Handwerk Special Nr. 78 vom 15. November 2000 - page 10

1911: Bauarbeiten am Handwerkererholungsheim beginnen.
Nachdem zwei Jahre zu-
vor sich elf Handwerks-
kammern, darunter die
Koblenzer, zum „Verein
Handwerker-Erholungs-
heim e.V.“ zusammenge-
schlossen hatten, begin-
nen 1911 die Bauarbeiten
im Kautenbachtal bei Tra-
ben-Trarbach. 100.000
Mark aus Lotterieeinnah-
men, Spenden und Zu-
schüssen stehen für den
Bau zur Verfügung.
Philip & Max
Häuser-Geschichten aus einem Viertel-Jahrtausend
Als sich Philip Auerbach
an diesem Morgen an die
Arbeitmachte, ging es dem
Maurer aus Nannhausen
im Hunsrück um die Voll-
endung eines Rohbaues.
Der junge Meister
rührte aus Lehm ei-
nen Mörtel an, ver-
mischte diesen mit
Stroh und „schmiss“
das Gefache aus. Ein
ganz normaler Arbeitstag
mit ganz normalen Arbei-
ten im Jahr 1750.
Wenn sich Max Kül-
zer an die Arbeit ma-
chen wird, program-
miert er den Bauroboter,
sagt seinen Mitarbeitern,
welcher Bauabschnitt des
neuen Hauses heute
„hochgeklebt“ wird
und organisiert den
Wechsel an die neue
Baustelle. Ein ganz
normaler Arbeitstag
mit ganz normalen
Arbeiten, allerdings
im Jahr 2020. Dann
ist Max 27 Jahre alt
und - vielleicht -
Maurer geworden.
Sowie der Vater, wie
der Opa, der Uropa,
der Ur-Uropa, der
Ur....Uropa Philip
Auerbach.
Eine Überlegung, über
die Matthias Külzer
schmunzelnmuss.Zwin-
gen will er den heute
siebenjährigen Sohn da-
zu auf keinen Fall, aber
schlecht wäre es natür-
lich auch nicht, wenn
wieder ein Külzer das
Unternehmen weiter-
führte, dann in der 10.
Generation.Maurermeis-
ter Matthias Külzer und
sein Cousin Ernst füh-
ren heute die bauhand-
werkliche Familien-
tradition fort, aus der
sich in Jahrhunderten
mehrere „innerfamiliäre“Unter-
nehmenszweige entwickelten.
Zwei Handwerksunternehmen
gibt es heute in der Region mit
dem Namen Külzer, beide fei-
ern in diesem Jahr ihr 250-jähri-
ges Jubiläum. Maurermeister
MatthiasKülzer aus Lingerhahn
undMaurermeister ErnstKülzer
aus Rheinböllen im Hunsrück
sind die selbständigen Unter-
nehmer, die ihre Traditionsbe-
triebe auf Zukunftskurs halten.
Geklebte Häuser
Mehr als 50Mitarbeiter beschäf-
tigen ihreUnternehmen. ImUm-
kreis von 60 Kilometern, so
Ernst und Matthias Külzer, lie-
gen ihre Baustellen, vomEinfa-
milienhaus bis zur Schule oder
mehretagigen Bürohäusern.
„Wir haben uns auf den
Hochbau spezialisiert“, er-
läuterndieHandwerksmei-
ster die Schwerpunktarbei-
ten ihrer Unternehmen. Auf drei
bis vier Baustellen wird heute
gleichzeitig gearbeitet, dieAuf-
tragslage bezeichnen beide als
gut. Kein Zufall, verfolgt man
die Überlegungen von Matthias
Külzer. Als einer der erstenMau-
rer im Hunsrück bildete er sich
in Klebetechniken beim Haus-
bau weiter und wagt eine Pro-
gnose für die klassische Arbeit
am Bau: „In fünf Jahren wird
alles geklebt.“ Das geht schnel-
ler und sauberer.
Wie die Baustelle der Zukunft
grundsätzlich aussieht? Bau-
roboter, so Külzer, werden eine
Vielzahl der Arbeit überneh-
men. Und auch die Bauweise
mit Fertigelementen sieht er auf
dem Vormarsch. Auf diesen
Trend hat er sich bereits einge-
stellt und arbeitet mit namhaf-
ten Herstellern zusammen.
