Handwerk im Winter vom 15. Dezember 2001 - page 8

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Meistervorbereitung bei der HwK Koblenz: Maurer und Betonbauer ab
15. April in Koblenz (Vollzeit) / Infos: HwK Koblenz,
Tel. 0261/398-400
Exklusiv für unser Magazin: Gespräch mit der Präsidentin des Landesarbeitsamtes Eva Strobel
Mit
wachem Verstand
und
offenem Herzen“
Kollegen in der
Arbeit für die
Belange der
Arbeitslosen:
Bernhard
Jagoda, Präsi-
dent der Nürn-
berger Bundes-
anstalt für Ar-
beit, und Eva
Strobel, Präsi-
dentin des Lan-
desarbeitsamtes
Rheinland-
Pfalz-Saarland
HwK Koblenz und Arbeitsamt
Zusammen für mehr Beschäftigung
Mit individuellen Umschulungs- und einer Vielzahl anderer Maßnahmen
hilft die HwK Koblenz gemeinsam mit den örtlichen Arbeitsämtern beim
beruflichen Wiedereinstieg von Arbeitslosen.
So werden aktuell Maßnahmen für arbeitslose Fachkräfte der Bau- und Aus-
bau- sowie der Metall- und Elektrogewerke angeboten, der Wiedereinstieg
für Frauen gefördert.
Infos gibt die HwK Koblenz, Tel.: 0261/398-110, Fax: -990,
E-Mail:
ternet:
Eva Strobel, Jahrgang 1958, Arbeits- und Sozialrechtlerin, seit 1998 Präsidentin
des Landesarbeitsamtes Rheinland-Pfalz-Saarland. Sie ist derzeit die einzige Frau
an der Spitze eines Landesarbeitsamtes. Am Rande eines Termins zu arbeitsrechtli-
chen Fragen findet sie Zeit für ein Gespräch. Offenes Gesicht, freundlich lächelnd,
dezent geschminkt, im dunkelgrauen Kostüm kommt sie mir entgegen.
Unser Gespräch beginnt nicht mit Fra-
gen nach den Ursachen der stark gestie-
genenArbeitslosenzahlen. Ich versuche
etwas mehr über die Privatfrau Eva Stro-
bel zu erfahren, ohne die Fragen, die die
Menschen bewegen, außer acht zu las-
sen.
Frau Strobel, haben Sie das Gefühl,
dass man auf Ihre Arbeit besonders
achtet?
Gewiss, dadurch, dass meine Position
eine Einzelerscheinung ist und ich noch
keine Kollegin bekommen habe, wird
ein besonderer Blick auf mich und was
ich tue, geworfen. Ich werte das aber
als positives Mitbegleiten und Beobach-
ten. Meine Gespräche mit den Partnern
auf demArbeitsmarkt verlaufen durch-
aus erfreulich. Ich denke, dass ich die
Rolle der Arbeitsverwaltung und ihrer
Mitarbeiter gut repräsentiere.
Sind Sie stolz darauf?
Mir macht die Arbeit Spaß und ich bin
auch stolz. Allerdings ist es für mich
selbst inzwischen sehr viel mehr Nor-
malität als zu Beginn meiner neuen Tä-
tigkeit. Damals war es schon etwas Au-
ßergewöhnliches.
Der Arbeitsmarkt sieht nicht gut aus.
Die Zahl der Arbeitslosen steigt und
steigt. Was läuft hier falsch, was tun
die Arbeitsämter konkret dagegen?
Die aktuelle Entwick-
lung am Arbeitsmarkt
macht mir Sorgen. Die not-
wendigen Impulse aus der Wirt-
schaft werden immer schwächer und
sind sogar belastend. Stillstand in der
Einstellung und Entlassungen treiben
dieArbeitslosenzahlen in die Höhe. Die
Arbeitsämter bieten Informationen über
Angebot und Nachfrage am Arbeits-
markt, Beratungen für Arbeitssuchen-
de, Vermittlung und Förderung. Arbeit-
geber, die vor der Frage stehen,Arbeits-
kräfte zu entlassen oder zu halten, soll-
ten sich frühzeitig an die Arbeitsämter
wenden. Ich plädiere für flexible Ar-
beitszeiten, beispielsweise Arbeitszeit-
konten, weg von hierarchischen Struk-
turen, oder Qualifizierungen als Alter-
native zur Arbeitslosigkeit.
Wie sehen Sie die Chancen von älte-
ren Arbeitnehmern?
Wann ist jemand zu alt? Wenn wir da-
bei an Menschen von 50 und älter den-
ken, müssen wir vor al-
lem gegen die Bilder im
Kopf angehen, nur Junge
sind leistungsfähig. Genau da
setzen wir mit unserer Aktion „50-plus,
die können es“ auch an. Wir werben in
den Betrieben dafür, ältere Mitarbeiter
wieder stärker an das eigene Unterneh-
men zu binden und sie durch innerbe-
triebliche Weiterbildung auch für neue
Aufgaben zu rüsten. Den älterenArbeit-
nehmern legen wir nahe, sich immer
wieder weiterzubilden, sozusagen ein
Leben lang zu lernen.
