HwK-Auszeichnung / Präsident Kurt Krautscheid im Interview
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Nr. 186
31. Januar 2015
www.handwerk-special.deHwK verleiht Ehrennadeln
Mit der Goldenen Ehrennadel hat die Handwerkskammer
(HwK) Koblenz 16 ehrenamtlich engagierte Handwerker aus
12 Berufen sowie zwei Vertreter aus der Politik ausgezeich-
net, die sich über viele Jahre Verdienste um die Stärkung des
Handwerk erworben haben.
18 Auszeichnungen für besonderes ehrenamtliches Engagement
Nachgefragt
Handwerk zum Jahresstart
Der Jahresauftakt 2015 ist bestimmt von natio-
nalen und internationalen Entscheidungen und
Ereignissen, die sich auch auf das regionale
Handwerk auswirken. So war der HwK-Neu-
jahrsempfangam9.Januarauchgeprägtvonden
Pariser Terroranschlägen und demBekenntnis
des Handwerks zu einer offenen Gesellschaft,
die sich amGrundgesetz orientiert. Das Thema
ZuwanderungspielthinsichtlichderFachkräfte-
sicherungfürdasHandwerkeinewichtigeRolle.
Doch auch die Stärkung desMeisterbriefes vor
demHintergrund eines EU-Verfahrens fordert
das Handwerk zu entschlossenemHandeln im
Schulterschluss mit der Politik, wie Präsident
Kurt Krautscheid im Gespräch erläutert.
Herr Krautscheid, warum spricht sich das Handwerk so ent-
schieden für die Werte einer offenen Gesellschaft aus?
Wir sagen deutlich: Herzlich Willkommen beimHandwerk! So, wie
Handwerksgesellen aus unseremKulturkreis seit Jahrhunderten und
biszumheutigenTagmitderWalzGastfreundschaft,Hilfsbereitschaft
und offene Türen im Ausland erleben – und diese Wandertradition
reicht durchaus auch in den persischen Raum hinein! – so selbst-
verständlich ist es, dass wir als Handwerker Menschen willkommen
heißen, die hier in Deutschland eine neue Heimat, gesellschaftliche
Anerkennung, Integration und Arbeit suchen. Das Handwerk setzt
dabei deutliche Zeichen: Die Zahl von Mitarbeitern und selbststän-
digen Handwerksmeistern mit Migrationshintergrund in unseren
Betrieben ist überdurchschnittlichhoch. Terroranschlägewie inParis
geschehen, sind das blanke Gegenteil. Sie zielen auf eine Spaltung
unserer Gesellschaft, sollen Misstrauen zwischen Menschen, Reli-
gionen und Kulturkreisen schüren. Dem gilt es eine klare Aussage
entgegenzustellen! Wir verteidigen unsere Werte, die geprägt sind
von demokratischer Toleranz, von menschlichem Miteinander und
der gemeinsamen Gestaltung einer Gesellschaft, in der sich jeder auf
Grundlage unseres Grundgesetzes verwirklichen darf, kann und soll!
Das rheinland-pfälzische Handwerk und das Wirtschaftsmi-
nisterium entwickeln ein Punktesystem im Einwanderungs-
recht – mit welchem Ziel?
Ziel ist es, vorhandene Qualifikation von Einwanderern besser
darzustellen. Ein Punktesystem soll vorhandenes Wissen honorie-
ren und die Integration in Deutschland erleichtern. Wollen wir das
Fachkräftedefizit unserer Wirtschaft ernsthaft angehen, brauchen
wir dringend auch Fachkräfte mit einer beruflichen Ausbildung und
Ausbildungsinteressierte unter den Zuwanderern. Die Handwerks-
kammern in Rheinland-Pfalz und Wirtschaftsministerin Eveline
Lemke machen sich gemeinsam für ein Punktesystem im Einwan-
derungsrecht stark. Aus unseren praktischen Erfahrungen wissen
wir auch, dass die geltende Rechtslage nicht ausreichend ist. Denn
Einwanderer und Unternehmen wollen langfristig Sicherheit, was
auch einverbessertesBleiberecht für jungeFlüchtlinge inSchule oder
Ausbildung einschließt. Das ist auchKern einer Bundesratsinitiative.
Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit mit der Politik bei ei-
ner verstärkten Initiative für den Meisterbrief auf EU-Ebene?
In dem Ende 2013 eingeleiteten und bis November 2015 andau-
ernden sogenannten „Transparenzverfahren“ werden grundsätzlich
alle reglementierten Berufe in Europa erfasst. Damit sind aber auch
die 41 zulassungspflichtigen Handwerksberufe der Anlage A zur
Handwerksordnung betroffen. Das Wortkonstrukt verharmlost die
möglichenKo
nsequenzen:EsgehtumdieZukunftdesMeisterbriefes!
Dieses Thema steht auf der Handwerks-Agenda 2015 ganz oben.Wir
werden uns imnationalen Schulterschluss aller Handwerksorganisa-
tionen und mit der Politik gegen EU-Nivellierungen auf niedrigem
QualifikationsniveauundgegeneineAushöhlungunserer beruflichen
Bildung wehren. Ich erwähne auch gerne, dass die Mitglieder des
Europäischen Parlaments aus unserem Kammerbezirk mit uns für
Handwerk, Meisterbrief und Berufsbildung kämpfen. Das ist keine
Absichtserklärung. Vor wenigen Tagen fand in Brüssel eine ent-
sprechende Veranstaltung statt, weitere werden folgen. Bei diesem
Thema geben wir keinen Millimeter nach.
