Handwerk Special Nr. 156 vom 28. Januar 2012 - page 19

Infos aus erster Hand zu Finanzmärkten und Euro-Krise
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Nr. 156
28. Januar 2012
Neuer Metall-Obermeister an der Ahr
Eine Ära ging zu Ende,
als Mitte Januar die Ober-
meisterwahlen der Metall-
handwerker-Innung Ahr-
weiler anstanden: Peter
Gieraths wurde nach 25
Jahren verabschiedet und
ist nun Ehrenobermeister
der Innung.
Seit 1987 stand Peter Gieraths
der Innung als Obermeister
vor und hat dieses Amt nun an
Bernd Klein aus Kempenich
weitergegeben. Der „Neue“
wurde einstimmig durch die
Innungsmitglieder gewählt,
sein Stellvertreter ist Alexan-
der Schmitt aus Ohlerath. In
einer bis auf den letzten Platz
gefülltenAhr-Akademielobten
alteundneueWeggefährteGie-
raths als Handwerker mit Herz
und Durchsetzungsvermögen.
Ausführlichberichtet die kom-
mende Ausgabe „Handwerk
Special“ am 25. Februar über
den Wechsel.
„Ein Kunde ist keine Zahlenreihe
aus Soll und Haben!“
Finanzmarktkrisen, Bankenrettung, Staatsverschuldung,
Euro-Schieflage und Rating-Agenturen mit ihren Entschei-
dungen ... wer sich aktuell mit einem Banker unterhält, dem
geht der Gesprächsstoff so schnell nicht aus. Das gilt auch
für das Interview mit Matthias Nester, seit September 2011
Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse Koblenz.
Im Interview mit Matthias Nester, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Koblenz
Doch nicht kontroverse Debat-
te, sondern sachliche Analyse
bestimmen die Einschätzungen
des 50-Jährigen, der auch kein
Geheimnis daraus macht, dass
seine persönliche Meinung zur
Griechenland-Krise auf „In-
solvenz mit Abwicklung“ fällt.
„Wir haben keine Euro-Krise,
sondern die Staaten Probleme
mit ihrerVerschuldung“, spricht
sich der gebürtige Franke für die
Einheitswährung aus.
Seit Anfang 2011 lebt und ar-
beitet Nester in Koblenz. Was
er an der neuen Heimat schätzt?
„Kultur und Natur haben viel zu
bieten!“ Die Matthias-Kapelle
in Kobern-Gondorf oder die
Koblenzer Altstadt nennt er
spontan als Orte, die ihn begeis­
tern. Die Menschen beschreibt
er als „selbst- und leistungsbe-
wusst. Die Leute wissen, was
sie können und verstecken das
auch nicht.“
Menschen, die er trifft, sind
oft genug auch die Kunden der
Sparkasse. Insbesondere gilt das
für Handwerker. „Handwerk
und Sparkasse sind traditionell
enge Partner. Da die Region
wirtschaftlich mittelständisch
geprägt ist, gibt es hier viele
Berührungspunkte“, zumal
Nester aktiv den Austausch
angeht und sich regelmäßig mit
Handwerksorganisationen trifft.
„Hier erfährt man viel über die
inneren Zusammenhänge des
Handwerks. Wie Menschen in
einemUnternehmenmiteinander
umgehen, zusammen arbeiten,
gemeinsam ihre Ziele erreichen
– damit verbindet sich die klare
Botschaft: Handwerksbetriebe
sindkeineZahlenreihen, die eine
Bank als Soll und Haben begrei-
fen sollte.“ Diese Einstellung
überträgtNester auf alleKunden
der Sparkasse und weist auf die
regionale Verwurzelung hin,
„auf eine engeBeziehung zu den
Kunden, die in erster Linie von
Vertrauengeprägt ist“. Betriebe,
die über mehrere Generationen
hinweg mit den Sparkassen als
Finanzdienstleistern vor Ort
zusammenarbeiten,sindeherdie
Regel als eine Ausnahme.
Insofern unverständlich ist für
Matthias Nester das Regelwerk
„Basel III“. „Es berücksichtigt
nicht genügend unsere deutsche
Bankenkultur, sondern wählt
internationale Geschäftsbanken
als Maßstab.“ Genossenschafts-
banken und Sparkassen würden
durch Basel III mehr belastet als
erforderlich–unddamit auchdie
Kunden, besonders diejenigen
mit gewerblichem Finanzie-
rungsbedarf. „Keine einzige
Sparkasse ist durch die Finanz-
marktkriseinSchieflagegeraten,
weil unser Geschäftsmodell als
Regionalbank anders aufgestellt
ist als das der Großbanken.“ Zu
Recht moniert Nester, das nun
durch europäische Vorgabe eine
Gleichschaltung der Banken
stattfinden soll. Zugleich warnt
er vor Panikmache. „Die Kon-
ditionenderKapitalbeschaffung
werden für uns und die Kunden
schlechter, aber das sind Zins-
satz-Veränderungen hinter der
Kommastelle.“ Einen Einbruch
inderKreditversorgungerwartet
er nicht.