ZuBeginn des neuen Lehrjahres hat-
ten bundesweit 20.500 Jugendliche
keine Lehrstelle gefunden, 24.500
Ausbildungsplätze waren unbesetzt.
Welche Erklärung haben Sie dafür?
Wir werden einen vollständigen Aus-
gleich zwischen Angebot und Nachfra-
ge wohl nie erreichen können. Jugend-
liche orientieren sich stark daran, was
nach der Ausbildung kommt. Hier erle-
ben wir eine Verschiebung vom Verar-
beitenden Gewerbe hin zum Dienstlei-
stungssektor. Das spiegelt sich in der
Besetzung der Lehrstellen wider. In die-
sem Zusammenhang begrüße ich die
Kampagne der rheinland-pfälzischen
Handwerkskammern und des Wirt-
schaftsministeriums „Handwerk ist
Hightech“. Handwerk ist ein moderner
Dienstleister, das muss den jungen Leu-
ten vermittelt werden.
Sie sind in den letztenMonatenÜber-
bringerin schlechterBotschaften.Wie
gehen Sie damit um? Haben Sie
Bauchschmerzen, wenn Sie vor die
Presse gehen?
Transparenz auf demArbeitsmarkt dar-
zustellen, ist mein Beruf. Ich gehe da
sehr professionell heran. Es gibt wie in
jedem Beruf Licht und Schatten. Natür-
lich wäre ich gern Überbringerin von
Annehmlichkeiten, stehe aber nicht hilf-
los und ratlos da, sondern kann immer
wieder Angebote machen.
Wie wirkt sich die gegenwärtige Ar-
beitsmarktlage auf Ihre Motivation
und die Ihrer Mitarbeiter aus? Ha-
ben Sie schon einmal daran gedacht,
das Handtuch zu werfen?
Wer von uns kennt nicht diese Stunden
und Tage. In jedem Berufsleben gibt es
Höhen und Tiefen. Natürlich könnte ich
mir manchmal etwas anderes vorstellen.
Aber es gehört auch zum Berufsethos
nicht gleich davon zu laufen, wenn es
mal weniger gut läuft. Ich bin schon 17
Jahre bei der Bundesanstalt für Arbeit
und es ist für mich immer wieder neu
reizvoll mitzuarbeiten, Menschen in
Arbeit zu bringen, dafür zu sorgen, dass
etwas bewegt wird. Ähnlich geht es si-
cher auch meinen Mitarbeitern.
Wenn Sie nach Hause gehen, haben
Sie denKopf frei oder belastet Ihr Job
auch das Privatleben? Wobei ent-
spannen sie sich?
Mir gelingt es, Probleme nicht in die
private Zeit mitzunehmen. Ich kann gei-
stig eine Tür zumachen. Ich liebe es
privat ruhig und habe keinerlei ehrgei-
zige Pläne, beispielsweise viel Sport zu
machen oder anders aktiv zu sein. Ich
lasse gern alle Fünf gerade sein. Ich
entspanne mich bei einem Buch oder
einem guten Essen mit Freunden.
Was haben Sie zuletzt gelesen?
„Das Mädchen und die Macht“. Das ist
der Lebensweg von Angela Merkel,
nicht nur für Frauen ein Tipp.
Die berufliche Karriere ist Ihnen
wichtig. Sie sind ehrgeizig?
Ja. In meinem Leben habe ich den Ak-
zent darauf gesetzt, meine geistigen und
charakterlichen Fähigkeiten beruflich
einzubringen. Das war aber keine be-
wusste Entscheidung. Das ist gewach-
sen und hat sich für mich so entwickelt.
Mein Motto ist: mit wachem Verstand
und offenem Herzen. Ich übe meinen
Beruf auch mit dem Herzen aus.
Und die Familie?
Eigene Kinder habe ich nicht. Ich bin
sehr gern mit den Kindern meines Bru-
ders zusammen Ich liebe meine
bayrische Heimat und werde mit mei-
ner Mutter, Bruder, Schwägerin und
Neffen auchWeihnachten als Familien-
fest zu Hause feiern. Ich freue mich
heute schon auf Spaziergänge am
Ammersee und Ausflüge nach Oberst-
dorf.
Was wünscht sich Eva Strobel zu
Weihnachten als Landesarbeits-
amtspräsidentin und als Privat-
mensch?
Frieden und Harmonie in der großen
und kleinen Welt.
Engagierte
Frau mit
Herz und
Verstand:
Eva Strobel
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