Handwerk Special Nr. 134 vom 4. November 2009 - page 17

Das Handwerk lebt mit und von dem ehrenamtlichen Engagement
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Nr. 134
4. November 2009
Senior im (Un)Ruhestand
Die Hände in den Schoß
zu legen, ist seine Sache
nicht. Der 72-jährige Gas-
und Wasserinstallateur-
sowie Zentralheizungs-
und Lüftungsbauermeis­
ter Hans-Gustav Schmitz
aus Koblenz ist Pensionär
im Unruhestand.
Körperlich fit, mit wachem
Verstand und offenem Ohr und
Herzen, engagiert er sich zum
einen für die Integration von Ju-
gendlichen in den Ausbildungs-
markt. Zum anderen spürt er
unermüdlich neueTrends imSa-
nitär-Heizung-Klima-Handwerk
auf und lässt diese in seineArbeit
als Seminarleiter verschiedener
Kurse bei der HwK Koblenz
einfließen. Als eine der ersten
Kammern in Deutschland bot
die Koblenzer 2001 die Weiter-
Hans-Gustav Schmitz engagiert sich über die Grenzen hinaus
„Sich einmischenmacht Spaß“
„Es muss von innen kom-
men und man muss es
gern machen. Nur so geht
es“, urteilt Maler- und
Lackierermeister Georg
Cramer aus Berg-Krälin-
gen bei Altenahr über die
ehrenamtliche Tätigkeit.
Der 42-Jährige weiß, wovon
er spricht. Er ist seit 2004
Obermeis­ter der Maler- und
Lackierer-InnungAhrweiler
undstellvertretenderVorsit-
zender im Meisterprüfungs-
ausschuss für sein Handwerk.
Darüber hinaus engagiert sich
der seit neun Jahren selbststän-
digeMeisterimGemeinderatsei-
nesHeimatortes. Die Frage nach
dem Warum hinsichtlich seiner
Arbeit weit über das Tagwerk
hinausbeantwortetCramerspon-
tan: „Ichmöchte etwas bewegen.
Es entsprichtmeinemWertever-
ständnis,sichzurühren,umZiele
zu erreichen. Ich-Bezogenheit
und Bequemlichkeit sind nicht
meine Sache.“ Cramer, der auch
als Dozent in den HwK-Meis­
terkursen arbeitet, appelliert
an seine Handwerkerkollegen,
es ihm gleich zu tun und eh-
renamtlich Entscheidungen für
das Handwerk zu treffen. „Sich
einmischen und mitreden macht
Spaß. Was man gibt, kommt
zurück“, so seine Devise.
HwK Koblenz ruft zur Mitarbeit in Prüfungsausschüssen auf
„Ehrenamt ist Herzenssache“,
betont Gas- und Wasserinstal-
lateur- sowie Zentralheizungs-
undLüftungsbauermeister Peter
Schöneberg aus Bendorf. Der
39-Jährige führt seinen Betrieb
mit neun Mitarbeitern in der
zweitenGeneration. ImMeister-
prüfungsausschuss der Installa-
teureundHeizungsbauerarbeitet
er seit 2002. „Die Zeit, die ich
für das Ehrenamt investiere,
opfere ich gern. Meine Arbeit
empfinde ich als Bereicherung
undnichtalsBelastung“,soPeter
Schöneberg, der 1996 und 1997
jeweils Jahrgangsbester bei den
Meisterprüfungenwar. „Ichwill
immeraufdemneustenStandder
Technik und den angehenden
MeisternVorbild sein.Das treibt
mich an.“
Bereicherung
für beide Seiten
„Ohne Ehrenamt geht nichts
in der Selbstverwaltung des
Handwerks. Ehrenamtliches
Engagement, Sachverstand
und Gestaltungswille von
Handwerksmeis­tern, ihr steter
Einsatz für die Interessen des
Handwerks prägen Wirtschaft
und Gesellschaft“, bekräftigt
HwK-Präsident Karl-Heinz
Scherhag. Annähernd 1.200
selbstständige und angestellte
Meister, Berufsschullehrer und
HwK-Mitarbeiter sind in den
Prüfungsausschüssen ehrenamt-
Hans-Gustav Schmitz (l.) mit Praktikant Gökhan M.
Aydogmus und Betriebsinhaber Henry Burmester.
lich tätig. Unter ihnen derzeit
134 Obermeister und 144
Lehrlingswarte, die sich au-
ßerdem in den Innungen und
Kreishandwerkerschaften
engagieren.
