Handwerk Special Nr. 175 vom 7. Dezember 2013 - page 3

Altmeisterfeier bei der HwK – im Gespräch mit Präsident Wittlich
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Nr. 175
7. Dezember 2013
Wirtschaftsgeschichte(n)
Handwerker, die vor 50,
60 und sogar 65 Jahren
ihren Meisterbrief erwor-
ben haben, standen im
Mittelpunkt der Altmeis-
terfeier der Handwerks-
kammer (HwK) Koblenz.
Über 150 von ihnen
erhielten aus den Hän-
den von HwK-Präsident
Werner Wittlich ihre Gol-
denen, Diamantenen oder
Eisernen Meisterbriefe.
In seiner Festansprache ging
Wittlich auf deren geleistetes
Lebenswerk ein und stellte die
persönlich-berufliche Meister-
schaft in einen politisch-gesell-
schaftlichenKontext. „Vielevon
ihnen haben den Krieg und die
Jahre des Wiederaufbaus erlebt.
Indieser schwerenZeit haben sie
nicht resigniert, sondern nach
vornegeschaut und ihr Schicksal
in die eigenen Hände genom-
men. Der Meisterbrief zählte
nicht nur dazu, er war oft genug
Voraussetzung für ihren Erfolg
–undTeildeutscherWirtschafts-
wunderjahre“, fand Wittlich
Worte, in denen sich die Alt-
meister wieder erkannten. Den
Meisterbriefenaus
den Jahren 1948,
1953 und 1963
folgten nun die
Auszeichnungen
der HwK. „Wir
bewerten es als
positives Zeichen,
wenn so viele der
Einladungzur Fei-
er folgen“, ging
Hauptgeschäfts-
führerAlexanderBaden auf eine
PremierederAltmeisterfeier ein,
die aufgrundderAnmeldezahlen
an zwei Folgetagen stattfand.
Die Meisterbriefe in „Gold“,
„Diamant“und„Eisern“übergab
Wittlich persönlich und fand für
jeden der Jubilare Worte des
Dankes und der Anerkennung.
HwK überreicht Goldene, Diamantene und Eiserne Meisterbriefe
Nachgefragt
Wo steht das Handwerk?
In Berlin nimmt die Große Koalition
konkrete Formen an. In Mainz zieht die
Landesregierung Halbzeitbilanz. Und in
Koblenz feiern über 200 Handwerksmei-
ster, die vor 50, 60 oder 65 Jahren ihre
Meisterprüfung abgelegt haben, dieses
denkwürdige Jubiläum, währendBetriebe
für ihr herausragendes Design oder ihre
Innovationskraft im Umfeld der Hand-
werkskammerausgezeichnetwerden.Was
alles miteinander verbindet, ist das Hand-
werkunddieHandwerkskammerKoblenz.
Deren Präsident Werner Wittlich spricht
im Interview über die Rolle der HwK auf
Bundes-, Landes- und Regionalebene.
Herr Wittlich, die Große Koalition verankert Handwerk
und Handwerkskammer fest in ihrem Regierungspro-
gramm – mit welcher Grundaussage?
Die Aussage ist sehr klar gefasst: CDU, CSU und SPDwollen ein
starkes Handwerk und verbinden damit auch den Meisterbrief,
der nicht durch Maßnahmen des europäischen Binnenmarktes
beeinträchtigt wird und erhalten bleibt. Das war übrigens ein
nie strittiger Passus in den Koalitionsverhandlungen, womit die
Rolle des Handwerks über parteipolitische Vorgaben hinweg
unterstrichen wird. Das Koalitionspapier enthält übrigens auch
diesenSatz:Wir bekennenuns zudenKammern.Dienstleistungen
für unsere Betriebe und Transparenz werden angesprochen – das
sind Themen, bei denen wir sehr gut aufgestellt sind. Das wurde
auch bei der jüngsten Vollversammlung deutlich, in der wir mit
Blick auf die anstehenden Neuwahlen 2014 unsere Handwerker
aufgefordert haben, sich in das Wahlverfahren einzubringen. In
der Zusammensetzung dieses Parlaments des Handwerks sind
Arbeitnehmer und Arbeitgeber vertreten, was viel Raum für
demokratischeEntscheidungsprozesse für „dieWirtschaftsmacht
von nebenan“ bietet. DieseMöglichkeiten wollen wir transparent
nach außen darstellen und freuen uns über eine starke Resonanz
aus den Betrieben. Insofern können wir als Handwerkskammer
Koblenz sagen: Wir finden uns mit Ansprüchen und Erwartungen
sehr gut vertreten im Regierungspapier der Großen Koalition.
Landespolitisch wurde die HwK Koblenz jüngst immer
wieder gelobt – wofür?
