Handwerk Special Nr. 179 vom 10. Mai 2014 - page 9

Meisterstücke begleiten das Wohnen lebenslang
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Nr. 179
10. Mai 2014
Die Antiquitäten von
morgen
Das Kennenlernen steht immer am Anfang: „Dazu gehören
zwei Seiten“, erläutert Tischlermeister Frank Seifen. „Mir hilft,
wenn ich sehe, wie ein Kunde eingerichtet ist, was ihm gefällt.
Umgekehrt soll der Kunde wissen, wie ich lebe und arbeite.
Ich muss ihm etwas zeigen, damit er sich das Machbare vor-
stellen kann. Dann fertige ich den zu ihm passenden Entwurf
– einmalig, mit ihm und nur für ihn.“
Tischlermeister Frank Seifen und seine Leidenschaft für Massivholzmöbel
Möbelschreinerei Frank Seifen, Oberirsen
Gegr. 1997 | 4 Mitarbeiter | individuelle Möbel und Einrichtungsgegen-
stände aus Massivholz | Tel. 02686/ 989375 |
die seinerzeit keine Lehrstelle
als Tischlerin gefunden hatte
und jetzt bei der Oberflächen-
behandlung mitarbeitet, und ein
Student, der sich nach entspre-
chenden Maschinenkursen bei
der Handwerkskammer auf den
Zuschnitt spezialisiert hat. Nicht
nur als Vorstandsmitglied in der
Tischler-Innung des Kreises
Altenkirchenblickt FrankSeifen
über den eigenen Tellerrand
hinaus.
ZuletztermöglichteFrankSeifen
beim Girls’Day der 13-jährigen
Sophia Ein- und Ausblicke im
Tischlerhandwerk, verschob so-
gar eigens einenAusliefertermin
beimKunden, damit siewichtige
Arbeitsschritte kennen lernen
und selbst durchführen konnte.
„SophiamöchteInnenarchitektin
werden. An diesem einen Tag
konnte sie die Praxis und das
Fundament ihres akademischen
Wunschberufes erleben. Die
Kunst desEinrichtens beruht auf
solidemHandwerk“, hatMeister
Frank Seifen ihr anschaulich
mitgegeben.
Frank Seifens Weg zum Meistermöbel: ein von Hand gezeichneter Entwurf, das Innere des Schranks über ein Klappbild mit dargestellt – die
Kanthölzer für die Leimholzplatten sorgfältig ausgewählt und verarbeitet – gezinkte Verbindungen als sichtbares Gestaltungselement – und
viel handwerkliches Können bei der Umsetzung von Details, wie rechts bei seinem Meisterstück, einem Vitrinenschrank.
Foto: Seifen
„Ich hätte nie ge-
dacht, dass mit
dem Aufbau eines
kleinen Schranks
derart viel sorg-
fältigste Arbeit
verbunden ist“,
staunte Sophia
beim Girls’Day.
Foto: Seifen
Ein leiden-
schaft-
licher
und meis­
terlicher
Tischler:
Frank
Seifen aus
Oberirsen
bei Alten-
kirchen.
verschiedene Bildungsträger als
Ausbilder und Werkstattleiter.
1997 gründete er seinen eige-
nen Betrieb im Nebenerwerb.
Dafür funktionierte er Schritt für
Schritt denKuh- undHeustall an
seinemElternhaus zurWerkstatt
um und begann seine Wohnung
„auszutischlern“.
Das Ergebnis sprach sich in Fa-
milie und Nachbarschaft herum,
die erstenKundenwarengewon-
nen.Der jungeMeister stellte bei
HolztagenundGewerbeschauen
in der Region aus und lud über
dasMitteilungsblatt zur „Möbel-
messe von Oberirsen“ ein, wenn
er vor der Fertigstellung eines
Auftrages stand. In der Folge
holte er dann auch immer wie-
der Objekte von seinen Kunden
zurück, um die Vielfalt seines
Könnens zu zeigen.
Bewusst handgezeichnete Ent-
würfe, die „eine ganz andere
Lebendigkeit des Objektes
beschreiben als Computerzeich-
nungen“, ausgewählte
Hölzer von Händlern in
derRegion,detailverliebte
FertigungvonHand,offen
gezinkt, mit über Eck
laufender oder in den
Füllungen gespiegelter
Maserung – so entstehen
beiMeister Seifendie,wie
er selbst es nennt, „An-
tiquitäten von morgen“:
Möbel, die ihrenWert be-
wahren oder gar steigern
undderenTürenauchnach
Jahrzehntenschließenwie
am ersten Tag. Hand-
werkliche Perfektion bis
ins Detail. „Holzgold“
statt Betongold, in das
So entstehen Massivholzmöbel,
„die alle Meisterstück-Qualität
besitzen“,wieder 47-Jährige aus
Oberirsen versichert. Und dann
erzählt er, wie er vor 20 Jahren
sein eigenesMeisterstück gefer-
tigt hat: Der Entwurf fiel beim
Prüfungsausschussdurch,weiler
zu aufwendig war und den dop-
peltenZeitansatz erfordert hätte.
„IndenVitrinenschrankhatteich
alle mir bekannten Techniken
eingearbeitet. Er sollte ein be-
sonderes Dankeschön für meine
Mutterwerden.“Wurdeerauch–
mitAusnahmegenehmigung,die
der eingeschaltete Kammerprä-
sident dem Prüfungsausschuss
empfahl.
Nach der Lehre in einer Bau-
schreinereiund„Wanderjahren“,
indenenerSonderwünscheanfa-
brikmäßig produzierten Küchen
umsetzte, entschloss sich Frank
Seifen,denKönigsweginseinem
Handwerk einzuschlagen. Als
er 1994 seine Meisterprüfung
bestanden hatte, arbeitete er für
Topmanagergenausoinvestieren
wie eine Verkäuferin, die darauf
länger sparen muss.
In seinem Schaffen unterstützt
ihn Ehefrau Beate, die das Büro
managt.UndzweiTeilzeitkräfte,
eine Intensivkrankenschwester,
Robuste Ruhebank – Büroschrank, passgenau und funktional.
Fotos: Seifen
Foto: Seifen
Wasch-
tisch –
funktional
bis ins Detail.
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