Handwerk Special Nr. 178 vom 29. März 2014 - page 13

Traditionmit Zukunft: Nahrungsmittel ausdemHandwerk
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Nr. 178
29. März 2014
Seit 1900 Fleisch von Lehmler
„Ischgiehnemohl bäi
MeschelsaStecksche
Fleischwurscht holle.“
EinSatz, denman in
Welschneudorf beiMon-
tabaur oft hört. DieFlei-
scherei Lehmler ist eine
Institution imOrt. Und
dasseit 1900.
Beliebt bei den Einwohnern
und denen in den Nachbardör-
fern. „Immer samstags brin-
gen wir den Kunden in sechs
umliegenden Ortschaften ihre
bestellten Fleisch- und Wurst-
waren direkt ins Haus“, so
FleischermeisterMikeLehmler.
Der 40-Jährige ist in über 100
Jahren der vierte Inhaber, der
den gleichen Namen wie der
Unternehmensgründer trägt.
AmAnfangwar
„etHundswehnche“
Schon seit Eröffnung des Flei-
scherladens in Welschneudorf
wurde geschlachtet. Aufgrund
der großen Nachfrage kam
WesterwälderMeisterbetrieb trägt seit über 100 JahrendengleichenNamen
Fleischerei Lehmler,Welschneudorf
Gegr. 1900 | 14Mitarbeiter | eigeneSchlachtung, küchenfertigeZerlegung
| Tel. 02608/ 339 |
Meister
Fleischer StefanSchäfer
„DieVielseitig-
keit inmeinem
Berufmacht für
michdenReiz
aus“, soFlei-
schermeister
StefanSchäfer
ausVölkersfeld.
Der 25-Jährige
hat in der Land-
metzgerei Jonas
in Herresbach-Döttingen am Nürburgring gelernt und arbeitet
auchnachderMeisterschuleweiter imBetrieb. „Wir schlachten
selbstundverkaufennur,wasselbst zerlegtundverarbeitetwird.
Zugekauftwirdnichts.DerKundehatden lückenlosenNachweis
von der Herkunft der Tiere bis zur fertigenWare“, sagt er. Ihm
gefällt es, in vielenBereichen dieVerantwortungmit zu tragen.
„Es ist nie eintönig“, betont er. Hinzu kommt das guteArbeits-
verhältnis zu seinen Chefs Frank und Claudia Jonas, die beide
Fleischermeister sind.
„Ich bin sicher, dass die Eltern ihrenKindern nicht gerade zum
Fleischerberuf zuraten. Das ist immer noch ein Imageproblem.
Viele denken direkt ans Töten. Man muss sein Lebensmittel
aber zu schätzen wissen und sich immer klar sein: Das Fleisch
ist etwasWertvolles und hat mal gelebt“, betont Claudia Jonas.
Die Lehrlingswartin der Fleischer-InnungMayen ist überzeugt,
dassvielenachderSchule„einfachnichtwissen,wohinderWeg
gehen soll. Die Eltern als erste Ansprechpartner meinen, das
Studium sei einKönigswegzumberuflichenGlück. Information
undBeratung sinddeshalb immenswichtig“.
Stefan fand über ein Praktikum zum Beruf. Der Kontakt zum
Lehrbetriebentstandüber seineEltern. „SiebetreibenLandwirt-
schaftundhaben ihrePiemonteserRinder inderMetzgerei Jonas
schlachten lassen. Der Schlachtprozess ist ein ganz natürlicher
Vorgangundgehört zumKreislaufderErnährung.DieserBezug
fehltdenMenschenoft.SiefindenSchlachtenekligundanrüchig“,
schätzt er ein.KonkreteZukunftsplänehat der Jungmeister noch
nicht. Er weiß aber, dass derMeisterbrief in seinemHandwerk
ihm zahlreicheKarrierechancen bietet.
