Handwerk Special Nr. 70 vom 29. September 1999 - page 3

Am Anfang steht eine Idee. Die Idee, in einer
lockeren Reihe von Ausstellungen zu zeigen,
dass Kunst keinesfalls nur da anfange, wo
Handwerk aufhöre - und umgekehrt. Zu zei-
gen, dass beides vielmehr manches gemein
hat, dass Kunst sehr wohl mit Handwerk und
Handwerk seinerseits mit Kunst zu tun hat.
Zum Beispiel deshalb, weil es in beiden Be-
reichen letztlich nicht ohne Gestaltung geht,
nicht ohne den Versuch, Form und Farbe zu
nutzen, um unterschiedlichsten Emotionen,
Lebensgefühlen Ausdruck zu verleihen oder
Nützliches mit Schönem zu verbinden.
Der Idee folgt die Überlegung, in den einzel-
nen Ausstellungen der „KunstHandWerk“ ge-
tauften Reihe Partner zusammenzubringen,
die dies verkörpern. Künstler und Künstlerin-
nen auf der einen, Kunsthandwerker und
Kunsthandwerkerinnen auf der anderen Seite.
Könner, Meister ihres Fachs, gleichgültig, ob
dieses Medium Malerei oder Bildhauerei, Ke-
ramik- oder Metallgestaltung, Schmuck- oder
Holzdesign oder auch Fotografie sein mag.
Bereits die erste Paarung verspricht ein Pau-
kenschlag zu werden: K. O. Götz und Wende-
lin Stahl. Der erste einer der wichtigsten Ver-
treter nichtgegenständlicher, informeller Ma-
lerei in Deutschland und Europa, der zweite
einer der auch international angesehensten
deutschen Keramiker. Ansonsten aber Gegen-
sätze, wie sie kaum größer sein könnten. Hier
die Dynamik, die unwiderstehliche Energie
der lebendiger Malerei; da die ruhige Ausge-
wogenheit und Vollkommenheit meisterlich
gehandhabter Seladonglasuren.
Profilneurosen hat keiner nötig,
Abgrenzungsängste ebenso wenig, nicht der
85-jährige, in Wolfenacker oberhalb des
Wiedtals lebende Götz und nicht der um acht
Jahre jüngere Stahl, dessen Werkstatt und
Wohnung kaum malerischer liegen könnten
als in der alten Burg Coraidelstein, hoch
droben über dem Moseltal.
Die Arbeiten werden gehängt und aufge-
stellt. Licht und luftig, so dass jede den
Raum zur Wirkung hat, den sie braucht und
verdient. Die Mischtechnikbilder, die Gou-
achen und Lithographien des K. O. Götz:
Viel Weiß auf Schwarz, Malerei bzw. Gra-
phik in ihrer Umkehrung, energiegeladene
Farbströme. Kraftvolle Leichtigkeit, wie
man sie von Alterswerken kaum erwartet.
Die Farbe ist bewusst im wesentlichen dem
aus einer alten Töpferfamilie stammenden
Stahl überlassen. Seinen meist aus koni-
schen Grundformen heraus entwickelten,
doppelwandigen Vasen, Schalen, Gefäßen,
elegant, fragil in die Länge gestreckt oder
bodenständig gestaucht, schwingend alle-
mal. Auch sie sind Malgrund, Grund für
Glasuren, deren Farbspiel zwischen verhal-
tenen Braun- und Grüntönen, intensiven
Blau- und Rotnuancen oder verhaltenem
Grau und zartem Rosé changiert.
Die Ausstellung dokumentiert Gemeinsam-
keit gerade aufgrund der Gegensätzlichkeit
der in künstlerischen Dialog tretenden Part-
ner beispielhaft.
Die Ausstellung in der Galerie Handwerk,
Rizzastraße 24 - 26 in Koblenz ist bis zum
24. Oktober zu sehen, Montag bis Freitag
10 - 17 Uhr, Samstag und Sonntag 11 - 16
Uhr; am Samstag, 23. Oktober findet um 17
Uhr in ihr ein Klavierkonzert mit dem belgi-
schen Pianisten Hugo Monden und Werken
von Bach, Mussorgskij und de Falla statt.
noch bis zum 24.10.99, Galerie Ha
ndwerk Koblenz, Rizzastraße 24-26
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