Unser Kontakt zur Landesregierung ist gut, die Zusammenarbeit
erfolgreich und konstruktiv. Das nehmenwir sowahr wie auch die
Landesregierung selbst. DasHandwerk ist einewichtigeSäule der
Wirtschaft, der Beschäftigung und Ausbildung. Darüber hinaus
bringt sich die Handwerkskammer in gemeinsame Projekte ein
und ich nenne die jüngste Designpreisverleihung in Koblenz,
bei der Staatssekretär Uwe Hüser sehr deutliche Worte für die
Kammer und den beteiligten Fachbereich fand: Unser Zentrum
für Gestaltung, Fertigung und Kommunikation wurde mit seiner
besonderen Rolle bei der Entwicklung von gutem Design und
dessen Vermittlung als Leuchtturm gelobt. Ähnlich sprach sich
Wirtschaftsministerin Eveline Lemke für den Innovationsbereich
aus. In kleinen und mittleren Betrieben entstehen große Ideen
und Erfindungen. Das Handwerk bietet dabei erstklassige Vo-
raussetzungen und die Kammer wie auch die Politik gestalten
ideale Rahmenbedingungen. Darauf können wir stolz sein und
entwickeln das ständig weiter – mit der Landesregierung und
natürlich auch mit der CDU.
Jüngst haben Sie 200 Altmeistern zum Meister-Jubiläum
gratuliert – mit welchen Eindrücken?
Das ist natürlich etwas ganz Besonderes – emotional, persönlich
und auch für die ausrichtende Handwerkskammer. Die Jubilare
haben vor über einem halben Jahrhundert ihre Meisterprüfung
bestanden – unter ganz anderen Bedingungen, als wir sie heu-
te haben. Das Echo auf die Feier war sehr, sehr positiv. Die
Kammer gibt über eine solche Feier etwas zurück, wovon wir
alle über Jahrzehnte profitiert haben, denn diese Generation hat
Wirtschaftswundergeschichte geschrieben!
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Werner Wittlich
MitvielenseinerHandwerkskol-
legenspracherübergemeinsame
Erinnerungen, die auch – in
einem Kurzfilm durch die Jubi-
läumsmeister selbst vorgetragen
– Anlass zum Schmunzeln und
Nachdenken gaben. Durch den
Krieg zerstörte Wohnhäuser
und Werkstätten, auseinander
gerisseneFamilienundfehlendes
Geld und Material prägten die
Jahre nach 1945. Prüfungsaus-
schüsse, die neugebildetwerden
mussten um einen Meisterbrief
in Händen halten zu dürfen,
oder Kinder, die in die Unter-
nehmen hineinwuchsen und sie
späterübernahmen
– „wir haben span-
nende,interessante
und nicht immer
leichte Zeiten er-
lebt“, fasste der
91-jährige Plat-
tenlegermeister
Heinz Börner aus
Koblenz zusam-
men: „Ich möchte
keinen einzigen
TagmeinesLebensmissen.“Mit
einer schweren Handverletzung
aus dem Krieg zurückgekehrt,
legteertrotzdemdreiJahrespäter
erfolgreichseineMeisterprüfung
in einem Handwerk ab, in dem
Handarbeit und Präzision stark
gefragt und auf einen Blick
erkennbar sind – sicherlich ein
beeindruckendes Fazit.
Altmeister
erinnern sich
Das gaben auch Konditoren-
meister Hans Jürgen Hermann
(Koblenz) und Kfz-Elektriker-
meister Horst Vogtmann (Neu-
wied)alsRednerfürdieGeehrten
ab. Beide schilderten die Rolle
desMeisterbriefesalsHerausfor-
derung, aber auch Wegbereiter,
mit dem sich umfangreiche
Chancen verbanden und der
weit über den handwerklichen
Tellerrand hinaus schauen ließ.
Die Arbeit im Ehrenamt stellten
sie dar, weltweite Reisen, die
sich aus dem internationalen
Austausch unter Handwerkern
ergaben, aber auch die persön-
liche Erfüllung, die sich mit der
Meisterprüfung und den Jahren
als Handwerksmeister verband.
Aus dem Kreis der Familien er-
griffDirkWickausAltenkirchen
dasWort, der seinen Vater, Uhr-
machermeister Wilhelm Wick,
zur Feier begleitete: „DieseFeier
ist ein festlicherRahmenundwir
alle sind derHandwerkskammer
und ihren Mitarbeitern dankbar
dafür. Es ist ein besonderer Tag,
der ein wichtiges Ereignis aus
demLebenderJubilareaufgreift,
das mehr als ein halbes Jahr-
hundert zurückliegt. Aber auch
unterdenAngehörigensindviele
HandwerksmeisterundderMeis-
terbrief ist bei vielen ein Stück
Familiengeschichte. Ich selbst
habe die Meisterprüfung exakt
heute vor 21 Jahren abgelegt“,
berichteteDirkWickundschloss
unter Beifall: „Wir sind stolz,
Handwerksmeister zu sein!“
Musikalisch umrahmt wurde
die Altmeisterfeier vom Hand-
werker-Chor Birkenfeld sowie
VictoriaWydymanski (Gesang)
undMartin Klein (Klavier), mo-
deriert durch Stefanie Schmitz
und Josef Gans, beide Mitarbei-
ter der HwK.
Hier
geht’s
mit dem
Smart-
phone zum Filmbei-
trag aus HwK-TV
vom 27. November
2013 unter
Präsident Werner Wittlich konnte in diesem Jahr mehr
als 150 Meisterjubilare begrüßen.
Foto: P!ELmedia
Musikalisch umrahmt durch den Handwerker-Chor, blieb
bei der Feier Zeit für persönliche Gespräche und Erinne-
rungsfotos – zu sehen unter
Foto: P!ELmedia
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