Nachgefragt
zu aktuellen Themen
Die deutsche Arbeitsministerin Andrea
Nahles besuchte zusammen mit ihrer
französischen Amtskollegin Myriam el
Khomri die Handwerkskammer Koblenz
und informierte sich in den Bildungszen-
tren über die duale Ausbildung, die Meis-
terqualifikation wie auch die Integration
von Flüchtlingen in den Ausbildungs- und
Arbeitsmarkt. Der Dialog mit der Politik
spielt auch imVorfeldderLandtagswahlen
am nächsten Wochenende eine zentrale
Rolle. Politiker unterschiedlicher Parteien
eint das klare Bekenntnis zum Handwerk,
das mit Werten und Leistungen überzeugt.
Herr Krautscheid, worum ging es beim Besuch der Arbeits-
ministerinnen aus Deutschland und Frankreich?
Dieser Besuch ist sicherlich ein großesKompliment für dasHand-
werk inunsererRegion.DennwennsichzweiArbeitsministerinnen
in der Praxis Informationen aus erster Hand holen wollen, gibt es
sicherlich zahlreiche Möglichkeiten. Dass die Wahl auf Koblenz
gefallen ist, spricht für unsere Betriebe und auch die Handwerks-
kammer. Ein Schwerpunktthema des Besuchsprogramms war die
erfolgreiche IntegrationvonFlüchtlingen in ausbildungsvorberei-
tendeMaßnahmen.DasHandwerk ist gerade ineinemFlächenland
wie in unserer Region gut aufgestellt, was die Ausbildungs- und
Integrationsmaßnahmenbetrifft.Hier gibt es keineGhettobildung,
sondern eine erfolgreiche und sehr persönliche Einbindung der
Jugendlichen in Betriebs- und Lebensabläufe. Dahinter steckt
auch viel persönliches Engagement der Menschen am Ort, das
man gar nicht hoch genug herausstellen kann. Das sahen auch
Andrea Nahles und ihre Pariser Amtskollegin so, von denen es
viel Anerkennung für die Leistungen unserer Betriebe und der
Netzwerkpartner gab, die diese Projekte begleiten.
Im Vorfeld der Landtagswahlen gab es auch viel Lob der
Landespolitik fürs Handwerk. Wie ordnen Sie das ein?
Es hat natürlich einen hohen Stellenwert, wenn Politiker über
Parteigrenzen hinweg und mitten imWahlkampf in einem Punkt
Einigkeit zeigen: Das Handwerk zählt etwas! Mit ihm verbinden
sich Werte und Leistungen, die fernab wahltaktischer Manöver
durch Spitzenpolitiker positivwahrgenommenwerden. Natürlich
freuen wir uns darüber, wenn das auch öffentlich geäußert wird.
Das wurde auch im Gespräch mit FDP-Spitzenkandidat Volker
Wissing in unseremHaus deutlich. Worten folgen Taten – gerade
das Handwerk lebt das vor. Die Politik wird also letztendlich da-
ran gemessen, was sie – auch im Sinne des Handwerks – künftig
umsetzt. Wir schauen also über den Wahltag hinaus und freuen
uns auf die weiterhin gute und erfolgreiche Zusammenarbeit mit
der künftigen Landesregierung.
Das Handwerk haben auch andere Parteien wie die AfD im
Wahlkampf für sich entdeckt. Wie schätzen Sie das ein?
Die AfDpropagiert den für die Absolventen kostenlosenMeister-
brief.Das bedeutet eineÜbernahme derKostenderQualifizierung
vergleichbar des Hochschulstudiums. Auch hier gilt: Worten
müssen Taten folgen. Der Wahlkampf verleitet leider auch zu
populistischenVersprechungen imKampf umStimmen, undman
sollte sich über solche Einzelaspekte immer objektivmit demGe-
samtpaket auseinander setzen. Hier erfüllt die AfD definitiv nicht
Ansprüche des Handwerks. Sehe ich das starke Engagement der
Handwerksbetriebebei der IntegrationvonFlüchtlingenoder auch
die offene Gesellschaft, für die das Handwerk traditionell steht,
habenwir politischganzandereVorstellungenundZiele.Mit dieser
Grundeinstellung stehen wir den demokratischen Parteien nahe.
Mit Blick auf die Landtagswahl am nächsten Sonntag verbindet
sich eine deutliche Botschaft: Gehen Sie wählen!Machen Sie von
Ihrer Möglichkeit Gebrauch, die künftigen Machtverhältnisse im
Landtag mitzubestimmen! Und lassen Sie sich bei der Stimmab-
gabe nicht vom Populismus verleiten, sondern entscheiden nach
sachlichen und demokratischen Aspekten, auf die man sich über
den Wahltag hinaus verlassen kann!
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Kurt Krautscheid
Stimmen aus der Politik / HwK-Präsident im Gespräch
3
Nr. 197
5. März 2016
www.handwerk-special.de„Unser Herz schlägt für das Handwerk!“
Rheinland-pfälzische Spitzenpolitiker von CDU, SPD und den
Grünen sprechen offen über ihre Sympathien für das Hand-
werk, die sich aus Werten und Leistungen ableiten lassen.
