrankheitsgründenausschei-
den musste, „mehr geht alleine
einfach nicht“. Vor allem dann
nicht, wenn die Temperaturen
Steckbrief: Konditorei Café Görgen, Bullay
Gegr. 1892 | Ein-Frau-Betrieb | Rieslingtorte, Hochzeitstorte,
selbst gemachte Pralinen | Tel.: 06542/ 2519
und damit die Zahlen der Gäste
an der Mosel steigen.
„Bullay profitiert davon, dass es
hier imOrt einen Bahnhof gibt“,
erklärt Anja Markert. „So sind
wir auch für Besucher, die nicht
mit dem Auto kommen können
oder wollen, erreichbar.“ Der
Bahnhof ist nicht nur praktisch,
sondern gehört sogar zu den
Attraktionen der 1.700 Einwoh-
ner zählenden Gemeinde am
Eingang zur Mittelmosel. 2003
wurde er
als his-
t o r i s c h e
und neue
Bausubstanz
architektonisch an-
spruchsvollverbindender
„Umweltbahnhof“ eröffnet.
Wie es sich für eine Konditorei
an der Mosel gehört, findet sich
unter den Spezialitäten eine
Rieslingtorte, die Vater Josef
kreierte, „noch eine richtige
Buttercremetorte, die bei uns
sowieso sehr beliebt sind“. Auch
als kunstvolle Hochzeitstorten,
dieAnjaMarkert gerne herstellt.
Schließlich sindHochzeitstorten
ineinerKonditorei,dienichtweit
entfernt von der bekanntesten
Weinlage des Ortes angesiedelt
ist, dem „Bullayer Brautrock“,
erst recht angesagt.
Neben dem normalen Alltags-
geschäft, der Zubereitung von
einemoder einer der 130Kuchen
und Torten, die wechselnd im
Sortimentsind,istdieKonditorin
jetzt mit den Vorbereitungen
für Ostern beschäftigt, mit dem
Gießen von Schokoladeneiern
und -hasen in allen Größenord-
nungen. „Als Geschenk sind
solche süßen Sachen immer
willkommen, wie unsere selbst
gemachten Pralinen.“
„Willkommen in unserem kleinen Museum“, so begrüßen
Konditormeister Karl Bonsch und seine Frau Monika den Gast
in ihrem der Konditorei angegliederten Café in Oberwesel.
re zurückversetzt, die Zeit, in der
Bonsch den Betrieb von seinem
Vater Karl Josef übernahm.
Backen und Gastlichkeit haben
hierlangeTradition.1823erwarb
Johann Weiler, ein Vorfahr der
heutigen Besitzer, das Anwe-
sen und richtete eine Bäckerei
mit Gasthaus ein. Sein Enkel
erlernte als Erster in der Fami-
lie das Konditorenhandwerk
und eröffnete nach dem Ersten
Weltkrieg ein Café. Neffe Karl
Josef Bonsch lernte ab 1930 bei
ihminderKonditorei, legte 1947
seine Meisterprüfung ab und
erweiterte 1960 denBetrieb zum
Konditorei-Café.
Eigentlich, erzählt Karl Bonsch,
habe er beruflich „irgendwasmit
Zahlen“ machen wollen, aber
dann habe die Familientradition
gesiegt. Deshalb übernahm er
vor einigen Jahren nach dem
Tod des Vaters auch das Haus,
sanierte es und richtete sechs
geschmackvolle Gästezimmer
ein. Eine Investition, die ihm ein
zweites Standbein verschaffte.
Klassisches zum Frühstück,
Klassisches in der Konditorei.
Schau und Schickimicki sind
nicht Sache des 61-Jährigen,
sondern traditionelle Rezepte
mit erstklassigen Zutaten. So
die Nusscremetorte nach einem
hundert Jahre alten Rezept von
NikolausWeiler.„MancheGäste
freuensichrichtig,weilesbeiuns
noch Schillerlocken oder Moh-
renköpfe gibt“, erklärt Bonsch,
Steckbrief: Konditorei Café Bonsch, Oberwesel
Gegr. 1823 | 2 Mitarbeiter | klassische Torten und Ge-
bäcke, Trüffel und Pralinen | Tel.: 06744/ 264
der 1972 seine Meisterprüfung
als Jahrgangsbester ablegte.Und
natürlich darf der Baumkuchen
nicht fehlen, dieKönigsdisziplin
der Konditorei. Einfach, meint
Bonsch, sei es auch imtouristen-
trächtigen Welterbe Mittelrhein
nicht mehr. „Zwischen Boppard
und Bingen sind wir eine der
letzten Konditoreien.“ Eine, die
auchRegionales zubietenhat, zu
Ostern leckereSchokoladeneier,
gefüllt mit hausgemachter Trüf-
felmasse oder Traubentrester
vom heimischen Winzer ...
Bonschs Schokoladen-
sahnetorte „Colombo“.
Am 23. Juli bietet sich
bei der HwK Koblenz die
Chance, an einer dreitä-
gigen Weiterbildung zur
Verarbeitung von Zucker
teilzunehmen. Gezeigt
werden, jeweils von 8.30
bis 15.30 Uhr, interessante
Varianten der Verarbeitung
von Zucker und Isomalt.
Zudem werden verschie-
dene Zuckertechniken
erlernt wie das Blasen von
Schwänen, Zuckerblumen
und Obst aus Zucker.
Infos & Anmeldung bei der
HwK-Weiterbildung:
E-Mail:
Weiterbildung
„Zucker“
Info-Tel.: 0261/ 398-415
Die Königsdis-
ziplin: Kondi-
tormeister Karl
Bonsch mit
einem frischen
Baumkuchen.
Bei Kondi-
torin Anja
Markert lau-
fen die Vor-
bereitungen
für die Os-
tersaison auf
Hochtouren.
Tatsächlich fühlt
man sich in den
anheimelnd plü-
schigenRäumen
indie70erJah-
Für Konditoren beginnt der
nächste Teilzeit-Meister-
kurs am 11. Januar 2010
in Koblenz. Der Unterricht
findet montags und mitt-
wochs von 17 bis 21 Uhr
statt.
Infos & Anmeldung bei der
HwK-Meisterakademie:
E-Mail:
Meisterkurs
Konditoren
Info-Tel.: 0261/ 398-415
1...,13,14,15,16,17,18,19,20,21,22 24,25,26,27,28
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