Eine wichtige Rolle bei der po-
sitiven Entwicklung des Unter-
nehmens spielen seit Jahrhun-
derten und auch heute die hand-
werklichen Leistungen und die
Arbeitseinstellung derMitarbei-
ter. „Auf die kann ichmich 100-
prozentig verlassen“ sagt Hand-
werksmeister Külzer, der seit
Jahren auch ausbildet und seine
Lehrlinge übernimmt. Zur Zeit
erlernen zwei Jugendliche ih-
ren Beruf mit Zukunft in dem
Unternehmen mit Vergangen-
heit. Ein wichtiges Stück dieser
Vergangenheit ist für den 38-
jährigen Betriebsinhaber, der
mit Ehefrau Daniela verheiratet
ist und zwei Kinder hat (Elena
9, Max 7 Jahre), die Zeit mit
seinem Vater im Unternehmen.
„Er übernahm den Betrieb und
brachte ihn nach Lingerhahn,
als Garagenunternehmen.“
Aus der Garage heraus expan-
dierte das Unternehmen, wurde
ausgeweitet und vor fünf Jahren
auf eine 10.000 qm große Flä-
che amOrtsrand verlagert. Hier
werden die Arbeiten vorberei-
tet, stehenBaufahrzeuge, lagern
Materialien. Ein Standort mit
herrlichemBlicküber denHuns-
rück. Und mit guten Aussichten
für die unternehmerische Zu-
kunft.
Familie Külzer im Jahr 1926 vor dem „Firmensitz“ und
Wohnhaus in Steinbach. Ganz links steht Antonius
Wilhelm Külzer, Großvater des heutigen Inhabers.
Familie Külzer im Jahr 2000. Vor dem Steinbacher Haus -
das Unternehmen befindet sich heute in Lingerhahn -
trafen sich Matthias, Daniela, Elena und Max Külzer (v.l.).
...im Renntempo unter den Weihnachtsbaum zum flotten
Preis von je 36 Mark...
Weihnachtsausstellung in der Galerie Handwerk
Matthias Külzer
führt heute eine
250jährige
Familientradition
im Maurerhand-
werk fort.
„Kleben im Mauerwerksbau ist nur in der Um-
gangssprache gebräuchlich. Der fachlich richtige
Begriff ist: Mauern mit Dünnbettmörtel“, erläutert
UlrichBrink, verantwortlich bei der HwKKoblenz
u.a.fürdenArbeitskreis „RationalisierungamBau“.
Die Vorteile dieser Technik liegen in der Leistung
und Bauphysik. In Kombination mit Großformat-
steinen und durch das Aufbringen des Dünnbett-
mörtels in kompletten Schichten kann die Arbeits-
Zukunft am Bau - Stichwort „Kleben“
leistung erhöht werden. Nach dem Anlegen der
1. Schicht ist dasVersetzen der folgendenLagen-
unkomplizierter. Je nach Steinformat entfällt das
Ausmörteln der Stoßfugen. Der Fugenanteil wird
reduziert.DamitwerdenKälte-undSchallbrücken
minimiert. Ein wesentlicher Vorteil ist die Redu-
zierung der Rohbaufeuchte.
Infos zu Themen und Terminen des Arbeitskrei-
ses Rationalisierung am Bau gibt die HwK Ko-
blenz, Tel.: 0261/398-247, Fax: 994, email:
Familiengeschichte
Es begann in Mannhausen.
Dort lebte um 1750 Phillip
Auerbach, genannt Maurer-
phillip. Im Sommer war er
Maurer, im Winter Schulmei-
ster. Seinem Vorbild als
Maurer folgten Generationen
seiner Nachkommen. Der
Name Külzer trat erstmals
1857 in Erscheinung: Charlot-
te Auerbach, Urenkelin des
Maurerphilipp, heiratete den
Bauersohn Peter Joseph
Külzer. Dieser übernahm den
Betrieb. Kinder, Enkel und
Urenkel traten in das Geschäft
mit ein und erweiterten es.
Heute blicken zwei Firmenin-
haber der Familie – Matthias
und Ernst Heinrich Külzer, auf
eine lange Familiendtradition
und führen diese in ihren
Unternehmen in Lingerhahn
und Rheinböllen fort.
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