Kfz-Handwerker erhalten Werte und automobile Geschichte
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Nr. 189
9. Mai 2015
www.handwerk-special.deDie W-100-Herausforderung
Die Entwicklung galt als
technischer Meilenstein
im Automobilbau, der
Kundenkreis war elitär
und reichte vom Papst bis
Elvis Presley. Monarchen,
Scheichs, Könige fuhren
und fahren einen „W
100“ (Wagen 100), wie
Mercedes-Benz seinen
600er werksintern nannte.
Gebaut zwischen 1964 und
1981, gibt es die Edelkarosse in
der Pullman-Variante mit sechs
Türen und sogar als Landaulet.
Selbstdie„normale“Ausführung
mit vier Türen ist länger als die
aktuelleS-Klasse des Stuttgarter
Autobauers. Wer ein unauffäl-
liges Automobil wünscht, das
für Bescheidenheit steht, sollte
sicheher nicht für einen„W100“
entscheiden. Zumal die Preise
bei den wenigen Gebrauchten,
die der Markt bietet, auch nichts
fürsschlankePortemonnaiesind.
Je nach Zustand werden rund
100.000 Euro aufgerufen. Für
richtig gut erhaltene Exemplare
Kfz-Handwerker aus Montabaur und ihre besonderen Fälle
AMS Racing, Montabaur
Gegr. 2001 | 7 Mitarbeiter | Wartung, Reparatur, Rennsport,
Restaurierung | Tel. 02602/ 999 74 01 |
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kann es schnell das Drei- oder
Vierfache werden.
Für den Mercedes-Oldie bedeu-
t
etdasauch:SelbstinschlechtemZustand landen die seltenen
und begehrten Exemplare nicht
auf dem Schrott, sondern beim
Fachhandwerker. Eine Kom-
plettrestaurierungnimmt aktuell
die Mannschaft um Kfz-Me-
chanikermeister Armin Ströder
in Montabaur vor. Hier steht
eine Pullman-Ausführung in der
Werkstatt, die von Grund auf
überarbeitet wird. Dabei hilft
ein Original-Handbuch, in dem
alle (wirklich alle!) Funktions-
prinzipien und Baupläne dieser
technischen Meisterleistung
abgedruckt sind. „Ohne das
Buch wäre es sicherlich auch
möglich, den Wagen einmal
komplettauseinanderzunehmen
und wieder zusammenzubauen,
nur würde es dann viel länger
dauern“, beschreibt Mitarbeiter
Michael Witte die Bedeutung
derMercedes-Lektüre. Er ist der
„W-100-Mann“.
„Restaurierung historischer
Fahrzeuge ist für uns Alltag“,
beschreibt Chef Armin Ströder
und ergänzt, „dass wir natürlich
auchfürganznormaleFahrzeuge
da sind“. Wartung und Repara-
tur, Restaurierung, Tuning…es
gibteigentlichnichts,waskeinen
Platz in derWerkstatt hätte. Und
doch ist der „große Mercedes“
etwas Besonderes: „Wenn man
sich die technischen Innovati-
onen ansieht, die hier damals
verbaut wurden, kann man als
Fachmann nur den Hut ziehen.
Offenbar galt die Divise: Alles,
was es an moderner
Herausforderungen stellt. Ge-
rade das Geflecht an Leitungen,
das die vielen hydraulischen
Helferlein mit Energie versorgt,
zieht sich kreuz und quer durch
dieKarosserie.Auchdiekleinste
Undichtigkeit wird hier nicht
verziehen. Die Arbeit an der
Kfz-Ikone ist auch 50 Jahre nach
ihrerErstauflage einehandwerk-
liche Herausforderung.
Technik gibt, kommt
in dieses Auto“. Fensterheber,
Heckdeckelbedienung und Ver-
schluss oder die verstellbare
Sitzfläche derRückbankwerden
hydraulisch betrieben, die Fede-
rung des drei Tonnen schweren
Pkw wird per Luftkissen re-
guliert. Was die Handwerker
bei der Restaurierung auch vor
Michael
Witte ist
im Unter-
nehmen
von Armin
Strö-
der der
„W-100-
Mann“.
Die Restaurierung eines „großen Mercedes“ in der
Pullman-Ausführung ist nicht nur die Arbeit an
einem automobilen Traum, sondern stellt auch ei-
ne handwerkliche Herausforderung dar.
Bei der Überarbeitung haben viele Handwerker
zugegriffen – vom Sattler über Tischler, Elektri-
Original Handbuch: Allein diese Lektüre wird bei Aukti-
onen für 500 Euro und mehr versteigert und ist wichtige
Arbeitsgrundlage für die W-100-Restauratoren.
ker und natürlich
Kfz-Techniker.
Mercedes-Benz baute
seine „Wagen 100“ zwi-
schen 1964 und 1981.