Handwerk Special Nr. 176 vom 25. Januar 2014 - page 11

Handwerker für Handwerker: Zulieferer für Bäcker und Konditoren
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Nr. 176
25. Januar 2014
Der „Kleine“ als Vorreiter
Die Globalisierung ist
wirklich nichts Neues.
Zumindest für die Back-
ofenbauer in Bell. Schon
die Römer kamen, um
den Eifeler Tuffstein
zum Backen zu nutzen.
Umgekehrt belegt ein
„Lieferschein“, der im hi-
storischen Rheinkran von
Andernach aufgefunden
wurde, dass das Beller
Ofenbauerhandwerk be-
reits im 15. Jahrhundert
exportorientiert war.
„Wer in Deutschland etwas mit
Steinbacköfen zu tun hat, kennt
uns“, versichert Claus Heuft,
der die Geschicke von Hermann
HeuftBackofenbau inBell leitet.
DessenProduktestehennichtnur
imgesamtenBundesgebiet, son-
dern auch in den angrenzenden
Ländern. Einen Kunden gibt’s
sogar in Australien! Die eigen-
ständige Hermann-Heuft-Linie
besteht zwar erst seit 1957, die
Familientradition reicht aber
nachweislich mindestens sechs
GenerationenamselbenStandort
in der östlichen Eifel zurück.
Gerade hat die siebte Generati-
on mit Sohn Tobias ihre Lehre
begonnen.
„Seit 1998 das Backofenbauer-
im Ofen- und Luftheizungsbau-
erhandwerk aufgegangen ist,
habenwir unserenAusbildungs-
beruf mitsamt den Prüfungs-
ausschüssen verloren“, merkt
der 48-Jährige an, der selbst als
Maschinenbauingenieur sein
Handwerk ausübt. „Unser Sohn
macht bei uns zunächst eine
Metallbauerlehre, da liegt heute
Handwerkliche Einzelfertigung bei Hermann Heuft Backofenbau
Hermann Heuft GmbH Backofenbau, Bell
Gegr.1957 | 5Mitarb.,Aushilfen | Holz-u.Elektro-Steinbacköfen,Ladenöfen |
gegossenerTuffsteinHetufin® | Tel.02652/1253 |
eindeutigderSchwerpunkt.Aber
auch die besonderen Steinarbei-
ten bleiben ein unverzichtbarer
Bestandteil.Dazukommennoch
dieElektro-undSteuerungstech-
nik ...“ Für Letzteres zeichnet
der Bruder des Unternehmers,
ElektroingenieurHermannHeuft
jun., verantwortlich.
Alte Techniken
neu gedacht
WieseitJahrhundertenbauendie
Heufts noch immer klassische
Steinöfen, die mit Holz befeuert
werden. Die Backfläche in der
Brennkammer wird mit Eifeler
Tuffstein ausgelegt, der rund um
Bell gewonnenwird. Für dieSei-
tenwände und Gewölbe kommt
Schamott zum Einsatz. „Die
Eigenschaften des Tuffsteins
variieren jenachSteinbruch.Der
eine ist verschleißfester, brennt
dafür die Backwaren schärfer,
der andere ist etwas weicher und
strahlt die gespeicherte Hitze
weniger aggressiv ab.“Ob Pizza
Dem Trend zur Arbeitser-
leichterung in der (Bäcker-)
Werkstatt folgend, befassen sich
die Steinbackofenbauer bereits
seit Mitte der 1960er Jahre mit
elektrischbeheiztenÖfen.„Erste
Versuche, Heizschlangen über
Bohrungen in die etwa acht
Zentimeter dicken Tuffstein-
platten einzubauen, sind an der
mangelnden Bruchfestigkeit
des Steins gescheitert. Vater
Franz und Onkel Hermann sen.
haben ein Verfahren entwickelt,
mit dem sie aus Tuffsand und
anderen Zutaten nach gut gehü-
teten Rezepten Steine gegossen
haben. Sie weisen die gleichen
Eigenschaften auf, wie die
gewachsenen“, erinnert Claus
Heuft an die Leistungen der
Vorgeneration. „Unser kleiner
Familienbetrieb war mit dieser
Technik Vorreiter!“
Unter der eingetragenen Marke
Hetufin für „Heuft Tuff innen“
produziertmandiesesinnovative
undvielseitigeBauelementheute
Am Anfang einer Backofenbauerkarriere: Sohn To-
bias und Vater Claus Heuft rüsten die altbewährte
Nibbelmaschine, die wegen der individuellen Ausge-
staltung eines jedes Ofens einer CNC-Maschine über-
legen ist.
