Handwerk im Frühjahr vom 20. März 2004 - page 2

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Die Kolumne:
Frühling 2004
Es ist die erste Meisterfeier in Koblenz
nach dem winterlichen Gesetzescrash
in Sachen Handwerksordnung. Das
Handwerk wird sich verändern, die
Ausbildung auch. Reden wir aber
später darüber. Wir wollen nicht
lamentieren und an frühere Zeiten
denken, sondern nach vorne eilen wie
Bernd Cullmann, Olympiasieger in
Rom am 10.9.1960 - wie er selbst sagt
auf seinen schnellen Beinen, mit seinen
geschickten Händen, seinem klugen
Kopf, denn er wurde Olympiasieger
und Handwerksmeister. Das passt gut
zusammen und zu unserem Fest: Wir
wollen den über 1.000 jungen Leuten,
die am Sonntag, 21. März 2004, ihre Meister-
briefe erhalten, mehr als Hoffnung und
Zuversicht mit auf den Weg geben. Wir wollen
ihnen eine Zukunft, die farbig, interessant und
lebenswert ist, bieten. Leistung soll sich für sie
lohnen. So schlecht sind unsere marktwirt-
schaftlichen Traditionen nicht. Wir brauchen
die jungen Handwerker und die Gesellschaft
braucht sie als Unternehmer, Ausbilder,
Steuerzahler und Bürger.
Der kühlere Wind, der derzeit einem Unterneh-
mer wie einem qualifizierten Mitarbeiter im
Betrieb gelegentlich ins Gesicht weht, ist
unterschiedlich stark und wechselt von Zeit zu
Zeit. Handwerker sind und bleiben das Salz in
der Suppe unserer Gesellschaft wie in der
Wirtschaft. Gestern, heute, morgen – wie es in
unserer 2002 gestarteten Kampagne heißt.
Beachtlich, welches Engagement sie entwi-
ckeln, um die Meisterprüfung zu erlangen. Der
Kopf bei den 1.321 Prüflingen wird oft
geraucht haben.
Feiern wir am Sonntag mit dem ältesten
Prüfling, einem 54-jährigen Metallblasinstru-
mentenmachermeister, und dem jüngsten,
einem 22-jährigen Kfz-Technikermeister.
Staunen wir über die mit 685 km längste
Anreise des 33-jährigen Klempnermeisters aus
Guben in Brandenburg. Wir gratulieren der
Besten unter allen jungen Meistern, einer 27-
jährigen Augenoptikermeisterin. Zu bewundern
gilt es an diesem Tag auch den 44-jährigen
Kfz-Technikermeister Padith Phongpachith aus
Luang Prabang in Laos für sein soziales
Engagement an vielen Ecken dieser Welt. Er ist
2004 der Meister mit Kick. Wir wünschen
allen jungen Frauen und Männern viel Erfolg
auf ihrem handwerklichen Weg in die Zukunft.
Das Glück liegt auch in ihren Händen.
Freuen wir uns auf das Meisterfest am 21.
März, dem Frühlingsanfang 2004.
Karl-Jürgen Wilbert
Wenn Sie mit mir in Verbindung treten wollen,
mailen Sie mir:
HwK-Hauptgeschäftsführer Karl-Jürgen
Wilbert im Gespräch mit Padith
Phongpachith.
19. HwK-Meisterbefragung liegt zur Meisterfeier vor
Meisterbrief
ist die
Basis
für den beruflichen
Erfolg
Traditionell, in diesem Jahr bereits zum 19.
Mal, führte die Handwerkskammer Ko-
blenz eine Befragung unter den Jung-
meistern der Jahrgänge 2002 und 2003
durch. 1.321 Gesellen, darunter 66 Gesel-
linnen, in 29 verschiedenen Handwerken,
erhalten am 21. März ihren Großen Befä-
higungsnachweis. Die Jungmeister äußer-
ten sich zu ihrem beruflichenWerdegang
und ihren Motiven, die Meisterprü-
fung abzulegen, aber auch
zu ihren weiteren berufli-
chen Perspektiven
.
ben, geben als Motiv für die Meisterprüfung
günstigere Aussichten auf einen beruflichen
Aufstieg sowie eineVerbesserung ihrer gesell-
schaftlichen Stellung an.
