im Ausland Land & Leute kennen- und beruflich dazulernen
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Nr. 196
30. Januar 2016
www.handwerk-special.deAuslands-Praktikum
Reise nach Norwich
Nadine Schrömges ist 21
Jahre alt und wird bei der
Handwerkskammer Koblenz
im dritten Lehrjahr zur
Bürokauffrau ausgebildet.
Jüngst absolvierte sie ein
Praktikum im englischen
Norwich und fasst ihre Er-
lebnisse zusammen.
Voller Vor-
freude und
Aufregung
ging es los
inRichtung
Flughafen.
Der Flieger
startete um
6.30 Uhr
und lande-
Finnische Gastfreundschaft
Anlagenmechaniker für
Heizung-Sanitär-Klima-
technik Fabian Fink aus
Neuwied ist der erste
Handwerkslehrling, der
über die Mobilitätsbera-
tung der Handwerkskam-
mer (HwK) Koblenz ein
dreiwöchiges Berufsprak-
tikum in Kuopio in Finn-
land absolvierte.
„Man muss sich daran gewöh-
nen, dass es im Herbst und
Winter bereits 15.30 Uhr stock-
dunkel ist und der Biorhythmus
zwangsläufig etwas über den
Haufen geworfen wird. Die
Gastfreundschaft und die neuen
Aufgaben lassen das schnell
vergessen“, so der 23-Jährige.
Aus einem sozialen Jahr in
der Altenpflege nach dem Re-
alschulabschluss wurden drei.
Danach entschloss er sich für die
Lehre imHandwerksberuf. „Die
Aufgaben in meinem gewählten
Beruf sind so vielschichtig, dass
es immer spannend bleibt“, sagt
er. Ein Praktikum und der be-
standene Aufnahmetest führten
zur Lehrstelle im Neuwieder
Heizung-SanitärBetriebFärber.
Zufriedene Kunden
sind kein Zufall
Arbeiten überwiegend in den
Bereichen Heizung, Sanitär und
Badrenovierung für private und
gewerbliche Kunden zählen zu
den Schwerpunkten des 1948
vonEdmundFärber gegründeten
Unternehmens. Nach dessen
Tod übernahm Peter Boden den
Betrieb des Schwiegervaters.
Sohn Claus-Peter Boden und
Schwiegersohn Jürgen Büsch
stehen heute an der Spitze des
12-köpfigen Teams. Sie erwei-
terten die Angebotspalette um
die Umwelttechnik.
Gleich, ob es um energiespa-
rende Brennwerttechnik, die
Installation einer Wärmepumpe
oder Niedertemperaturheizung
geht, ob schnelleHilfe bei einem
Rohrbruch gefragt ist oder die
EinrichtungeinerWellness-Oase
gewünscht wird, die individu-
ellen Bedürfnisse der Kunden
stehen für die Geschäftsführer
obenan. „Zufriedene Kunden
sind kein Zufall“, sagen sie.
Fabian Fink reiste als Austauschlehrling in den hohen Norden
te mit einer Stunde Zeitverschiebung um 6.50 Uhr in London.
Hier wartete die Herausforderung, die Ticketstation des Natio-
nalexpress und dessen Abfahrthaltestelle zu finden. Nach dem
Ticketkauf folgte eine dreistündige Busfahrt von London nach
Norwich – und das auf der falschen Straßenseite. In Norwich
angekommen wartete bereits die Gastfamilie auf mich und wir
fuhren zusammen zu demHaus das für die nächsten drei Wochen
mein Zuhause sein würde.
Mein erster Tag am City College Norwich begann um 10 Uhr
mit einemRundgang über das gesamte Gelände und einer Sicher-
heitsbelehrung. Anders als ich erwartet hatte, ist das College nicht
einfach nur eine Schule. Es ist eine Schule die quasi mit einer
Handwerkskammer kombiniert ist.Denn es gibt sowohl Schüler in
Uniform, die am normalen Schulunterricht teilnehmen, aber auch
Lernwerkstätten wie bei der Handwerkskammer. Unter anderem
gibt es dort ein kleines Café, das vonBäckern und Fachverkäufern
im Lebensmittelhandwerk betrieben wird sowie einen Beauty
Salon für Haare und Make up, in dem Friseure und Kosmetiker
an Modellen ihr Handwerk erlernen können.