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Kurt Krautscheid
Besonders beeindruckend: Für
viele der Ausgezeichneten zählt
Ehrenamt zur Familientradition
wie der ausgeübte Handwerks-
beruf oder die Leitung von Un-
ternehmen. Stellvertretend ging
der Kammerpräsident auf die
Orthopädieschuhmacherfamilie
Schneider aus Grafschaft wie
auch auf die Kfz-Handwerker-
familieKramb aus Simmern ein.
Über Generationen wurde ein
Familienunternehmenweiterge-
führtwie auchdie ehrenamtliche
Tätigkeit als Obermeister der
Innungen.
Doch nicht nur Handwerkern
wurde die Goldene Ehrennadel
verliehen. MitMinisterialrat Dr.
Fred Schmittgen, bis Jahresende
2014 im Mainzer Wirtschafts-
ministeriumHandwerksreferent
und nun im Ruhestand, sowie
Heribert Heinrich, MdL und
engagiert im DGB, erhielten
auch zwei Vertreter aus dem
politischen Leben dieAuszeich-
nung. Dabei ging Krautscheid
besonders auf die Verdienste
vonFredSchmittgenein, „der im
Vorfeld der Handwerksnovelle
2004dieentscheidendenSachar-
gumentezusammengetragenhat,
um auf politischer Ebene einen
Kahlschlag unter den Meister-
berufen zu verhindern.“ Die
damalige Initiative, einemassive
Reduzierung meisterpflichtiger
Handwerksberufe abzuwenden,
kam aus Rheinland-Pfalz und
wurde im Wirtschaftsministeri-
um bearbeitet, anschließend im
Bundesrat eingebracht.
Die
Goldene Ehrennadel
mit Brillant
für mehr als
25-jährige ehrenamtliche Tä-
tigkeit erhielten: Rainer Göbel
(Lahnstein), Schlossermeister
Helmut Heimes (Cochem) und
Fleischermeister Günter Schütz
(Bad Ems).
Die
Goldene Ehrennadel
wurde für mehr als 15-jährige
ehrenamtliche Tätigkeit verlie-
hen an: Druckermeister Nor-
bert Berresheim (Koblenz),
Karosserie- und Fahrzeug-
bauermeister Michael Bocklet
(Koblenz), Bäckermeister
Richard Gmeiner (Hargesheim),
Elektroinstallateurmeister
Christoph Hansen (Koblenz),
Heribert Heinrich (MdL, Kob-
lenz), Maurer-, Beton- und
Stahlbetonbauermeister Sieg-
fried Kallweitt (Grafschaft),
Dipl.-Ing. Günther Kramb
(Simmern), Kfz-Mechani-
kermeister Georg Lahnstein
(Andernach), Fliesen-, Platten-
und Mosaiklegermeister Knut
Mohr (Straßenhaus), Gebäu-
dereinigermeister Paul Neiß
(Neuwied), Kfz-Mechaniker-
meister Joachim Noll (Ste-
bach), Orthopädieschuhma-
chermeister Walter Schneider
(Grafschaft), Dipl.-Ing.
Wolfgang Schulz (Koblenz),
Tischlermeister Wolfgang
Sehnem (Neuwied), Ministeri-
alrat i.R. Dr. Fred Schmittgen
(Klein-Winternheim).
Dabei stellte HwK-Präsident
Kurt Krautscheid, der die Aus-
zeichnung vornahm, die Wich-
tigkeit des Ehrenamtes heraus,
„ohne das unser Handwerk nicht
das wäre, was es heute ist. Fach-
lich, zeitlichundorganisatorisch
ist ehrenamtliche Tätigkeit eine
Herausforderung, die man aus
Überzeugung leistet und mit der
Bereitschaft, sich zusätzlich zu
den beruflichen und privaten
Aufgaben für das Handwerk
einzubringen. Dieses außerge-
wöhnlicheEngagement verdient
Lob und Anerkennung“ – und
wurde nun mit der Goldenen
Ehrennadel gewürdigt.
„Sie alle bringen sich seit min-
destens 15 Jahren neben ihren
hauptamtlichen Aufgaben auch
ehrenamtlich für das Handwerk
ein – alsMitglieder der Vollver-
sammlungundihrerAusschüsse,
als Kreishandwerksmeister, als
Obermeister einer Handwerk-
sinnung oder als Vorsitzende
eines Gesellen-, Abschluss-,
Fortbildungs- oder Meisterprü-
fungsausschusses“, ging Kurt
Krautscheid auf Hintergründe
der ehrenamtlichen Tätigkeit
ein, für die die Auszeichnung
verliehen wurde.
Unter den 18 Auszeichnungen
sind drei Goldene Ehrennadeln
mit Brillant für mehr als 25-jäh-
riges Ehrenamtsengagement.
Mit der Goldenen Ehrennadel der Handwerkskammer Koblenz wurden durch Prä-
sident Kurt Krautscheid (v.l.) und Hauptgeschäftsführer Alexander Baden aus-
gezeichnet: Siegfried Kallweitt, Knut Mohr, Joachim Noll, Günter Schütz, Norbert
Berresheim, Heribert Heinrich, Walter Schneider, Helmut Heimes, Günther Kramb,
Wolfgang Schulz und Ministerialrat i.R. Dr. Fred Schmittgen.
Foto: P!ELmedia