Banken im
Rampenlicht
MatthiasNester übt seinenBeruf
gerne aus, kann aber auch die
Kritik verstehen, die zur Zeit
an diesem Wirtschaftsbereich
geübt wird. „Die Finanzinsti-
tute müssen ihre Rolle stärker
erklären,derÖffentlichkeitmehr
Transparenz entgegenbringen.“
Den pauschalen Sündenbock
„Finanzgewerbe“ lässt er aller-
dings nicht gelten. „Ichwünsche
mir eine deutlichere Diffe-
renzierung in der Bewertung
der Banken und Sparkassen in
ihrem Handeln. Die Sparkassen
beispielsweise stehen über ihre
Trägerunterpermanenteröffent-
licher Kontrolle.“ Nester kennt
die Belastungen einer Sparkasse
durch externe Prüfungen nur zu
gut, und ist – wie die Öffent-
lichkeit – verblüfft, wenn dann
eine andere Bank meldet, 55
MilliardenEuroinihrenBüchern
„gefunden“ zu haben.
Nicht allzu gut weg kommen in
der Beurteilung des gelernten
Bankkaufmanns auch Staaten,
die gegen das Euro-Regelwerk
verstoßen. „Mit der Euro-Ein-
führung gab es klare Vorgaben
für alle Währungsteilnehmer.
Daraufhin hatten die Staaten
einen Vertrauensvorschuss bei
allen Investoren. Entsprechend
haben sich die Finanzinstitute
verhalten.“ Dem Regelverstoß
einiger Staaten folgten Schief-
lagen einiger Banken – „das ist
eine logische Verkettung und
man sollte sich bei der Hilfe eher
auf die Banken konzentrieren
als auf die Staaten, die sich
bewusst regelwidrig verhalten
haben“, meint Nester. Wäre
Griechenland bei ihm in die
Beratung gekommen – er hätte
dem angeschlagenen Kunden
die Insolvenz als beste Lösung
vorgeschlagenundüber eineklar
geregelte Abwicklung den Neu-
anfang gesucht. Auf der anderen
Seite sieht er die Interessen der
Politik undwie anderswo imLe-
ben gilt auch hier: Abwägen und
einen Kompromiss finden.
„Die Schuldenkrise ist aus-
haltbar und der Euro stabil
genug. Er wird bleiben“, ist sich
Nester sicher und weist auch
darauf hin, welch starken Halt
Deutschland in diesen interna-
tionalen Turbulenzen bietet.
„Unsere Wirtschaftslage ist
gut, das Konsumklima stimmt.“
Welche Stärke Deutschland in
dieser Finanz-Krise zeigt,macht
Matthias Nester an der Ausgabe
einer StaatsanleiheAnfang2012
fest, die erstmals mit negativen
Zinsen verbunden ist. „Interna­
tionale Kapitalmärkte investie-
ren in Deutschland im Wissen,
dafür keine Zinsen zu erhalten
– und dennoch ist die Nachfra-
ge riesengroß.“ Eigentlich ein
Unding und völlig irrational.
Für Matthias Nester aber auch
ein klares Zeichen für die Ver-
lässlichkeit, die Deutschland
ausstrahlt.
Ein Verdienst, der gerade den
vielen mittelständischen Unter-
nehmen mit ihrer Wirtschafts-
kraft zu verdanken ist. Als deren
traditioneller Partner haben die
Sparkassen offensichtlich auch
einen guten Job gemacht – und
das inmitten einer Finanz- und
Bankenkrise.
Gute Aussichten: Die Sparkassen stehen – trotz in-
ternationaler Finanzmarktkrise – gut da, „denn wir
setzen auf regionale Märkte und eine enge Bezie-
hung zu den Kunden, die auf Vertrauen beruht“.
Matthias Nester, seit September 2011 Vorsitzender
des Vorstandes der Sparkasse Koblenz.
Packen die Zukunftsgestaltung gemeinsam an
(v.r.): Peter Gieraths mit Nachfolger Bernd Klein,
Kreishandwerksmeister Frank Wershofen und
KHS-Hauptgeschäftsführer Karlheinz Gaschler.
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