Handwerk im Frühjahr vom 9. März 2002 - page 3

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Das
Beste
vom
Besten
„Goldjunge“ Guido Stroh aus Ochtendung
ist der Beste von über 1.400 Jungmeistern
„Ich habe als Schüler immer
gerne gebastelt, gezeichnet und
in Ton modelliert. Auch mein
Beruf sollte etwas mit kreativem
Arbeiten zu tun haben.“ Tat-
sächlich ist Kreativität in dem
Handwerk, das sich der in
Andernach geborene Guido
Stroh, Jahrgang 1970, als
Beruf aussuchte und in
dem er 2000 die Meis-
terprüfung vor der
HwK Koblenz als
Es ist ihr Tag:
Meisterfeier 2002
Krise auch immer eine Chance: Fleischermeisterin Pia Hillen sucht gemeinsam mit den Kunden ihren Weg
bester
Gold- und
Silberschmied
ablegte, unver-
Was sie verbindet ist der Meisterbrief und das Handwerk im allgemeinen. Doch so zahlreich die
Jungmeister 2002 zur Meisterfeier nach Koblenz gekommen sind, so zahlreich sind ihre persönli-
chen Motive, Pläne und Perspektiven mit dem Meisterbrief in der Tasche. Einige habe weiteWege
für die Feier auf sich genommen, der eine oder andere Jungmeister zählt sich selbst nicht mehr
zu den ganz jungen Meistern. Viele wollen sich selbstständig machen, haben fertige Pläne für das
eigene Unternehmen in der Schublade. Andere ziehen es vor, als Angestellte zu arbeiten, bringen
ihr Wissen in Unternehmen ein, bilden aus. Einige dieser Jungmeister stellen wir hier vor:
Die „am weitesten angereiste“: Sabine Kunze aus Zittau
Sabine Kunze ist Augenoptikermeisterin. Wenn sie am 10. März in Koblenz ihren Meis-
terbrief erhält, hat sie den weitesten Anfahrtsweg hinter sich. Sie kommt aus Zittau, der
Stadt im östlichen Dreiländer-Eck mit Polen und der Tschechei - und damit über 600
Kilometer von Koblenz entfernt. „Ich bin gewissermaßen beruflich vorbelastet“, sagt
die 25-Jährige. „Bereits mein Großvater und mein Vater üben den Beruf aus. Im Famili-
enbetrieb habe ich auch meine Lehr- und Gesellenjahre verbracht. Ein schöner Beruf“,
schwärmt sie. „Es kommt bei den Augengläsern nicht nur auf den richtigen Schliff an,
sondern auch, dass sie ein modisches und pfiffiges Gestell haben.“ Selbständig machen
möchte sich die junge Meisterin „in jedem Fall“. Ob es allerdings die Übernahme des
elterlichen Geschäfts oder eine Neugründung in einer anderen Stadt ist, weiß sie gegen-
wärtig noch nicht. Fern von Zittau zieht sie jetzt erst einmal die Liebe.
Sabine Kunze ist
Augenoptikermeisterin.
Die 25-Jährige kommt
aus dem über 600 Kilo-
meter entfernten Zittau
zur Meisterfeier nach
Koblenz.
Fliesen-, Platten-
und Mosaikleger
Marco Schössler:
Mit 21 Jahren der
jüngste Jungmeister
dieser Meisterfeier
und Bester seines
Handwerks!
Der „Jüngste“: Marco Schössler
Im Mai wird er 21 Jahre: Marco Schössler
aus Enkirch bei Idar-Oberstein ist der jüngs-
te Meister, der am 10. März in Koblenz sei-
nen Meisterbrief bekommt. “Ich habe mei-
nen Wunschberuf gelernt. Mein Großvater
und mein Vater sind auch Fliesenleger-
meister. Opa hat den Betrieb 1948 gegrün-
det. Schon als Kind habe ich Vater bei der
Arbeit zugesehen”, sagt Marco Schössler.
Gelernt hat der junge Mann allerdings nicht
im väterlichen Betrieb. „Ich wollte nicht
strenger oder anders als andere behandelt
werden und einfach sehen, wie anderswo ge-
arbeitet wird“, begründet er seine Wahl. Im
Ausbildungsbetrieb arbeitete er auch als Ge-
selle, bevor er den Meistervorbereitungskurs
bei der HwK Koblenz in Vollzeit absolvierte.
“Die Meisterprüfung sehe ich als Standbein,
um den Betrieb später in dritter Generation
eigenständig zu führen. Vorher will ich noch
einArchitekturstudium an der FHTrier erfolg-
reich beenden“.
Der „Älteste“: Peter Rabe
Er feiert in diesem Jahr seinen 52. Geburts-
tag: Tischlermeister Peter Rabe aus Fehl-
Ritzhausen. Der Tischlermeister ist der „äl-
teste Jungmeister“ dieser Feier. Als „Opa“
habe er sich in der Meisterklasse nicht ge-
fühlt. „Im Gegenteil, wir waren eine dufte
Truppe, ich war sogar Klassensprecher.“
Motivation für den Meisterbrief war u.a. der
Wunsch, Wissen an den Nachwuchs weiter
zu geben. In der Firma Neuhaus in Selters
betreut er ab Sommer sechs Lehrlinge.
Tischlermeister
Peter Rabe ist der
älteste Jungmeister.
