Malu Dreyer besucht HwK / Präsident Krautscheid im Interview
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Nr. 189
9. Mai 2015
www.handwerk-special.deBeim Handwerk zu Hause
„Der eigene Vater war – bevor er Berufsschullehrer wurde – in
seiner ersten Ausbildung gelernter Konditor, und somit das
Handwerk zu Hause in der Familie der heutigen Ministerprä-
sidentin Malu Dreyer. Die Politikerin interessierte sich bei
ihrem zweistündigen Besuch im Zentrum für Ernährung und
Gesundheit (ZEG) der Handwerkskammer (HwK) Koblenz
nicht nur für die Lebenssituation und beruflichen Pläne der
zahlreichen Lehrlinge, Gesellen oder Meister, die sie bei ihrem
Rundgang durch die Werkstätten traf, sondern erzählte auch
aus ihren privaten Erfahrungen und Erinnerungen mit und an
das Handwerk. Die fielen durchweg gut aus.
Besuch bei HwK bot viel Raum für Gespräche und Sympathien
Nachgefragt
zu aktuellen Handwerksthemen
Der gerade veröffentlichte Frühjahrs-Kon-
junkturbericht nennt klare Zahlen für die wirt-
schaftlicheLage desHandwerks imnördlichen
Rheinland-Pfalz: 82 Prozent der befragten
BetriebesindzufriedenmitihrerGeschäftslage.
HintergrundinformationengibtHwK-Präsident
KurtKrautscheidimInterview.Außerdemgeht
eraufdenBesuchvonMinisterpräsidentinMalu
DreyerbeiderHandwerkskammerKoblenzein,
die sichviel Zeit fürGesprächemit Lehrlingen,
angehenden Meistern, Absolventen von Fort-
bildungsmaßnahmen,Ausbildungsmeisternund
der Kammerspitze nahm. Die Politikerin fand
dabeiauchpersönlicheWorte,dieihrVerhältnis
zum Handwerk beschreiben.
Herr Krautscheid, beim Besuch einer Ministerpräsidentin
steht sicherlich Handwerkspolitik auf der Agenda – aber
nicht nur. Worüber wurde sonst gesprochen?
Malu Dreyer hat sich sehr viel Zeit genommen, um im Zentrum für
Ernährung und Gesundheit der Handwerkskammer Informationen aus
erster Hand zu erhalten. Sie ist eine sehr gute Zuhörerin, was die Lehr-
linge,Meisterschüler oder Teilnehmer vonWeiterbildungskursen dieses
Tages sichtlich beeindruckte und begeisterte. Eswar eine ausgesprochen
entspannte und freundliche Atmosphäre. Dabei zeigte sich dieMinister-
präsidentin sehr gut informiert und hat sich auch zu Fachthemen des
Handwerks fundiert geäußert. Natürlich ist es etwas Besonderes, wenn
eine Persönlichkeit wie sie dann vor Lehrlingen der Nahrungsmittelbe-
rufe über ihre persönlichen kulinarischen Leidenschaften spricht und
auch verrät, dass sie nur schwer bis gar nicht an einem leckeren Stück
Kuchen vom Konditor vorbeigehen kann. Auch für ein handwerklich
gefertigtes Speiseeis hat sie eine Schwäche. Über den Beruf des Vaters,
der ursprünglich Konditor gelernt hatte, war das Handwerk immer Teil
der Familie Dreyer. Die Ministerpräsidentin hat sich bei uns also aus
vielerlei Gründen heimisch gefühlt und das hat diese Visite geprägt.
Gab es eine Botschaft des Handwerks an die Politik?
BeisolchenBesuchenstellenwirunsnichth
inundsagen:Wirforderndiesund jenes, das und das passt uns nicht. Das ist nicht Art des Handwerks.
Wenn wir ein Problem ausmachen, wird das in ordentlichem Rahmen
mit den Verantwortlichen besprochen und wir suchen eine gemeinsame
Lösung.WasabervondenHandwerkinnenundHandwerkernbeimBesuch
der Ministerpräsidentin sehr deutlich vorgetragen wurde, war die Sorge
im Umgang mit dem Meisterbrief auf internationaler Ebene. Was aus
BrüsselzurZukunftdesdeutschenMeistertitelszuhörenwar,istinunseren
Betrieben angekommen! Entsprechend fällt die Wahrnehmung aus und
unsere Handwerker erkennen solche EU-Überlegungen als Bedrohung
des Handwerks und als massive Schwächung einer Existenzgrundlage.