Fast jeder zweite Jungmeister stammt aus dem
Metallhandwerk, hier dominieren die Kfz-
Techniker und die Elektrotechniker. Etwa ein
Drittel der Jungmeister kommt aus einem
Bau- oder Ausbauhandwerk. Hier entfällt
ein hoher Anteil der abgelegten Prüfungen
auf das Dachdeckerhandwerk. Es folgen
die Gesundheitshandwerke sowie die
Gruppe der Holzgewerbe. Die Entwicklung
der abgelegtenMeisterprüfungen war in den
letzten Jahren in den einzelnen Gewerken
unterschiedlich. Während 2002/2003 im
Metallbauerhandwerk die Anzahl der Meis-
terprüflinge leicht angestiegen ist, zeigen die
Absolventenzahlen für Installateur- und Hei-
zungsbauer einen stetigen Rückgang. In Fol-
ge der geschwächten Konjunktur sank auch
die Zahl der Meisteranwärter im Bau- und
Ausbaugewerbe.
Die Jungmeisterinnen und -meister des Jahr-
gangs 2002/2003 sind im Durchschnitt 30
Jahre alt. Sieben Prozent sind älter als 40.
Das Durchschnittsalter hat sich gegenüber
den Vorjahren kaum verändert. So können
die Mehrzahl der befragten Jungmeister auf
eine durchschnittliche Berufserfahrung von
mehr als acht Jahren verweisen. Die jungen
Handwerker lassen sich Zeit, um Berufser-
fahrung zu sammeln und finanzielle Rückla-
gen zu schaffen. Abzuwarten bleibt, wie sich
die in Kraft getretene Novellierung der
Handwerksordnung, nach der keine Gesellen-
jahre mehr als Voraussetzung für die Meister-
prüfung vorgeschrieben sind, auswirken wird.
38 Prozent der befragten Jungmeister verfü-
gen über den Hauptschulabschluss, 43 Pro-
zent haben die Mittlere Reife und 19 Prozent
das Abitur. Der Anteil der Jungmeister mit
höherem Schulabschluss ist im Vergleich zu
denVorjahren gestiegen. 84 Prozent haben die
Meisterprüfung in ihrem ursprünglich erlern-
ten Beruf abgelegt. Sie gaben an, sie würden
denselben Beruf noch einmal lernen. Oft be-
einflussen die Eltern die Berufsentscheidung.
So stammen 65 Prozent aus einer Familie, in
der mindestens ein Elternteil Handwerker ist.
Durch die zum 1. Januar 1996 rückwirkende
Einführung des Meister-BAföG werden
Meisteranwärter den Studenten grundsätzlich
gleichgestellt. Mehr als jeder zweite Jung-
meister gibt an, diese Finanzierungshilfe be-
antragt zu haben. 67 Prozent setzten vor al-
lem eigene Mittel zur Finanzierung ein.
Padith Phongpachith wurde 1960 in der
märchenhaften alten Königsstadt Luang
Prabang, die zumWeltkulturerbe zählt, ge-
boren. Hier, im Urwald von Laos, hat die
HwK Koblenz in Zusammenarbeit und
durch Finanzierung des Bundesministeri-
ums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung das historische „Blaue
Haus” alsWeiterbildungseinrichtung für die
kleinen und mittleren Unternehmen der
Nordprovinzen eingerichtet. Phongpachith
lebt seit 22 Jahren in Deutschland. Die Aus-
zeichnung als „Meister mit Kick“, die in die-
sem Jahr zum zweiten Mal vergeben und von
der SIGNAL IDUNA Versicherung unter-
stützt wird, hat für den frisch gebackenen
Handwerksmeister schon vom Namen eine
doppelte Bedeutung, denn neben dem be-
ruflichen Meistertitel ist er als Träger des
„IV. Dan“ Meister des Sports.
