Trifft den richtigen Ton: Zupfinstrumentenmachermeister Ahlke
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Nr. 200
18. Juni 2016
www.handwerk-special.deMusik in Technik umsetzen
Den ersten Berührungs-
punkt mit einer Gitarre
hatte er als Siebenjähri-
ger. „Meine Eltern haben
mich damals eher zum
Gitarrenspiel genötigt.
Ich konnte aber keine
Liebe zum Instrument
entwickeln. Mit 18 Jahren
fiel mir jedoch eine elek-
trische Gitarre in die Hand
und meine Einstellung än-
derte sich“, erzählt Tobias
Ahlke aus Oberwinter.
Heute ist der 35-Jährige Zupfin-
strumentenmachermeister und
baut individuelle akustischeoder
elektronische Meistergitarren.
Inzwischen spielt er das Instru-
ment selbst, wenn auch „nur im
privaten Rahmen“. „Ich muss
kein Virtuose sein. Vielmehr
geht es darum, die musikalische
SprachederGitarristenzuverste-
henund inTechnikumzusetzen“,
sagt er.
Kein
Schubladendenken
Dem Bau einer Gitarre geht
deshalb ein intensives Kunden-
gespräch voraus. Und für Repa-
raturenan jeglichenSaiteninstru-
menten ist seinKönnennatürlich
auch zu haben. Zurzeit machen
sie 75Prozent desUmsatzes aus.
Das liegt sicher auch daran, dass
der gebürtige Gütersloher erst
im Mai 2015 seine Werkstatt in
der Nähe des Yachthafens von
Oberwinter eröffnet hat.
„Wer mit Hingabe und Sorgfalt
Gitarrenbaut, kanndurchdieRe-
paratur viel lernen. Das gilt auch
für andere Saiteninstrumente,
wie Mandoline, Hackbrett oder
Harfe. Außerdem erfährt man
viel über ihr Innenleben. Das
hilft, nicht in Schubladen zu
denken“, erklärt derHandwerks-
meister.
„Lust zum Handwerk und Lei-
denschaftmussmanmitbringen“,
spricht Ahlke von seinemBeruf.
Er brennt für ihn, obwohl er erst
einenUmweggegangen ist.Nach
demAbitur studierte er zunächst
Wirtschaftsingenieurwesen,weil
„im Hinterkopf der Gedanke an
die Übernahme des elterlichen
Brandschutzbetriebs war“. Als
Ausgleich zum Studienbetrieb
Tobias Ahlke aus Oberwinter baut Meistergitarren
Rückblick
ins Jahr der ersten
Ausgabe 1988
griff er wieder zur Gitarre und
entdeckte dabei wachsendes
Interesse an der technischen
Seite hinter den Tönen. Der Stu-
dienabbruchunddieAusbildung
zum Zupfinstrumentenmacher
im vogtländischen Klingental
schlossen sich an. Die Gesellen-
jahre führten ihn nachMünchen.
Seine Meisterprüfung beendete
er 2013 als Jahrgangsbester der
Handwerkskammer München
und Oberbayern.
Den Traum von der Selbststän-
digkeit verwirklichte sichTobias
Ahlke mit der Eröffnung der
Essence Guitars Meisterwerk-
statt. „Ich versuche, bei meinen
Instrumenten das Wesentliche
heraus zu arbeiten. Die Instru-
mente sollen sich in erster Linie
perfekt spielen lassen und super
klingen. Die Optik, obwohl
sehr wichtig, steht hinten an.
Es geht mir also um die Essenz
der Instrumente. Daher der
Name Essence Guitars.“ Der
Handwerksmeister ergänzt:
Essence Guitars, Remagen-Oberwinter
Gegr. 2015 | Meisterwerkstatt für Saiteninstrumente, Reparatur von
Saiteninstrumenten, Neubau von Gitarren |
www.essenceguitars.de„Wir wollten gern in der Mitte
Deutschlands ansässigwerden“,
begründet er den Umzug der
jungen Familie, zu der auch ein
sechs Jahre alter Sohn und eine
vierjährigeTochter gehören.Die
passende Räumlichkeit für sein
Gewerk zu finden, war anfangs
nicht einfach. Es bedarf Platz für
Maschinen, dieTropen- und ein-
heimische Hölzer verarbeiten,
damit die hauchdünnen Decken
und stabilisierenden Seiten der
Gitarre entstehen können. Auch
die Verwendung von Lacken
unterliegt arbeitsrechtlichen
Auflagen. Gerade in Sachen
Lackierung möchte Ahlke offen
sein für Individualität.
So stellt er mit einem in der Nase
süßlich-beißenden Zwei-Kom-
ponenten-Lack robuste Ober-
flächen her, bei denen das Holz
nicht gänzlichverschwindet. Für
besonders feine Klangkörper
nutzt er einenSchelllack. Sowird
die Holzmaserung deutlicher
sichtbar.
In 60 Stunden zur Quali-
tätsgitarre
Mindestens 60 Arbeitsstunden
stecken ineiner „Ahlke-Gitarre“.
Der aufwendigste Teil sind die
Verzierungen. Gilt es doch das
Instrument vonHolzbisPerlmutt
auch für das Auge ansprechend
zu gestalten. Der Kunde be-
kommt aber auch einUnikat, das
in seinerArt einzigartig ist. „Das
hörtmanunddas spürtmanbeim
Spielen“, ist der Gitarrenbauer
überzeugt.
Tobias Ahlke beim Gitarrenbau in seiner Werkstatt.
Als 1988 die erste Ausga-
be von Handwerk Special
erschien, war Tobias Ahlke
sieben Jahre jung. Für ihn
stand früh fest, einmal den
von seinem Großvater in
den 1950er-Jahren gegrün-
deten Brandschutzbetrieb
seiner Eltern zu überneh-
men. Beruflich lief auch zu-
nächst alles darauf hinaus,
aber das Leben stellte für
ihn andere Weichen. Heute
ist er glücklich, dass er
sein
Handwerk gelernt hat. Auch
seine Eltern haben ihn letzt-
endlich darin gestärkt. Der
elterliche Betrieb wurde
später verkauft.
Handwerksmeister Ahlke vor
fünf Ahlkes: Der 35-Jährige
baut – auf Wunsch auch ganz
individuell – Gitarren, repariert
aber auch Instrumente.