Handwerk Special Nr. 83 vom 17. Oktober 2001 - page 17

Erfahrungen mit der Baustelle vor der Ladentür
17. Oktober 2001
Nr. 83
Der Verkauf geht weiter!
Handwerksunternehmen über ihre Erfahrungen mit dem Baustellen-Alltag vor der Ladentür
Bauhelme und Bauschrott be-
stimmen die Dekoration der
Schaufenster. Darüber inPlakat-
schrift, schwarz und unüberseh-
bar: Der Verkauf geht weiter!
Mehrere Handwerksbetriebe
sind seit Jahren in der Schloss-
straße angesiedelt.
Dem Namen gerecht
Ihr 50-jähriges Firmenjubiläum
begeht die Goldschmiede Hof-
acker. Seit 25 Jahren ist das Un-
ternehmen in seinemDomizil in
der Schlossstraße, Ecke Casino-
strasse, zu Hause. „Wir begrü-
ßen den Umbau, schließlich ha-
ben wir im Stadtrat vier Jahre
dafür gekämpft. Die Schloss-
straße soll endlich ihremNamen
gerecht werden, vorzeigbar und
in einemwürdigen Zustand. Da-
für nehmen wir die vorüberge-
hende Lärmbelästigung und an-
dere Störungen gern in Kauf“,
betont Goldschmiedemeister E-
vert Hofacker. Seine rund 5.500
Stammkunden aus dem gesam-
Seit Juni ist die Schlossstraße im Zentrum von Koblenz Bauplatz. Ihr
Gesicht wird verschönert. Eine Prachtstraße zum Schloss soll entste-
hen. Eine verkehrsberuhigte Fußgängerzone mit Kurzparkbuchten.
Bis es soweit ist, vergehen nochMonate. Stundenweise herrscht derzeit
ohrenbetäubender Lärm. Baufahrzeuge bestimmen das Straßenbild.
Der Fahrstreifen ist aufgerissen, die anliegenden Geschäfte sind über
improvisierte Brücken aus Holzlatten zu erreichen. Ein Überqueren
der Fahrbahn ist nicht möglich. Was sagen die hier niedergelassenen
Handwerker zur Baustelle? Wie hat sich ihr Alltag verändert? Gibt es
Probleme oder vielleicht sogar Chancen, mit besonderen Leistungen
Kunden zu gewinnen?
ten Bundesgebiet hat er ange-
schriebenundeinen„Hol-Bring-
Service“ angeboten. „Der Kun-
de benachrichtigt uns, wo er ge-
rade steht, wir fahren dann sein
Auto in eine Garage und an-
Maurer 23.10. Vollzeit
Info-Tel.: 0261/398-402
Für Maurer und Betonbauer
beginnt am 23. Oktober bei
der HwK ein Meisterkurs in
Koblenz (Vollzeit).
Infos und Anmeldung bei
der HwK-Meisterakademie:
Tel.: 0261/398-402
HwK-Meisterkurs
schließend auch einsteigebereit
wieder vor“, erklärt Hofacker.
Ein Service, der von den Kun-
den geschätzt wird und der auch
nachderBaustellensituationbei-
behalten wird.
Mit interessantenAusstellungen
und Umbauarbeitswochen hält
Goldschmiedemeister Clemens
Leyendecker seine Kunden „bei
der Stange“. Erst seit einem Jahr
hat er Werkstatt und Geschäft in
der Schlossstraße. „Die Strasse
wird umgebaut, also bieten wir
den Kunden analog Umarbei-
tungswochen an. Wir gestalten
alten Schmuck modern und typ-
gerecht um“, erklärt er.
Kunden wollen kurze Wege
Klavier- und Cembalobauer Ul-
richThilemannhat seinGeschäft
seit 11 Jahren in der Schloss-
straße. „Natürlich leiden wir
unter dem Lärm und Dreck“,
räumt er ein. „Der feine Staub
trägt sich in das Geschäft und
setzt sich an den hochsensiblen
Instrumentenfest.StändigesPut-
zen ist an der Tagesordnung.“
Thilemannverweist darauf, dass
der Kundenstrom spürbar nach-
gelassen hat. „Unsere Zielkund-
schaft, so die Abonnenten vom
Musikinstitut, betrifft das nicht.
