Handwerk Special Nr. 130 vom 30. Mai 2009 - page 17

Gelernt ist gelernt: Mit
der Wünschelrute sucht
er unterirdische Was-
serläufe. „Das hat mir
ein alter Mann in meiner
Heimat Kasachstan bei-
gebracht“, erzählt David
Himmelreich, der seit
Jahren im Hunsrück lebt
und im Nebengewerbe
Brunnenbauer ist.
DieTrefferquotedieserSuchme-
thode liegt bei 100 Prozent, so
Himmelreich,dergenaudort,wo
dieSpitzendermetallenenWün-
schelrute aufeinander zusteuern,
seine riesige Bohrmaschine
aufstellt. Dann geht es abwärts.
Rund einen Meter pro Stunde
arbeitetsichdieschwereTechnik
nach unten. Der Bohrkopf mit
einem Durchmesser von 16 cm
fräst sich seinen Weg durch die
Erde. 20, 30 Meter tief stößt er
dann auf das, wasHimmelreichs
Kunden wünschen: Wasser.
Steinernes rund ums Haus
Den 1990 im Gewerbe-
gebiet „Hinterm Mont“
oberhalb von Treis-Kar-
den gegründeten Betrieb
übernehmen wollte er
eines Tages schon,
aber nicht unbedingt
so schnell, wie es der
frühe Tod des Vaters
Eduard 2005 erforderte.
Dann aber blieb Jens Fischer
nichts anderes übrig, als ins kalte
Wasser zu springen und dieVor-
bereitungzurMeisterprüfungals
Steinmetz und -bildhauer bei der
Handwerkskammer Koblenz
eben abends und an Wochenen-
den zu absolvieren, zusätzlich
zur Arbeit im Betrieb, für den
jetzt er die nötigen Aufträge
beschaffen musste.
„Daswar schonverdammt hart“,
erinnert sichder 33-Jährige, „ich
hatte praktisch keine andere
Wahl, als mich auf mein gutes
Gedächtnis zu verlassen, denn
zum wirklichen Lernen fehlte
mir jede Zeit.“ Als Meister-
Steinmetzmeister Jens Fischer gestaltet ganz Individuelles
stück machte er genau das, was
auch Eduard Fischer, allgemein
bekannt nur als „Edi“, gemacht
hatte, denGrabstein für deneige-
nen Vater, aus einemhessischen
Diabas. Grabsteine sind heute
ein wesentliches Standbein des
Betriebes. Vorgefertigte und
individuell gestaltete Steine,
erklärt er, hielten sichgegenwär-
tig weitgehend die Waage. „Ich
selber mache natürlich lieber
individuell Gestaltetes aus hei-
mischen Steinen, genau deshalb
habe ich ja auchmeinHandwerk
1990 beim Vater gelernt.“
Steinerne
Waschtische
Die Mutter, meint Jens Fischer,
habe das eigentlich gar nicht ge-
wollt, „siewusste ja vonmeinem
Vater,wie schwer dieArbeit ist“.
Mittlerweile sei das besser ge-
worden, dank neuer Maschinen
und eines Krans. „Früher sind
wir nochmit demAnhänger zum
Friedhof gefahren und haben
alles per Hand abgeladen.“
Die Maschinen erleichtern auch
die Steinmetzarbeiten am Bau,
die Anfertigung beispielsweise
vonTreppen,Bodenbelägenoder
Fensterbänken.
„Am meisten Spaß macht es
allerdings, wenn man was
Anspruchsvolles ausführen
kann. Jetzt haben wir gerade
Waschtische aus Marmor und
Granit für ein Hotel hier an der
Mosel gemacht, da kann ich mit
meinen Mitarbeitern zeigen,
was sich alles mit dem nötigen
Können aus Steinmachen lässt.“
Gegenwärtig bildet er auch
einen Lehrling aus. „Der macht
seine Sache so gut, dass ich ihn
wohl nach Abschluss der Lehre
übernehmen und gleich wieder
einenLehrlingeinstellenwerde.“
Arbeit genug sei da.
Schließlich beschränkt sich die
Palette der Leistungen nicht nur
auf Grabsteine und Bauteile,
sondern umfasst auch die Re-
staurierung beispielsweise einer
Kreuzwegstation, auf
die ein Baumstamm gefallen
war, oder allerlei Dekoratives
oder Nützliches für den Garten.