Frau Dreyer wurde – und das wirklich quer durch die Gewerke vom
Friseur bis zum Kfz-Mechatroniker – darauf angesprochen und sie hat
deutlich darauf geantwortet: Die Botschaft ist verstanden und die Politik
auf Landes- und Bundesebene wird nicht zulassen, dass der deutsche
Meisterbrief infrage gestellt oder gar abgeschafft wird. Hier nehmen wir
diePolitikbeimWort undwissendieLandesverantwortlichen anunserer
Seite. NebenMaluDreyer nenne ich auchWirtschaftsministerinEveline
Lemke, die sich klar für das Handwerk und denMeisterbrief ausspricht.
Meisterbrief und wirtschaftlicher Erfolg sind eng miteinan-
der verbunden. Wie stellt sich denn die aktuelle Wirtschafts-
lage im Handwerk dar?
Das Handwerk steht gut da. Die jüngste Konjunkturumfrage zeigt eine
stabile Wirtschaftslage auf hohem Niveau. Wenn 88 Prozent aller Be-
fragten von einemAufschwung bis zumEnde des kommenden Quartals
ausgehen, stimmt das durchweg optimistisch. Ganz vorne stehen die
Bau- und Ausbauhandwerke, was sicherlich etwas mit der Investiti-
onsfreude in Immobilien zu tun hat. Niedrige Zinsen und energetische
Gebäudesanierung leisten ihren Teil. Das Fachhandwerk mit seinen
Leistungen ist hierbei gefragter Ansprechpartner und kann sich über
eine gute Auftragslage freuen. Doch auch hier liegt die Betonung auf:
Fachhandwerk. Der Meisterbrief steht für Qualität und wenn ich mein
Geld ausgebe erwarte ich entsprechend wertige Gegenleistungen. Die
bieten unsere Fachhandwerker.
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Kurt Krautscheid
„Ichbin immerwieder unddurch
ganz verschiedene Handwerke
darauf angesprochen worden“,
resümierte Ministerpräsidentin
Malu Dreyer, „dass mit Sorge
EU-Überlegungen zur Schwä-
chung oder gar Abschaffung
des deutschen Meisterbriefes
aufgenommen werden, und
sage deutlich: Land und Bund
setzen sich in Zusammenarbeit
mit den Handwerkskammern
massiv und deutlich für den
Meisterbrief ein!“
Doch bei ihrer Visite ging es
weniger umPolitik, als vielmehr
um einen Dialog „auf Augen-
höhe“. Welches Eis schmeckt
Malu Dreyer am besten, kann
sie an einem handgefertigten
Stück Kuchen vorbeigehen, was
verbindet sie grundsätzlich mit
dem Begriff Handwerk. Und
andersherum wollte sie von den
jungen Handwerkern wissen:
Was planen sie nach der Aus-
bildung, wo entwickelt sich das
Friseurhandwerk hin, was un-
terscheidet die Fachverkäuferin
im Bäckerhandwerk von der im
Konditorhandwerk und warum
absolvieren angehende Meister
im Kfz-Handwerk einen Kurs
zur gesundenErnährung? Immer
wieder möchte Malu Dreyer
wissen: Macht die Ausbildung
Spaß und verbindet sich damit
aucheineSelbstverwirklichung?
Aus eigener Erfahrung gibt sie
weiter: wenn man langfristig
erfolgreich leben und arbeiten
möchte, ist nicht nur fachliches
Wissenwichtig, sondern spielen
Motivation und Einstellung
„Wir haben eine sehr interes-
sierte, gut informierte und dem
Handwerk zugewandte Mini-
sterpräsidentin erlebt“, fassen
HwK-Hauptgeschäftsführer
Alexander Baden und Präsident
Kurt Krautscheid zusammen.
In freundlicher Atmosphäre
wurden Gespräche geführt
und nutzten die Handwerker in
Aus- und Weiterbildungsmaß-
nahmen oder Meistervorberei-
tungskursen die Gelegenheit,
der Ministerpräsidentin Fragen
zu stellen und Meinungen vor-
zutragen. Ein zentrales Thema:
die Zukunft des Meisterbriefes.
Malu Dreyer
im Gespräch
mit Lehr-
lingen und
HwK-Aus-
bildern, die
einen Lehr-
gang zur
Speiseeis-
herstellung
absolvieren.
ebenfalls eine zentrale
Rolle. Das gelte nicht
nur in der Politik, son-
dernauchimHandwerk,
das „ich hier modern
und zukunftsorientiert
erlebt habe und das
von denen getragen
wird, die es täglich mit
Leben erfüllen: Die
Handwerkerinnen und
Handwerker!“
Ausführlicher Beitrag
und mehrere Fotos
vom Besuch bei der
HwK im Internet:
www.hwk-koblenz.de.
Die Ministerpräsidentin im Austausch mit angehenden
Kfz-Mechatronikermeistern.