Da wir im starken Wettbewerb
stehen, möchte ich aber viele
Neukundenansprechen.Biszum
Weihnachtsgeschäft ist die Bau-
stelle glücklicherweise Vergan-
genheit“, freut er sich. Zufrie-
den ist er auch mit der geplanten
neuen Parksituation. „ Wäre die
Schlossstraße reine Fußgänger-
zone geworden, hätte ich die In-
nenstadt verlassen.“
Gesundheit geht vor Umbau
Relativ gelassen sieht Augenop-
tikermeisterFrankNatschke,Ge-
schäftsführer der Firma Brillen
Becker, den Umbau. „Wir sind
seit 76 Jahren hier. Unsere Kun-
den bringen viel Verständnis für
die gegenwärtige Situation auf.
Für Mitnahmeartikel wie Son-
nenbrillen und Pflegemittel ver-
irrt sich allerdings im Moment
keiner in die Schlossstraße. Der
vonuns eingeräumteBaustellen-
rabatt auf alle Artikel wurde aus
wettbewerbsrechtlichen Grün-
den unverständlicherweise ab-
gelehnt. Dabei ist eine Baustelle
doch auch die Chance mit Ab-
stauberpreisen neue Kunden zu
gewinnen“, sagt er.
„GutesHörengehörtzurLebens-
qualität. Unsere Kunden halten
zu uns“, erklärt Hörgeräteakus-
tikermeisterin Brigitte Hilgert-
Becker. Schwieriger empfindet
sie die Situation für ihre Mitar-
beiter. „13 Filialen beliefern wir
vonunseremHauptgeschäft.Der
Warentransport zum entfernt
parkenden Auto ist schon recht
beschwerlich“, sagt sie. Als be-
sonderen Service für die Kun-
den gibt es jetzt bei Becker Hör-
geräte einen Hörgeräte-Tüv.
Darüber hinaus werden die Ohr-
passstücke der Geräte verglast,
umeinenbesserenTragekomfort
zu erzeugen. Und das alles gra-
tis!
Laufkundschaft läuft weg
Starke Umsatzeinbußen hat der
Friseursalon Said Said, Haar-
moden. „Es mangelt an Lauf-
kundschaft“, erklärt Friseurmei-
sterinRosemarieSchellhöh.„Un-
sere Preise sind bereits so güns-
tig, dass wir keine weiteren Ab-
stiche machen können“, fügt sie
hinzu. Alle 10 Mitarbeiter seh-
nen das Ende der Baustellenzeit
herbei.
Die Straßenbauer arbeiten
auf ihr, die Handwerksbe-
triebe an ihr: Auf der
Koblenzer Schlossstraße
stehen (v.l.) Goldschmied
Clemens Leyendecker (Au-
rifex), Klavierbauer Ulrich
Thilemann, Augenoptiker
Frank Natschke (Brillen
Becker), Marie-Theres
Klein (Goldschmiede Hof-
acker), Friseurin Rosemarie
Schellhöh (Said Sait), Foto-
grafin Sabine Reuther, Hör-
geräteakustikerin Brigitte
Hilgert-Becker, Augenopti-
ker Hermann-Josef Grüber,
Fotograf Michael Jarmusch.
Neuunternehmer 27.11.
Info-Tel.: 0261/398-251
Der HwK-Arbeitskreis Neu-
unternehmer trifft sich am
27.11. um 19 Uhr. Thema:
Die Ermittlung des Stunden-
verrechnungssatzes.
Info-Tel bei der HwK:
Tel.: 0261/398-251
Arbeitskreistreffen
Wie geht´s weiter?
Im Frühjahr 2002, wenn der
untere Teil der Schlossstraße
umgebaut wird, sind weitere
Handwerksunternehmen be-
troffen.Augenoptikermeister
Hermann-Josef Grüber, seit
21 Jahren dort, „mag noch
gar nicht daran denken. Mal
schauenwelche Erfahrungen
die Kollegen gemacht ha-
ben“, sagt er. Fotografenmei-
sterinSabineReutherwill die
Mitarbeiterparkplätze im In-
nenhof Kunden zur Verfü-
gungstellen.Fotografenmeis-
ter Michael Jarmusch lässt
die Situation erst einmal auf
sich zukommen. „Ich weiß
nicht, welcheAufträge ich zu
dieser Zeit habe. In der Wer-
bung ist man Improvisation
gewohnt. Ich reagiere spon-
tan, belaste mich nicht ein
halbes Jahr vorher damit.“
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