Draußen in der Sonne laden in
derAusstellungBasaltbänkeund
ein Basalttisch zum Probesitzen
und zum aufwärmenden Bad
in der Frühlingssonne ein und
das Plätschern der steinernen
Brunnenanlagen liefert dazu
die passende, entspannende
Begleitmusik.
Grabsteine sind nur ein Arbeitsfeld für Steinmetz-
und Steinbildhauermeister Jens Fischer. Auch in der
Restaurierung sakraler Kunst hat er sich profiliert.
„Einige nutzen es zur Gar-
tenbewässerung, andere als
BrauchwasserimHaushalt“,
berichtet derBrunnenbauer,
der in einem eher seltenen
Handwerk aktiv ist, das sich
in den vergangenen Jahr-
zehnten stark verändert hat.
Der „Märchenbrunnen“mit
über einem Meter Durch-
messer und einer Steinaus-
kleidungwar gestern.Heute
geht es imRekordtempomit
Hightech in die Tiefe. Ein
Handwerk mit Zukunft!
Da Wasser ein wertvolles
Gut ist, steigt die Nachfrage
nachdenBohrungen,diemit
einerTauchpumpeversehen
werden und ab dann über
Jahre und Jahrzehnte das
Grundwasser fördern. Die
Heimat Hunsrück ist dabei
ein schwieriger Boden. „Er
ist sehr hart“,weißHimmel-
reich und geht mit der Hand
durch das Absetzbecken, in
demdieFlüssigkeit aus dem
Bohrloch landet und das
Gestein vomWasser trennt.
Auf seinerHandfläche zeigt
Himmelreich in fast schon
liebevoller Zuneigung auf
verschiedenfarbige Krümel
und erzählt, was sein Bohrkopf
einigeMeter unter seinen Füßen
gerade bearbeitet.
Da kann es auch passieren, dass
ereineBohrungabbrechenmuss,
weildasGesteinÜberraschungen
parat hält. Besonders ärgerlich,
soderExperte, der inKasachstan
sein Handwerk erlernte und dort
auch an Bohrlöchern bis zu 1,5
Kilometer Tiefe anpackte, seien
Steine,wie sie auch andenUfern
von Flüssen zu finden sind: rund
undhart.„DiekannderBohrkopf
nicht knacken, sie bieten keinen
Angriffspunkt und drehen sich
imBohrkopfmit.“Die Folge: Es
geht keinen Meter weiter in die
Tiefe. Dann heißt es, an anderer
Stelle das Brunnenglück erneut
zu versuchen.
Durchschnittlich einen Brunnen
im Monat baut David Himmel-
reich. ImWinter ruht die Arbeit.
Bei aller Professionalität, die
den Brunnenbauer auszeichnet,
verschwendet er auchGedanken
an das, was der Bohrvorgang
zutage fördert. „Es ist eine Zeit-
reise durch die Erdgeschichte.
Jeder Meter erzählt diese“, so
der Handwerker und weiß, dass
dort, wo er gerade in der Tiefe
seine Spuren hinterlässt, seit
MillionenJahrenRuheherrschte.
Nach zwei Tagen heißt es hier
nun: „Angezapft ist ...!“
Steckbrief: Brunnenbau Himmelreich, Kümbdchen
Gegr. 2004 | 1 Mitarbeiter | Bohrungen für Brauchwasserversor-
gung (Garten, Haus) | Tel.: 0170/ 2420731
Seltenes Handwerk mit Zukunft: Brunnenbauer zapfen die Erde an
Himmelreichs Wege in die Tiefe
Steckbrief: Steinmetz E. Fischer, Treis-Karden
Gegr. 1990 | 5 Mitarbeiter (1 Meister, 1 Lehrling) | Grabsteine,
Natursteinarbeiten am Bau | Tel.: 02672/ 7430
Nr. 130
30. Mai 2009
Brunnenbauer David
Himmelreich hat ein
sicheres Gespür für
Wasser aus der Tiefe.
Akzente setzen mit Stein – Brauchwasser aus der Tiefe nutzen
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