Über 10.560 Lehrlinge wer-
denzurzeit imKammerbezirk
Koblenz ausgebildet, sodass
jährlich jeweils rund 3.000
Gesellen- und Zwischenprü-
fungen zu organisieren und
abzunehmen sind. „Und das
alles geschieht neben der
eigentlichen beruflichen
Tätigkeit und damit in der
Freizeit“, hebt Hauptge-
schäftsführer Alexander Ba-
denhervor. Er unterstreicht, dass
aber gerade diese Erfahrungen
aus der betrieblichen Praxis,
die die Ehrenamtsträger in ihre
freiwillige Arbeit mit einbräch-
ten, erst das Funktionieren des
beruflichen Bildungssys­tems in
Deutschland möglich machten.
Die HwK Koblenz ruft zur
Mitarbeit als Prüfer in den
Gesellen-,Meister- oder Fortbil-
dungsprüfungsausschüssen auf.
„Jeder kann etwas bewegen. Die
Handwerksorganisationbraucht
Freiwillige, diedas Innungs- und
Kammerwesen lebendig halten.
Bitte arbeiten Sie mit!“, so die
HwK Koblenz an die Handwer-
ker im Kammerbezirk.
Weitere Informationen bei
der HwK-Meisterakademie,
Tel.: 0261/ 398-415, E-Mail:
-
ternet:
bildung „ServicekraftGas-Was-
ser-Heizung“ fürMitarbeiter aus
dem SHK-Bereich an.
„Für einen Gesellen war die
Meisterprüfung bisher die ein-
zige Aufstiegsmöglichkeit. Die
Position der Servicekraft ist eine
neueberuflichePerspektive.Das
Zertifikat weist ihn als einen für
die neuen Techniken umfassend
qualifizierten Mitarbeiter aus,
der selbstständig und verant-
wortungsbewusst arbeitet, seine
FirmabeimKundenangemessen
repräsentiert, die Kunden berät
und zu Folgeaufträgen ver-
hilft“, plädiert Schmitz für den
Lehrgang, den er maßgeblich
mitentwickelt hat.
Sein Einsatz ist grenzenlos. So
unterstützte er das Engagement
des örtlichen Handwerks beim
Wiederaufbau nach der Tsuna-
mi-KatastropheinSriLanka.Als
Kurzzeitexperte brachte er sein
Know-how bei der Einrichtung
einer Werkstatt für Sanitär- und
Klimatisierungstechnik im Be-
rufsbildungszentrum Kalutara
ein. Er engagierte sich in Fragen
der Ausbildung der zukünftigen
Anlagenmechaniker, Klima-
techniker und Klempner. Heute
steht in Kalutara ein flexibles
und praxisorientiertes Aus- und
Weiterbildungsangebot für die
wichtigsten Bauberufe bereit.
Junge Menschen
beruflich fördern
HerzensbedürfnisfürHans-Gus­
tav Schmitz ist es, junge Leute
auf ihremWeg indieAusbildung
zu begleiten. Er unterstützt die
Ausbilder und Sozialpädagogen
der Pädagogischen Anlaufstelle
der Handwerkskammer da-
bei, Praktikumplätze für ihre
„Schützlinge“ aus zahlreichen
Maßnahmenzufinden.DieHwK
bietet zum Beispiel die Berufs-
ausbildunginaußerbetrieblichen
Einrichtungen (BaE) in Zusam-
menarbeitundFörderungmitden
örtlichen Agenturen für Arbeit
und den ARGEN in ihren Be-
rufsbildungszentren inKoblenz,
Rheinbrohl, Bad Kreuznach,
Herrstein und Cochem an.
Ein jüngeres Bespiel ist Gökhan
M.Aydogmus.AlsHans-Gustav
Schmitz den heute 20-Jährigen
bei der Kammer kennenlernte,
hatte dieser den Realschulab-
schlussundwenigVorstellungen
von seiner Zukunft. Er vermit-
telte ihn in ein Praktikum im
Sanitär-Heizungsbetrieb von
Henry Burmester in Neuwied.
Der junge Türke mit deutschem
Pass bereitet sich jetzt auf das
Fachabiturvorundmöchtespäter
Solartechnikstudieren.„Gökhan
habe ich viel Zeit geschenkt, vor
allem aber Herzblut. Die Saat
geht auf“, freut sich Schmitz.
Und hier möchte er sich weiter
einbringen – open end!
„Ehrenamt
ist Her-
zenssache“
für Peter
Schöneberg.
Georg
Cramer
möchte
etwas
bewe-
gen.
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