Sein Motiv, mit 51
Jahren eine Meister-
prüfung zu absolvie-
ren: „Mir liegt an
derAusbildung
junger Leute.“
Keine Lorbeeren zum Ausruhen
„Die Meisterprüfung habe ich aus Interesse
an Weiterbildung gemacht und weil ich mein
Können, meine Lernfähigkeit testen, fordern
und fördern wollte“, erklärt Tatjana Herborn,
im Januar dieses Jahres frisch gebackene Kon-
ditormeisterin. Nicht „auf meinen Lorbeeren“
als Geselle ausruhen wollte Kfz-Mechaniker-
meister Sascha Kandels,Angestellter in einem
Autohaus. „Wer auf seinemWissensstand ste-
hen bleibt und sich nicht weiterbildet, ist ge-
rade in unseremGewerbe sehr schnell ‘unqua-
lifiziert’ und nicht mehr gefragt.“ Weiterbil-
dung, zusätzliche berufliche Qualifikation
durch die Meisterprüfung spielte für alle eine
entscheidende Rolle beim Entschluss, noch
einmal inVoll- oder Teilzeit die Schulbank zu
drücken. Für Frank Fabritius z. B., Straßenbauer
aus Trierscheid, der in der Straßenmeisterei,
in der er schon seine Lehre absolvierte, auch
gleich eine den neu erworbenen Kenntnissen
entsprechende Stelle fand. Vor seiner Lehre
als Straßenwärter hatte er bereits eine Ausbil-
dung als Dreher hinter sich gebracht, „Doppel-
handwerker” wie der Bendorfer Dieter Freis-
berger, der demElektroinstallateurmeister den
Stukckateurmeister folgen ließ, „weil mir das
Spaß macht und wir ein altes Haus haben, bei
dem ich den Stuck fachmännisch restaurieren
will“. Ihm beruflich als Elektrotechniker zu-
mindest verwandt ist Michael Saur, der als
Energieelektroniker startete und jetzt in einem
großen Unternehmen zuständig ist fürs Gebäu-
demanagement.
Ziel vor Augen: Selbstständigkeit
Andere hatten als großes Ziel bei der Meister-
prüfung die Selbstständigkeit, entweder um
einen eigenen Betrieb zu gründen oder einen
zu übernehmen. Kurz vor der Existenzgrün-
dung im größten Einkaufszentrum zwischen
Koblenz, Limburg und Wiesbaden steht Fri-
seurmeisterin Kerstin Nocher
(„behindertengerecht und mit
gutem Branchenmix“); im
nächsten Jahr die elterliche
Werkstatt in Königswinter über-
nehmen möchte Keramikerin Ve-
ronika Dietz-Bosselmann. Die
Übernahme zusammen mit ihremEhe-
mann und Berufskollegen Matthias
plant auch Fleischermeisterin Dagmar
Groß-Mauer aus Kempenich, die ihren Beruf
schon „in die Wiege gelegt“ bekam: Urgroß-
vater und Großvater waren Hausschlachter.
„Mein Onkel, meinVater undmein Bruder sind
auch Fleischermeister.“ Bei aller Tradition
kommt Moderne nicht zu kurz, ist der Betrieb
unter
im Web vertreten. Bereits den 100. Geburts-
tag feierte im vorigen Jahr das auf den Bau-
bereich spezialisierte väterliche Unternehmen,
das Steinmetz und Steinbildhauer Dirk Wert-
hebach aus dem Siegerland übernehmen wird.
Sicher das kostbarste Meisterstück, ein viel-
fach wandlungsfähiges Collier, dessen Teile
sich auch als Brosche oder Ohrschmuck tra-
gen lassen, fertigte der in Andernach gebore-
ne Gold- und Silberschmiedemeister Guido
Stroh, Bester unter den Besten mit 92,25
Punkten.
Die
Besten
ihres
Handwerks
Feinwerkmechaniker
Heiko Diederichs
Keramikerin
Veronika Dietz-
Bosselmann
Straßenbauer
Frank Fabritius
Stuckateur
Dieter Freisberger
Fleischerin Dagmar
Groß-Mauer
Konditorin
Tatjana Herborn
Gebäudereiniger
Michael Horne
Kfz-Techniker
Sascha Kandels
Installateur- und Hei-
zungsbauer Ivo Kurilic
Landmaschinenmecha-
niker Bernhard Maas
Informationstechniker
Andreas Müller
Friseurin
Kerstin Nocher
Metallbauer
Martin Peters
Elektrotechniker
Michael Saur
Klempner
Matthias Schmidt
Maler und Lackierer
Markus Schubert
Steinmetz und Stein-
bildhauer
DirkWerthebach
Edelsteinschleifer- und
Graveurin
Simone Postler
Augenoptiker
HenryWeller
Tischlerin
Judith Cramer
Für sein wandlungsfähiges Collier
erhielt Gold- und Silberschmied
Guido Stroh 92,25 Punkte - und ist
damit der Beste der Besten 2002.
zichtbar. „Für mich
gehört die Meisterprüfung
immer zum Handwerk, sie war
von Anfang an mein Ziel.“ Guido
Stroh kreierte, „bewaffnet“ mit Gold
und Platin, ein wandlungsfähiges Col-
lier mit klarem Design, dessen einzelne Tei-
le sich auch als Ohrschmuck und Brosche
tragen lassen. Das kostbare Meisterstück
schenkte er seiner Frau, die es zu besonde-
ren Gelegenheiten trägt. Möchte er sich ein-
mal selbstständig machen, vielleicht eine
eigene Kollektion entwickeln? „Eigentlich
schon, aber die wirtschaftliche Lage, deren
Folgen unsere Branche spürt, ist gegenwär-
tig nicht unbedingt danach. Da warte ich
lieber noch ein bisschen ab.“
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