Meine erste Woche am City College Norwich absolvierte ich
dann an verschiedenen Rezeptionen. Die erste Rezeption, die
Main Reception, ist überwiegend zuständig für Aufgaben, die
Besucher betreffen. Zu den Aufgaben an der Main Reception
gehören unter anderem das Ein- und Auschecken der Besucher
mit der Ausstellung einer Visitorcard (Besucherkarte), die Post-
bearbeitung sowie die Kontrolle von Fundsachen. Das Erstellen
von Visitorkarten ist eine Sicherheitsmaßnahme des Colleges,
ebenso wie das präsent sein der Security, sowie der Polizisten
auf dem gesamten Bildungsgelände. Die zweite Rezeption, der
AdviceShop (Beratungsstelle), ist verantwortliche für dieBelange
der Schüler. Die dritte Rezeption, die Southwell Reception, ist
überwiegend für dieTätigkeitenderHausverwaltungmaßgebend.
An allen drei habe ich mitgearbeitet.
Am ersten Wochenende machte ich zusammen mit den anderen
Auszubildenden einen Ausflug nach London. Hier nahmen wir
an einer Sightseeing-Tour mit demBus teil und lernten zahlreiche
Sehenswürdigkeiten kennen.
In meiner zweiten Woche im City College wurde ich im Office
eingeteilt. Da der Half Term (Halbzeit/Herbstferien) kurz bevor-
stand und somit auch die Verschickung der Zeugnisse, gab es
viele Nachhilfeanfragen zu bearbeiten.
AnmeinemzweitenWochenendemachten die anderenAuszubil-
denden und ich einenAusflug an den Strand vonGreat Yarmouth.
Dort gab es unter anderem einen kleinen Jahrmarkt amStrand mit
verschiedenen Spielhallen und Fahrattraktionen.
In meiner dritten und letzten Woche arbeitete ich bei Face to
Face Finance (Finanzberatung). Dort waren meine Aufgaben
weitestgehend das Erstellen von Portfolios der Klienten, das
Anfertigen von verschiedenen Anschreiben, sowie das Anlegen
einer Tabelle mit allen Adressdaten der englischen Banken. Am
Ende dieser Woche startete dann, nach vielen Erfahrungen und
neuen Eindrücken, mein Flug in Richtung Heimat.
Abschließend möchte ich sagen, dass ein Auslandspraktikum
jedem zu empfehlen ist. Man erhält viele Eindrücke von anderen
Kulturen und verschiedenen Arbeitsweisen. Eigenschaften wie
Selbstvertrauen, Offenheit, Eigeninitiative, aktives Zuhören und
natürlich die Verbesserung der englischen Sprachkenntnisse
werden nachhaltig gefördert.
Ausbildung als soziale
Verantwortung
Ausbildung sehen die beiden
Diplom-Ingenieure als ihre so-
ziale Verantwortung. „Zu einer
optimalen Wissens- und Wer-
tevermittlung gehört es auch,
den jungen Leuten frühzeitig
Verantwortung zu übertragen
undMöglichkeiten aufzuzeigen,
wasman imHandwerkerreichen
kann.“Als JürgenBüschvonden
AngebotenderHwK-Mobilitäts-
beratung hörte, hat er sie direkt
mit seinenLehrlingendiskutiert.
Die Wahl auf Finnland fiel auch
aus pragmatischenErwägungen.
„Ich dachte, dass das technische
Niveau unserem deutschen
am ähnlichsten ist. Außerdem
führen Privatreisen später eher
in die anderen Austauschländer
nachEnglandundFrankreich als
nach Finnland“, meint Fabian.
Er hat seine Wahl nicht bereut.
VieleArbeitstechniken inseinem
Gastbetrieb waren ihm bestens
bekannt, so dass er schnell
selbstständig arbeiten konnte.
Englische Sprachkenntnisse
erleichterten ihm die Tätigkeit.
Das Eis zu den Kollegen war
nach dem einen oder anderen
Saunabesuch schnell gebrochen.
Auch sein Chef am Ort war
vom Engagement des Hand-
werkslehrlings aus Deutschland
angetan. „Das Praktikum ist
eine Superchance. Ich kann es
nur jedem empfehlen.“ In der
Berufsschulklasse hat er schon
kräftig Werbung gemacht und
viele Fotos gezeigt. Auch Bilder
von seinem ersten Flug über den
Wolken waren dabei!
Färber GmbH, Neuwied
Gegr. 1948 | 12 Mitarbeiter | Heizung-Badrenovierung-Umwelttechnik
Tel. 02631/ 724 67 |
www.faerber-neuwied.deFinnlandpraktikant Fabian Fink zusammen mit den
Chefs Jürgen Büsch und Claus-Peter Boden (von links).
Im Anflug auf eine berufliche Herausforderung und per-
sönliche Bereicherung: Fabian Fink lebte und arbeitete
drei Wochen im finnischen Kuopio.
Technik wie in Deutschland, nur die Beschriftung in Fin-
nisch ist ungewöhnlich.