Handwerk Special Nr. 130 vom 30. Mai 2009 - page 23

Vom Soldat auf Zeit in 15 Monaten zum Gesellen im Handwerk
Nr. 130
30. Mai 2009
„Gesellenbriefe guten Gewissens übergeben!“
In 15 Monaten erfolgreich
zum Gesellenbrief? Die
Skepsis überwog, als
das Beratungszentrum
Bundeswehr-Wirtschaft
(BzBwWi) unter dem Dach
der HwK Koblenz vor drei
Jahren die Idee einer ver-
kürzten Handwerkslehre
für Soldaten auf Zeit (SaZ)
ab vier Jahren Verpflich-
tungszeit präsentierte.
Die Teilnehmer der ersten
Gruppe des Modellversuchs,
der im Januar 2008 gestartet ist,
haben jetzt die Zweifler durch
ihrebestandeneGesellenprüfung
widerlegt.
„Wer dieses Ziel unbedingt
erreichen möchte und sich da-
für kompromisslos engagiert,
schafft diese komprimierte
Form der Ausbildung“, be-
glückwünschte BzBwWi-Leiter
und Oberst d. R. Hans-Joachim
Benner die frisch gebackenen
Gesellen – drei Metallbauer,
zwei Feinwerkmechaniker und
ein Elektroniker – im Rahmen
einer kleinen Freisprechungs-
feier im HwK-Metall- und
TechnologiezentruminKoblenz.
„SiealsdieTeilnehmerderersten
GruppeunseresModellprojektes
haben im Zusammenspiel mit
IhrenLehrbetrieben,denüberbe-
trieblichen Ausbildern und Prü-
fungsausschüssen der Kammer
echte Pionierarbeit geleistet“,
fügte Benner hinzu. Inzwischen
ist das Koblenzer Projekt in die
sechste Runde gestartet und hat
damit den Pilotcharakter hinter
sich gelassen.
Anspruch und
Verantwortung
Ob die für den Berufsförde-
rungsdienst der Bundeswehr
(BFD) verantwortlichen Stellen
im Bundesministerium der
Erste Gesellen aus dem SaZ-Modell einer verkürzten Lehre nehmen „bewusst hoch gelegte Hürde“ erfolgreich
Verteidigung, die Dachverbän-
de der vier Handwerke Anla-
genmechaniker für Sanitär-,
Heizungs- und Klimatechnik,
Elektroniker, Feinwerkmecha-
niker und Metallbauer, in denen
dasModellvorhabengestartetist,
oder auch die HwK selbst – „zu
Recht haben alle Seiten darauf
gedrungen, dass die Qualität
der Ausbildung nicht durch die
Verkürzung der Lehrzeit aus-
gehöhlt wird“, erinnerte Benner
an die Vorgespräche. „Deshalb
haben wir die Hürde für die
interessierten Soldaten bewusst
hoch gelegt und beispielsweise
eine intensive Eignungsprüfung
bei den Zentren für Nachwuchs-
gewinnung der Bundeswehr
vorgeschaltet.“
Zugleichsollteaberinsbesondere
den kürzer dienenden Soldaten,
die ihren Dienst in der Bundes-
wehr ohne erlerntenBeruf antre-
ten und deshalb „nach vier und
mehr Jahren zwar entsprechend
älter, aber immer noch ohne an-
erkannten Abschluss dastehen“,
eine realisierbarePerspektive im
zivilen Erwerbsleben eröffnet
werden – zumal die BFD-För-
derung für diese Zielgruppe
eher gering ausfällt. „Die HwK
Koblenz, aus deren Arbeit das
Beratungszentrum erwachsen
ist, stellt sichmit dieser Initiative
ihrer gesellschaftlichen Verant-
wortung und leistet einen ange-
sichts des demografischenWan-
BeratungszentrumBundeswehr-Wirtschaft
im HwK-City-Büro Koblenz
Tel.: 0261/ 398-126, Fax: 0261/ 398-934
Seit 1999 engagiert sich das Beratungszentrum Bundeswehr-
Wirtschaft unter dem Dach der Handwerkskammer Koblenz
erfolgreich in der zivilberuflichen Qualifizierung von Soldaten
auf Zeit, um sie dem Handwerk als Fach- und Führungskräfte und
potenzielle Betriebsübernehmer zuzuführen.
