Handwerk Special Nr. 167 vom 23. Februar 2013 - page 3

Im Fokus: Meisterbrief 2013 / Inhalte aus der Meisterbefragung
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Nr. 167
23. Februar 2013
Stolz auf unsere Meister!
645 Meisterbriefe für
645 Handwerkerinnen
und Handwerker aus 22
Berufen, die aus dem
gesamten Bundesgebiet
stammen und bei der
Handwerkskammer (HwK)
Koblenz ihre Meisterprü-
fung bestanden haben
– das steht nicht nur für
handwerkliche Vielfalt
und die Lust auf Leistung.
Das sind auch 645 indi-
viduelle Lebensläufe mit
einem Ziel: Den Meister-
brief erreichen!
Handwerkskammer feiert Meister . . . und stellt hier einige vor
Nachgefragt
zur Meisterfeier 2013
645 Handwerkerinnen und Handwerker
erhalten am 24. Februar ihren Großen
Meisterbrief. Damit legt die Zahl der
Absolventen im Vergleich zum Vorjahr
(602) deutlich zu, was für die Attraktivität
des Meisterbriefes spricht. Und für den
Leistungsgedanken der jüngsten Meister­
generation, die Zeit, Energie und auch
Kosten investiert hat, um das Ziel „Meis­
terbrief“ zu erreichen. HwK-Präsident
Werner Wittlich geht im Interview auf die
Werte ein, die sich mit dem Meisterbrief
verbinden und informiert über Ergebnisse
aus der Meisterbefragung.
Herr Wittlich, der Meisterbrief kann auf eine Jahrhun-
derte lange Tradition verweisen. Wie zeitgemäß ist er
und sind die Inhalte, die sich mit ihm heute verbinden?
Das beantworten die 645 Jungmeisterinnen und Jungmeisterwohl
ambesten, die imRahmenderHwK-Meisterfeier inderKoblenzer
Rhein-Mosel-HalleihreMeisterbriefeentgegennehmen.Sicherlich
gibt es gute Gründe, sich dieser Herausforderung zu stellen. Für
viele verbinden sich damit verbesserte berufliche Perspektiven,
vielleicht sogar die Selbstständigkeit, die übrigens jeder vierte
Absolvent des jüngsten Meisterjahrganges konkret plant. 60
Prozent nennen persönliche Gründe, mit dem Meisterbrief ihre
handwerklicheEntwicklungzukrönen.JederZehntewillaufdiesen
Abschluss aufbauen und plant ein Studium. Das spricht für die
vielfältigen Möglichkeiten, die sich heute mit der Meisterquali­
fikation verbinden. Das wertet denMeisterbrief natürlich auf und
macht ihn attraktiv. Er ist nicht nur zeitgemäß, sondernmit seinen
Inhalten auch für die Zukunft bestens aufgestellt – ganz im Sinne
aktueller wie auch künftiger Meistergenerationen.
Selbstständigkeit bedeutet auch, Verantwortung zu
übernehmen, ein gewisses Risiko einzugehen. Wirkt
das eher abschreckend oder herausfordernd?
Knapp25Prozent planen eineExistenzgründung, fast jeder zehnte
Meisterabsolvent ist bereits selbstständig. Vor dem Hintergrund,
dass in diesen Betrieben bereits durchschnittlich drei Mitarbeiter
beschäftigt sind und ein Jugendlicher ausgebildet wird, kann man
den Jungmeisterinnen und Jungmeistern wirklich nur ein großes
Kompliment aussprechen. Damit verbindet sich erfolgreiches
Unternehmertum und eine klare Botschaft: Handwerker packen
an, sie übernehmen Verantwortung! Jeder fünfte Meisterbrief
geht übrigens in Frauenhand – auch das ist eine bemerkenswerte
Entwicklung und spricht für die Möglichkeiten, die das Hand­
werk bietet. Für die Attraktivität spricht auch die Vielzahl der
Herkunftsländer, aus denen einige Jungmeister stammen und bei
uns, auch Dank Handwerk, eine Heimat gefunden haben. Mit der
Ausbildung haben sie erste berufliche Schritte absolviert und sind
nun besonders stolz, den Meisterbrief in Händen zu halten.
Wie zufrieden sind die Jungunternehmer mit der
Unterstützung auf dem Weg in die Selbstständigkeit,
beispielsweise bei der Finanzierung durch Banken?
Die Zufriedenheit ist hoch. Auch das ist ein Thema der umfang­
reichen HwK-Meisterbefragung und die Information stammt
somit aus erster Hand: 95 Prozent geben an, mit der Betreuung
durch ihre Hausbank zufrieden zu sein. Da unsere Betriebsberater
einen sehr engen Kontakt zu den Existenzgründern haben, diese
auf dem Weg in die Selbstständigkeit in allen Fragen beraten
und begleiten, bestätigen wir die gute Zusammenarbeit mit den
Hausbanken – im Handwerk traditionell die Sparkassen sowie
Genossenschaftsbanken. Unser Rat an die Existenzgründer kann
nur lauten:NutzenSiedenumfangreichenundkostenlosenService
der Handwerkskammer! Wir sind bei Ihnen und auf dem Weg in
die Selbstständigkeit an Ihrer Seite!