FleischereiClaudiaJonas,Herresbach-Döttingen
Gegr. um1970 | 9Mitarbeiter | Fleisch- undWurstwarenaus eigener
Schlachtung | Tel. 02691/ 7494 |
es zur Auslieferung der Ware
in die Umgebung, zuerst mit
einemHundewagen, später mit
derPferdekutsche.DieKühlung
der Fleischprodukte erfolgte in
einem 80Quadratmeter großen
und fünf Meter hohen Eisraum
nahe der Fleischerei. „40bis 50
Leiterwagen mit Eis lagerten
dort.AlsIsolierungfülltemandie
dickenWändemit einemWag-
gon Torf“, weißMike Lehmler
ausErzählungen.
Das Schlachtvieh kommt bis
heute aus Zuchtbetrieben in
der näheren Umgebung. „Wir
kennendieStallungenundwis-
sen, wie die Tiere gehalten und
aufgezogen werden. Die Kette
Landwirtschaft – Fleischerei –
Verbraucher ist lückenlos und
nachvollziehbar“,betontLehm-
ler.Daranhatsich inalldenJah-
rennichtsverändert, auchwenn
derBetriebmehrfachumgebaut
underweitertwurde.Erberichtet,
dass„SkandaleumSchweinepest
und Gammelfleisch uns eher
mehr Kunden gebracht haben.
2010 erhielt die Fleischerei die
EU-Zertifizierung als Schlacht-
betrieb. „Grundlage dieser Zu-
lassung ist die Dokumentation
klar strukturierter Betriebsab-
läufe und Kontrollen, die nach
einem speziellen Qualitätssi-
cherungssystem regelmäßig
durchgeführt werden“, erklärt
Lehmler.
Welschneudorfer
Geheimtipp
120 Sorten Wurstwaren pro-
duziert der Familienbetrieb, in
dem außer Mike Lehmler auch
Vater Michael, Mutter Edith,
Schwester Eva und Ehefrau
ChristineinProduktion,Verkauf
undBüromithelfen.Räucherwa-
renwerdenausschließlichnatur-
gesalzen und über Buchenholz
geräuchert. Als Spezialität gilt
Aschenbraten, einSchweinena-
ckenstück, das mit Dörrfleisch
undZwiebelnbratfertig inFolie
eingepackt wird. „90 Minuten
bei 180 Grad im Ofen garen
und fertig ist der kulinarische
Leckerbissen“, verspricht der
Fleischermeister. „Zufriedene
KundensennMeschelsKunde“,
lacht er.
UnterWanderernundTouristen
hat sich der Welschneudorfer
Geheimtipplängstherumgespro-
chen: „Wenn ihrwieder einmal
in Welschneudorf seid, müsst
ihr unbedingt die Fleischerei
besuchen.“ Auch die jüngsten
Kunden sind in der Fleischerei
Sechsmal Lehmler
(v.l.):Mike, Tochter
SophieundEhefrau
Christine, Schwester
Eva, Mutter Edith
undVaterMichael.
FleischermeisterMikeLehmler ist inderWurstküche
der vierteNamensträger inüber 100 Jahren.
Foto: privat
Deren Fragen
tendieren jetzt
auch stark in
RichtungTier-
schutz und
artgerechte
Haltung. Ich
stehe immer
als Ansprech-
partner bereit
und die Käu-
ferwissen das
zu schätzen.“
gerngesehen.Erst
kürzlich hat der
Fleischermeister
17 Kindergarten-
kinder in seinen
Betrieb eingela-
den. „Ich habe
ihnen alles ge-
zeigtundamEnde
konntensieselbst
eineWurstfüllen.
Elternwolltenda-
raufhin die Flei-
scherei kennen-
lernen, von der ihre Kinder so
geschwärmt haben“, sagt er.
Fotos: privat
DasAnwesender
Fleischerei Lehm-
ler spiegelt die
Entwicklungdes
Familienbetriebes
wider. Aus einem
Einzelhausum
1900 ist einganzer
Gebäudekomplex
entstanden.
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