Holzgestaltung der Extraklasse / Schulprojekt beim Handwerk
18
Nr. 195
5. Dezember 2015
www.handwerk-special.deFilm ab!
Jana, Chiara, Sophia, Annalena und Stella sind zwischen 15
und 16 Jahre alt. Im „Normalfall“ lernen sie an der Realschule
plus „Hoher Westerwald“ in Rennerod. Doch normal ist an
diesem Tag nichts für die fünf und die begleitende Sozialar-
beiterin Anne Riebel, denn Buch oder Schreibgerät haben sie
eingetauscht gegen Kamera und Mikrofon.
Aus der Schule hinein ins Handwerk, vom Klassenzimmer an die
computergesteuerte Bearbeitungsmaschine: Das Medienprojekt
berufsBILDER macht es nicht nur möglich, sondern stellt diesen
Wechsel ganz bewusst in den Mittelpunkt von Informations-
filmen zu MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwis-
senschaften und Technik). Berufserkundung einmal anders und
vielschichtig, denn nicht nur das, was vor der Kamera läuft, wird
erkundet. Auch Erfahrungen als Kamerafrau, Redakteurin, Ton-
technikerin oder Moderatorin können so im praktischen Feldver-
such gesammelt werden.
Das Handwerksunternehmen Munsch aus Ransbach-Baumbach
bietet dabei nicht nur eine erstklassige Kulisse, sondern unter-
stützt das Projekt auch über Ansprechpartner und tiefe Einblicke
in die Betriebsabläufe. Vor der Kamera beantwortet Yunus Koc,
der zum Zerspanungsmechaniker ausgebildet wird, ruhig und
geduldig alle Fragen der Schülerinnen: Wie sieht sein Alltag aus,
welche Herausforderungen verbinden sich im Umgang mit „sehr
wertvollen und computergesteuerten Maschinen, was verdient
Wenn Schüler zu Filmemachern werden
„Ich habe Holz im Blut!“
In ihrer Werkstatt verwan-
delt sie einen Holzklotz in
ein großes pflanzliches
Objekt. Möglich wird dies,
wenn handwerkliches und
künstlerisches Talent ans
Werk gehen. Holzbildhau-
ermeisterin Sylvia Oetjen
aus Weiler im Hunsrück
vereint beides.
Sie sucht das Holz aus, das sich
am besten für die Umsetzung
ihrer Ideen und für die jeweils
auszuführende Arbeit passt. Mit
ihrer floralen Holzkunst belebt
sie die Wände öffentlicher Räu-
me ebenso wie die im privaten
Wohnbereich.DasWechselspiel
von Spannung und Harmonie,
Schwere und Leichtigkeit, Ob-
jekt und Umfeld fasziniert den
Betrachter. Dabei verbindet
Sylvia Oetjen traditionelles
Handwerk mit künstlerischem
Anspruch.
Angefangen hat die aus Nord-
deutschland stammendeMeiste-
rinmit einer Tischlerlehre. Zwei
Jahre und einen Tag ging sie als
23-Jährige mit „Axt & Kelle“
auf die Walz. Ihr Weg führte
sie durch Deutschland und Ös-
terreich bis nach Skandinavien.
Sie arbeitete bei einem Tischler
in Kopenhagen, in Stockholm
und kam bis zu den Lofoten,
einer Inselgruppe vor der Küste
Norwegens. Späterverwirklichte
sie ihren Traum und absolvierte
eine Holzbildhauerlehre in
Bischofsheim/Rhön und krönte
diese mit dem Meisterbrief.
„Ich habe Holz im Blut. Mein
Großvater hatte eine Tischlerei
und überall im Haus lag Holz
herum.DieWerkstattwar bereits
geschlossen, als meine Berufs-
wahl anstand. Trotzdem war
mein Interesse, mit diesem Ma-
terial einmal zu arbeiten, groß“,
erzählt sie. Den Lehrvertrag als
Tischlerin bereits in der Tasche,
machte sie ein Praktikum bei
einem Holzbildhauer und war
von diesem Beruf begeistert.