Beim Neujahrsempfang der Handwerkskammer Koblenz Mitte
Januar ergriffen Julia Klöckner (CDU; Bildmitte), Alexander
Schweitzer (SPD; links) und Uwe Hüser (Bündnis 90/Die Grü-
nen) das Wort und gingen auf die Bedeutung des Handwerks
für unser Land, die Wirtschaft und Gesellschaft ein.
Die Vertreter der unterschied-
lichenParteieneintedabei:Das
Handwerkgenießt einenhohen
Stellenwert in der politischen
Wahrnehmung. Die Politiker
bekanntensichzumHandwerk,
was sich so zusammenfassen
lässt: „Unser Herz schlägt für
das Handwerk!“
Julia Klöckner
(CDU),
Fraktionsvorsitzende imrhein-
land-pfälzischen Landtag /
Spitzenkandidatin bei der
Landtagswahl
„Die überbetriebliche Ausbil-
dung muss stärker durch die
Politikgefördert, dieBerufsbil-
denden Schulen besser ausge-
stattet werden. Das Handwerk
übernimmt gerade aktuell eine
hohe Verantwortung bei der
IntegrationvonFlüchtlingen in
Ausbildung und Beruf. Dabei
muss die Berufsvorbereitung
dieser Jugendlichenverbessert
werden, insbesondere bei der
Sprachschulung.“
Hinsichtlich der Wertigkeit
zwischen beruflicher und
akademischer Bildung stellt
die CDU-Politikerin fest:
„Berufliche Ausbildung ist
genau so viel wert, wie aka-
demische! Dies gilt es stärker
herauszustellen!“
Klöckner wendet sich deut-
lich gegen Eingriffe der Po-
litik in handwerkspolitische
Strukturen: „Hände weg vom
Meisterbrief!“ Aus Fehlern der
Vergangenheit habemangelernt
unddie rheinland-pfälzischePo-
litik wie auch die Bundespolitik
setzen sichgemeinsamfürErhalt
undStärkung desMeisterbriefes
ein. Mit Blick auf bürokratische
Auflagen lautet ihre einfache
Formel im Sinne einer Entla-
stung der Unternehmen über
Bürokratieabbau: „Für jede
neue Vorschrift muss eine alte
abgeschafft werden.“ An die
HwK Koblenz selbst geht ein
großes Lob für die eingeschla-
gene Transparenzoffensive:
„Diese Handwerkskammer ist
gut aufgestellt undhat bewiesen:
esbraucht keine rechtlichenAuf-
lagen, um transparent zu sein!
Alexander Schweitzer
(SPD),
Fraktionsvorsitzender im
rheinland-pfälzischen Landtag
„Die wirtschaftliche Lage im
Land ist gut, die Auftragslage
stimmt optimistisch. Auch im
Bundesvergleich stehen wir gut
da. 2014 war Rheinland-Pfalz
GründungslandNummer 1, 2015
Nummer 2. An diese Spitzen-
wertegilt es anzuknüpfen,wobei
dem Handwerk eine wichtige
Rolle zukommt. Entsprechend
werden die Interessen dieses
Wirtschaftsbereiches durch
die Landesregierung wahrge-
nommen und das Handwerk
unterstützt. Der Ovale Tisch
ist ein gutes und erfolgreiches
Instrument für den Austausch
untereinander.“
„Die überbetriebliche Ausbil-
dung wird weiter vom Land
gefördert“, lautet die klare
Aussage des SPD-Politikers,
der auch die Verdienste um
eine hochwertige Ausbildung
durch das Handwerk heraus-
stellt und das ehrenamtliche
Engagement lobt.
Uwe Hüser
(Bündnis 90/
Die Grünen), Staatssekretär
im Ministerium für Wirt-
schaft, Klimaschutz, Energie
und Landesplanung Rhein-
land-Pfalz
Uwe Hüser lobt das Handwerk
alsTeil derBürgergesellschaft.
„Im Ehrenamt oder auch bei
den Flüchtlingsnetzwerkern
leisten Handwerker und die
Handwerkskammer Koblenz
herausragendeArbeit.DieLan-
desregierung unterstützt diese
Projekte finanziell, umsetzen
könnenesabernurdieExperten
vorOrt.Hierbei könnenwir uns
auf das Handwerk verlassen!“
Hüser stellt sich ebenfalls
hinter die Berufsausbildung.
„Das Ansehen, das Bild hand-
werklicher Berufe muss deut-
lich mehr in den Mittelpunkt
gerückt werden.“ Einen wich-
tigen Beitrag dabei leiste der
durch die Landesregierung
bindend eingeführte Berufso-
rientierungstag indenSchulen.
„Das ist die richtige Richtung
im Sinne der Zukunftspla-
nung der Jugendlichen und
wichtig für das Handwerk,
das ein wichtiger Baustein un-
seres Wohlstandes ist.“ Dabei
schließt der Grünen-Politiker
auch die Verbesserung des
Meister-BAföG´s ein: „Wir
müssen Handwerker auf dem
Weg zum Meisterbrief stärker
finanziell unterstützen!“
Foto: P!ELmedia