Die Verbindung aus Sport und gesellschaft-
lichem Engagement spiegelt sich auch in der
von Phongpachith 1986 in seinem Heimat-
ort Ruppichteroth gegründeten Taekwondo-
Schule wider. „Mir lag immer schon die Ar-
beit mit Jugendlichen am Herzen. Ich habe
Gemeinden in der Umgebung angesprochen,
dass junge Menschen, unter ihnen auch sol-
che mit sozialen Problemen, in meine Schu-
le kommen können. Ich verstehe Taekwondo
als Sport für alle, für die geistige und kör-
perliche Gesundheit eine Rolle spielt. Ganz
wichtig ist dabei, dass sich mit diesem Sport
Emotionen, auch Gewalt, gezielt lenken las-
sen und mit Taekwondo verarbeitet werden
können.“ Mehr als 300 Jugendliche aus 14
Nationen sind heute Mitglied in der Schule.
Es hat sich ein multikulturelles Miteinander
entwickelt, das längst über den Sport hinaus
geht. Phongpachith selbst sieht sich als „halb
Deutscher, halb Laote“. „Ich lebe und arbei-
te in Deutschland, hier sind drei meiner vier
Kinder zur Welt gekommen, hier fühle ich
mich wohl.“ Integration spielt dabei in sei-
nem Leben und in seiner Schule eine wichti-
ge Rolle: „Voraussetzung für die Aufnahme
in der Schule ist die deutsche Sprache. Wir
verstehen uns als Bestandteil des hiesigen
Sport- und Kulturkreises. Das soll mit der
Sprache deutlich gemacht werden.“
Mit Blick auf die Proble-
me durch Gewalt an den
Meister
des
Taekwondo
und der
Kfz-Technik
Sport verbindet über 300 Jugendliche aus 14 Nationen
Schulen hat Padith
Phongpachith einen
deutlichen Rückgang
durch sein Engage-
ment ausgemacht.
Wichtig ist Phong-
pachith, „dass der
Respekt vor dem
Menschen gegenüber
auf jeden Fall im Vor-
dergrund steht“. Re-
spekt für seine Arbeit
und ihre Ergebnisse
hat auch Padith
Phongpachith erfah-
ren, jüngst in seinem
Meistervorbereitungs-
kurs, denn die Mitstrei-
ter um den Meisterbrief
wussten um das zeitlich in-
tensive Ehrenamt des laoti-
schen Handwerkers. „Ich will
nichts beschönigen - es war oft sehr anstren-
gend. So habe ich auf dem Rückflug von ei-
nemWettbewerb in Detroit über den Wolken
gelernt. Nach der Landung ging es direkt in
die Prüfung. Ich habe sie bestanden“, freut
sich der sympathische Laote. Mit Überzeu-
gung in der Stimme schließt er dem an: „Ich
bin sehr froh, dass ich den Meisterbrief im
Handwerk geschafft habe. Er war eine Her-
ausforderung, hinter der Qualität in der Ar-
beit und unternehmerisches Wissen steht.“
Wohin ihn seinWeg weiter führen wird, weiß
er noch nicht genau. „Oft denke ich schon an
eine Rückkehr nach Laos. Mit dem Meister-
brief habe ich auf jeden Fall gute Chancen
auf eine berufliche Karriere.“
Dabei wurde deutlich, dass der Meisterbrief
auch nach der Novellierung der Handwerks-
ordnung, die im Januar in Kraft getreten ist,
das Leitbild eines handwerklich geprägten Un-
ternehmens ist. Er wird auch in Zukunft die
Basis für Existenzgründungen im Handwerk
sein oder den Grundstein für den beruflichen
Erfolg der Führungskräfte bilden. Die Hälfte
der Jungmeister der Jahrgänge 2002 und 2003
sind selbstständig oder planen dies in Kürze.
Die Bereitschaft der Jungmeister, eine Exis-
tenz aufzubauen oder einen Betrieb zu über-
nehmen, ist nach wie vor von größter Bedeu-
tung. Die Jungmeister, die zunächst kein In-
teresse an einer selbstständigen Tätigkeit ha-
Sie blicken optimistisch in die
Zukunft: die Jungmeister 2002/03.
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