Hat gut lachen:
Claus Heuft pro-
duziert aktuell
einen Elektro-
Steinbackofen
für Manufactum
in Stuttgart.
Ausgekleidet
wird das Mo-
dell Rustikal
mit den selbst
entwickelten,
gegossenen
Tuffsteinen.
Die Hetufin-Steine
sind die „Ket-
tenglieder“, die
demnächst Tief-
kühl-Steinofenpiz-
zas durch einen
neuen Durchlauf­
ofen transportieren.
Nach dem Hoch-
mauern des holz-
befeuerten Stein-
backofens setzen
der Bäckermeister
und Franz Heuft
den Schlussstein.
Heizelemente (in den Rückwänden der Backkam-
mern): Alle der mehr als 400 Bauteile eines Rustikal
entstehen in handwerklicher Einzelfertigung.
auch für Dritte. Nutznießer ist
beispielsweise ein führender
Hersteller von Tiefkühl-Steino-
fenpizzas, der in einem Durch-
laufofen zwei Millionen Stück
pro Tag über ein mit Hetufin
belegtes Gliederband schickt.
Selbstredend stammen auch die
metallenen Gießformen aus der
Ideenschmiede der Heufts.
Optimierung des
Energiebedarfs
Ende der 1970er Jahre – nach
Ölkrise und dem Start in eine
kontinuierliche Stromverteue-
rung – nahm das Geschäft mit
elektrisch beheizten Backöfen
richtig Fahrt auf. Paradox? „Im
Gegenteil, denn dieWärmespei-
chereigenschaft der Tuffsteine
senkt den Energiebedarf.“ Mo-
dernste Regelungen für die
Heiztechnik und ausgefeilte
Isolierungen tundas Ihrige. „Wir
bekommenheutedurchdieDigi-
talisierungdieTemperaturkurve
punktgenau hin!“ Dabei gestal-
tendieHeuft-Brüderdiegesamte
Elektroeinheit immer noch so
einfach und übersichtlich, dass
„jede Elektrofachkraft erforder-
liche Reparaturen durchführen
kann und wir ohne eigenen
Außendienst auskommen“.
Unter dem Namen Rustikal
ist die Modellreihe der Elek-
tro-Steinbacköfen seit mehr als
30 Jahren etabliert. Und gefragt,
wie etwa bei dem exklusiven
Warenhaus Manufactum, das
in nur wenigen Großstädten
präsent ist unddort aus gläsernen
Backstuben feine Kleingerichte
anbietet.
Und die Globalisierung? „Jeden
Tag“, so Claus Heuft, „ändert
sich irgendetwas in den Export­
regeln. Durch die Außenwirt-
schaftsberatungderHandwerks-
kammer habenwir bisher immer
hervorragende Unterstützung
erfahren, egal ob es um Kunden
in der Europäischen Union oder
darüber hinaus ging!“
Ob Rohre
und An-
schlüsse für
die Dampfer-
zeugung (im
unteren Be-
reich) oder
die Kam-
mern für die
elektrisch
betriebenen
Fotos: C. Heuft
oder Landbrot – neben dem
Bäckermeister entscheidet
auchderBackofenbauer über
Qualität undGeschmackmit.
Den
Stein-
back-
ofen
Rus­
tikal
gibt’s
mit
0,5
bis
18 m²
Back-
fläche
in
ver-
schie-
denen
Desi-
gns.
Fotos: C. Heuft
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