Handwerk Special Nr. 92 vom 12. März 2003 - page 16

Auf die Gesundheit: Optiker & Orthopädiemechaniker
12. März 2003
Nr. 92
Handwerksmesse Koblenz
MESSE AM RHEIN:
29. April bis 5. Mai
Christian war
ein ganz nor-
maler Junge.
Aber als er in
die Schule
kam, fing der
Ärger an. Es
gabProbleme
beim Schrei-
ben und Le-
sen, die sich keiner erklären
konnte - bis er seine Mutter ein-
mal fragte, warum die Buchsta-
ben beim Lesen immer weglie-
fen. Der Augenarzt ver-
schrieb eine Korrekturbrille,
das Problem aber blieb - bis
Norbert Weißenfels, Au-
genoptikermeister in Rhein-
brohl, denVorschlagmach-
te, eine
sogenann-
Lust auf Frühling? Auf Sonne, Blumen und Vogelzwitschern? Das
Handwerk macht fit für den Frühling und seine Freuden. Die
Gesundheitshandwerker helfen dabei - ob Augenoptiker, Orthopä-
diemechaniker oder Hörgeräteakustiker - mit fachmännisch ange-
passten Hilfsmitteln, mit denen das Leben auch bei gesundheitlichen
Problemen wieder lebenswert wird.
Besser sehen für mehr
Lebensqualität
Optikermeister Weißenfels sorgt für Durchblick
te „MKKH“-Messung (Mess-
und Korrektionsmethode nach
H.-J. Haase) zu machen, mit der
man zumBeispiel visuelleWahr-
nehmungsstörungen wie Win-
kelfehlsichtigkeit feststellen
kann. Bei Christian war dies der
Fall, dank der von Weißenfels
genauestens angepassten Brille
mit Prismengläsern macht Ler-
nen dem Jungen heute Spaß.
„WennbeiKinderneine
Lese- und Schreib-
schwäche festge-
stellt wird, sollte
man eigentlich
immer untersu-
chen, obWinkel-
fehlsichtigkeit
mitimSpiel
ist, und Ähn-
liches gilt für ADS-
Kinder“, erläutert
Weißenfels, der
sich seit einigen
Jahren intensivmit
der Materie
auseinander-
setzt und
gern in Selbst-
hilfegruppen be-
troffener Eltern
mitarbeitet.
DieBeschäf-
tigung mit
diesem
Themen-
komplex
gehört zu
den Spezialitä-
ten von Wei-
ßenfels, nicht
nur Augenopti-
ker-, sondern auch Uhr-
machermeister - wie der Vater
auch. Beide Handwerke liegen
in der Familie. Auch Schwe-
ster Edith Nebrich ist Optiker-
meisterin, ihrMannUhrmacher-
meister, weitere Handwerks-
meister arbeiten im Unterneh-
men. „Wir sind ein wirklicher
„Meisterbetrieb“, kom-
mentiert Weißenfels,
Obermeister der Optikerin-
nung Koblenz-Trier. Und
ergänzt mit Blick auf die
Zukunft: Mit Gängi-
gem allein, mit De-
signer-
fassun-
gen, den
leichtes-
ten Glä-
sern oder
trendigen
Sonnenbrillen,
wird man nicht be-
stehen können. Weißenfels er-
zählt von seiner zweiten „Spe-
zialität“,denvergrößerndenSeh-
hilfen für stark sehbehinderte
Menschen, deren Sehfähigkeit
unter 20 Prozent liegt und bei
denen auch Operationen, so ge-
genGrauen Star, nicht mehr hel-
fen. „Vielleicht war es das Er-
lebnis mit meiner Mutter, das
mich dahin brachte“, erzählt er.
Mit Hilfe von Spezialbrillen, in
die stark vergrößernde Linsen
eingeschraubt werden, können
auch diese Patienten wieder mü-
helos lesen, schreiben oder fern-
sehen. „Das verlangt vom Au-
genoptiker viel Einfühlungsver-
mögen und technisches Know-
how, erfordert intensive Bera-
tungs- und Betreuungsgesprä-
che, um eine optimale Lösung
zu finden.“ Mühe, die sich nicht
immer in klingender Münze, für
den Patienten aber in jedem Fall
miteinemerheblichenZugewinn
an Lebensqualität auszahlt.