„Er hat mich aber bestärkt, die
Tischlerlehre zu machen und
dabei traditionelle handwerk-
liche Fertigkeiten zu erwerben,
auf denen ich perfekt aufbauen
konnte“, erinnert sie sich.
Seit 1998 ist sie nun als Holz-
bildhauermeisterin mit eigener
Werkstatt tätig. „IndiesemBeruf
mussman sich ständigneuenHe-
rausforderungen stellen, sowohl
bei der eigenen schöpferischen
Holzbildhauermeisterin Sylvia Oetjen kreiert florale Holzkunst
Hier
geht’s
mit dem
Smart-
phone zum Filmbei-
trag aus HwK-TV
vom 2. Dezember
2015 unter www.
youtube.de/hwktvVerwirklichung als auch bei
aufwendigen Restaurierungsar-
beiten“, betont die 55-Jährige.
Weitere Schwerpunkte ihrer
Arbeit sind die Rekonstruktion,
Ergänzung und Neuschaffung
von Ornamenten aller Stilepo-
chen, insbesondere von Schlei-
erwerk an Kirchenorgeln. Mit
vielEinfühlungsvermögendenkt
sie sich invorhandenesZierwerk
aus alter Zeit hinein und ergänzt
es derart perfekt, dass die rekon-
struierten Teile nicht als solche
zu erkennen sind. Inzwischen
kann die gefragte Fachfrau auf
die Mitarbeit an gut 20 Orgeln
zurückblicken, davon sechs
Neuentwürfe. Sie klingen in
Achtelsbach,Klein-Krotzenburg
oder in Mailand.
„Es gehört sehr viel Liebe und
Herzblut dazu, das Schleierwerk
an der Königin der Instrumente
zu bearbeiten, ebenso wie das
Schnitzwerk an Altären und
Kircheneinrichtungen neu an-
zufertigen.“
Bei neuen Entwürfen steht
die Verbindung zu Raum und
Geschichte des Ortes im Vor-
dergrund. „Ich bewege mich
mit meiner floralen Holzkunst
im Spannungsfeld zwischen
HandwerkundKunst“, freut sich
SylviaOetjenüber ihreArbeiten,
die sehr gefragt sind.
In ihrer Ausstellung in Weiler
geht denBesuchern dasHerz auf
– nicht nur zur Weihnachtszeit!
Holzbildhauerwerkstatt Sylvia Oetjen, Weiler
Gegr. 1998 | 1 Mitarbeiter | Florale Holzkunst, Rekonstruktion von Schlei-
erwerk an Orgeln | Tel. 06754/ 945 74 49 |
www.floraleholzkunst.deSylvia Oetjen in ihrer Holzbildhauerwerkstatt in Weiler
an der Nahe.
Ornamentarbeiten an
einer Kirchenorgel.
Florale Holzkunst in einer
Wohnung.
man hier als Lehrling“.
Bis der Film fertig ist, wartet
nun noch einige Arbeit auf die
Schülerinnen. Am Ende werden
die Ergebnisse auf den Websites
der Projektpartner veröffentlicht
und dort zur Berufsorientierung
eingesetzt.
Mit Kamera und Mikrofon ganz
nah dran: Wie ein Film unter
professionellen Bedingungen entsteht, erlernen 17 Schülerinnen
und Schüler der Realschule plus. Im Zuge des gemeinsamen
Medienprojektes berufsBILDER von IHK und HwK Koblenz
setzen sich die Teilnehmer nicht nur mit den Kamera-Funktionen
auseinander, sondern wenden dieses Wissen auch praktisch an.
Unterstützt werden die „TV-Teams“ durch Profis wie Ludwig
Asal, der das Projekt für die Landeszentrale für Medien und
Kommunikation begleitet. Geleitet wird das Projekt von Anne
Riebel, die als „Jobfux“ an der Schule arbeitet.
Einen Filmbeitrag von den Dreharbeiten gibt es im Internet
unter
www.hwk-tv.de.Die Schülerinnen als TV-Team im Interview mit Lehr-
ling Yunus.