Foto: P!ELmedia
HwK-Präsident
Werner Wittlich
T
ipp
Die HwK-Betriebsberatung unterstützt
Existenzgründer. Info-Tel.: 0261/ 398-251
Hinter jedem einzelnen der
645 Meisterbriefe steht eine
besondere Leistung, die in
zwei Fällen als Familienange­
legenheit angepackt wurde und
Geschwisterpaare zu Meistern
ihres Faches machte. Für andere
ist es mehr, als eine berufliche
Qualifikation. Handwerk ist für
sie ein Stück Heimat, das sie
nach dem Verlassen ihrer Ge­
burtsländer in Deutschland und
im Handwerk gefunden haben.
Sie kommen aus Tunesien, dem
Irak oder Kasachstan und haben
hier Wurzeln geschlagen.
Unter den 645 Händen, die am
24. Februar einen Meisterbrief
entgegen nehmen, sind welche
imAlter von 20 Jahren und auch
solche, die bereits seit 48 Jahren
zupacken. Es sind Handwerker
dabei, die sich rechtlich auch
ohne Meisterbrief selbststän­
dig machen könnten, dennoch
– oder gerade deswegen – für
das Qualitätssiegel entschieden
habenundimWettbewerbaufdie
Werte hinter dem Meisterbrief
setzen. Zwei Fälle stellenwir auf
dieser Seite vor, weitere folgen
in diesem Magazin.
Tunesier Khaled Ben Hassine
... ist in Deutschland angekommen
Die berufliche Entwicklung von Installateur- und
Heizungsbauermeister Khaled Ben Hassine aus Bad
Breisig verdient besonderen Respekt. Der 34-jährige
Tunesier lebt seit elf Jahren in Deutschland. Als er
kam, konnte er weder die Sprache, noch verfügte er
über eine Ausbildung oder einen Berufsabschluss.
„Ich wusste, ich muss klotzen, nicht kleckern, um Fuß
zu fassen“, erzählt er in nahezu perfektem Deutsch.
Als er die Arbeitserlaubnis bekam, entschied er sich
für eine Lehre zum Anlagenmechaniker für Sanitär-,
Heizungs- und Klimatechnik. Der junge Geselle wurde vom Ausbildungsbetrieb übernommen. „Ich
wollte am Ball bleiben und meine Chancen am Arbeitsmarkt erhöhen“, begründet er den Schritt zum
Meisterbrief. Die Teile III und IV (Betriebswirtschaft, Recht, Ausbildereignung) der HwK-Meistervor­
bereitung absolvierte er in Teilzeit, die fachtheoretischen und -praktischen Teile in Vollzeit.
„Man kann mit Ehrgeiz und Fleiß viel erreichen“, ist er überzeugt. Die Praxis gibt ihm Recht. Er hat
inzwischen eine Meisterstelle bei „M&M Haustechnik“ in Sinzig/Rhein. „Eventuell mache ich mich
später selbstständig“, wirft er einen Blick in die Zukunft. Khaled Ben Hassine ist in Deutschland an­
gekommen. Seinen mutigen Schritt hat er nicht bereut. „Wer will, der kann“, weiß er. Nach Tunesien,
seinem Geburtsland, hat er immer noch Kontakt, besucht dort immer wieder Familienmitglieder, doch
Heimat ist – auch Dank des Handwerks – längst Deutschland.
Stolz auf Meisterbrief mit 20
... ist Friseurin Jana Jung aus Mudenbach
„Es ist ein tolles Gefühl, mit 20 Jahren bereits Meis­
terin zu sein“, freut sich Jana Jung aus Mudenbach
bei Hachenburg. Die Friseurin ist die jüngste unter
den 645 Meistern, die am 24. Februar ihren Großen
Meisterbrief bekommen.
„Meine Chefin im Lehrbetrieb hatte mir ihre Nach­
folge in Aussicht gestellt“, nennt sie ihr Motiv, die
Meisterschule unmittelbar nach der Lehre zu besu­
chen. „Als ich mich angemeldet hatte, erfolgte leider
ihr Rückzieher. Ich wollte den Meisterkurs dennoch
durchziehen“, erzählt sie.
Jetzt arbeitet die junge Meisterin in einem Hachen­
burger Salon und ist im Nebengewerbe selbstständig.
„Ich möchte erst noch Erfahrungen sammeln und
einen Kundenstamm aufbauen. Mein Ziel ist es, mich später hauptberuflich selbstständig zu machen“,
sagt Jana. Sie erwähnt auch, dass sie bereits Freunde motiviert hat, ihr nachzueifern. „Man lernt ein­
facher, weil das während der Lehre erworbene theoretische Wissen noch im Kopf ist.“ Und Pläne für
die Zukunft sind natürlich nicht vom Alter abhängig. Mit dem Meisterbrief und der richtigen Einstel­
lung kann man sie auch mit 20 Jahren anpacken – wie Janas Beispiel beweist.
Foto: privat
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