Norbert
Weißenfels
Mit teurem Spezialgerät geht Weißen-
fels auf Fehlersuche in den Augen
seiner Kunden.
Dass er ge-
rade Ortho-
pädiemecha-
niker wurde,
dabei spielen
sicher auch
die eigenen
Erfahrun-
gen Jürgen Lepnikows mit.
„Mit fünf Jahren habe ich
einen Unterschenkel verlo-
ren und kam deshalb zu-
nächst notgedrungen
immer wieder mit diesem
Handwerk in Berührung“,
erzählt er, „und ganz sicher
kann ich mich deshalb auch in
die Situation, in die Bedürfnis-
se derer, die zu uns kommen,
besonders gut einfühlen“.
Und nicht nur einfühlen, son-
dern vor allem auch diesen Be-
dürfnissen mit viel handwerkli-
chem Können, anatomischem
Wissen, ästhetischem Empfin-
den und psychologischem Ge-
spür abhelfen.
All das zusammen macht das
Handwerk des Orthopädieme-
chanikers, spezialisiert auf Pro-
thesen und Orthesen, auf erset-
zendeoder stützendeHilfen, aus.
All das macht es so schwierig
und auch gleichzeitig reizvoll.
Rolf Schneider, Junggeselle und
einer der zwölf Mitarbeiter des
seit einiger Zeit um einen reha-
technischenZweigimHofgründ-
chen erweiterten, 1980 imRing-
markt in Neuwied gegründeten
Betriebs, hat gerade alsUmschü-
ler (aus gesundheitlichen Grün-
den musste er seinen Beruf als
Starkstromelektriker aufgeben)
seine Lehre mit Erfolg bei Jür-
gen Lepnikow beendet und er-
klärt, die Vielfalt der Anforde-
Wieder
flotten Schrittes
Orthopädiemechaniker sorgen für Bewegung
rungen, der Umgang mit unter-
schiedlichsten Materialien, ob
Kunststoff, Holz oder Leder,
mache ihm viel Spaß. „Jeder
Patient ist für uns immer wieder
neu eine Herausforderung“, er-
gänzt Lepnikow, der 1967 seine
Lehre begann und 1979 seine
Meisterprüfung ablegte. „Es gibt
zwar Normen, an die man sich
halten kann, aber wir haben es
trotzdem stets mit Individuen
und deshalb mit ganz verschie-
denen Bedürfnissen und Anfor-
derungen zu tun.“
Denen versucht er in enger Zu-
sammenarbeit mit denÄrzten so
weit wie möglich gerecht zu
werden, etwa mit maßgeschnei-
derten, nach Gipsabformungen
und genauen Berechnungen an-
gefertigten, möglichst natürlich
wirkenden, teilweise gar mit
hydraulischen oder pneumati-
schen Gelenken ausgestatteten
Bein-Prothesen, oder mit myo-
elektrischen Arm- und Hand-
prothesen, bei denen mit Hilfe
von SensorenMuskelströme ge-
messen und inBewegung umge-
wandelt werden und selbst das
Greifen nach einigem Training
wieder funktioniert.
Persönliche Beratung, so Lepni-
kow, sei bei allem enorm wich-
tig, Die Kunden schätzen das,
und so nehmen sie auch weite
Wege auf sich. Rekordhalter
dabei ist ein Stammkunde aus
den USA, der Europa-Besuche
nutzt umsich und seine Prothese
bei Lepnikow wieder fit zu ma-
chen. Übigens: Wenn bald wie-
der die Lust auf Baden und
Schwimmen wächst, geht das
auch mit einer Prothese – natür-
lich wasserfest ausgeführt.
Orthopädiemechaniker sind keine Wunderheiler und
doch bringt ihre Arbeit ein riesiges, durch
manche Kunden verloren geglaub-
tes Lebensgefühl zurück:
Gehen, Schwimmen
oder Greifen sind
wieder möglich.
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