Informationen beim Beratungszentrum
Bundeswehr-Wirtschaft in Koblenz:
E-Mail:
Sie weiter!“ Dass den sechs
erfolgreichen SaZ ein Angebot
über eine Folgebeschäftigung
vorliegt, unterstreicht für ihn die
Schlüssigkeit des Konzeptes.
Günter Weber hat als Berufs-
schullehrerundVorsitzenderdes
HwK-Prüfungsausschusses für
die Feinwerkmechaniker einen
Unterschied zu den regulären
Gesellenanwärtern ausgemacht.
„Das Weniger an Berufspraxis
imAlltag haben Sie durch Enga-
gement undPersönlichkeit wett-
gemacht. Wir übergeben Ihnen
dieGesellenbriefe gutenGewis-
sens.“ Elektrotechnikermeister
und Vorsitzender des HwK-
Gesellenprüfungsausschusses
der Elektroniker – Fachrichtung
Automatisierungstechnik,Detlef
Birkenheier vom Berufsförde-
rungswerkKoblenz inVallendar
als Partner in der Ausbildung
seiner Berufsgruppe, wies er-
gänzend darauf hin, dass die
Soldaten Zeitdefizite durch zum
Lernen genutzte Freizeit und
Urlaubsansprüche ausgeglichen
hätten.
Auch die ausbildenden Betriebe
haben Neuland betreten. Stell-
vertretend für sie beschrieb
MaschinenbauermeisterundMe-
tallbauermeister Bernd Speck-
hahn,Inhaberdesgleichnamigen
Stahl- und Maschinenbaube-
triebes in Wittingen-Radebeck,
seine Erfahrungen: „Wir waren
sehr skeptisch gegenüber der
verkürzten Lehrzeit, das ist für
uns als Unternehmer genauso
Neulandwie für dieBelegschaft.
Thomas Schulze hat sich mit
seinem Willen und seiner Leis­
tungsbereitschaft, aber auch als
Person,dieLebenserfahrungver-
mittelt, so gut verkauft, dass wir
uns auf das Projekt eingelassen
haben. Nach dem erfolgreichen
Abschluss der Lehre haben wir
ihn als Gesellen übernommen
– und inzwischen auch einen
zweiten Soldaten in die Lehre
genommen. Zusammenfassend
sind wir überaus positiv angetan
von der gesamten Maßnahme.“
Intensivkurs Handwerksbetrieb: In nur 15 Monaten
hat Metallbauermeister Frank Kaul (l.) aus Horhau-
sen im Westerwald seinen Lehrling Phillip Burk-
hardt zur Gesellenprüfung geführt.
Intensivkurs Handwerkskammer: Die Feinwerkme-
chaniker Sascha Abels (l.) und Thomas Schulze
programmieren in der überbetrieblichen Ausbil-
dung in Koblenz eine CNC-gesteuerte Fräse.
Ob Meisterbrief oder Studium,
der Gesellenbrief eröffnet Ihnen
vielfältige Möglichkeiten in der
Wirtschaft. Schauen Sie nach
vorne, gehen Sie weiter auf dem
Weg Ihrer Qualifizierung!“
Lohnendes
Engagement
Eine Aufforderung, die sich
auch Rene Lutterbach vomBFD
Koblenz zu eigen machte. „Auf
den wirklich großen Schritt
für jeden Einzelnen von Ihnen
persönlich, aber auch als erste
Gruppe ein neues Modell zum
Erfolg geführt zu haben, müssen
in der beruflichen Qualifizie-
rung weitere folgen. Machen
delswichtigen
Beitrag für
die Sicherung
des Fach- und
Führungskräf-
tebedarfs der
Betriebe“, be-
schriebOberst
d. R. Hans-
Joachim Ben-
ner den wei-
terenHorizont
der Freispre-
chung.„Inwe-
nigen Jahren
vom Lehrling
zum qualifi-
zierten Unter-
nehmer: Das
bietet nur das
Ha n dwe r k .
Stolz auf die erbrachte Leistung: Die frisch gebackenen Gesellen
mit ihren Ausbildern, Prüfungsausschüssen und dem Team des
Beratungszentrums Bundeswehr-Wirtschaft.
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