Handwerk Special Nr. 129 vom 29. April 2009 - page 2

Die „Eine-Milliarde-Euro-Frage“
Alexander Baden
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aus dem Inhalt
129
Bewahren und neu nutzen
Ob die Festung Ehrenbreitstein oder
das Kloster Arnstein – Handwerker
wenden ihr besonderes Know-how
bei der Restaurierung denkmalge-
schützter Bauten nach historischem
Vorbild an. Die Ergebnisse über-
zeugen unter ökologischen wie
ökonomischen Gesichtspunkten.
Hightech & Management
In wirtschaftlich schwierigen Zeiten
besteht, wer seine Nische gefunden
hat und marktgerechte Produkte
anbieten kann. Dazu gehört der Ein-
satz von Hightech, von modernsten
Be- und Verarbeitungstechnolo-
gien, aber auch von professionellen
unternehmerischen Fertigkeiten.
100 Jahre Zukunft
Etliche Handwerksbetriebe aus der
Region blicken auf 25, 50, 100 und
mehr Jahre Tradition zurück, in
denen sie sich und ihr Unterneh-
mensprofil kontinuierlich weiter-
entwickelt haben. Sie nutzen ihre
ureigene Geschichte als Kapital
für die Zukunft – erfolgreich!
Über den Tellerrand
Die HwK Koblenz engagiert sich seit
Jahren für den Aufbau tragfähiger
Strukturen für den Mittelstand in den
jungen Volkswirtschaften auf dem
Balkan und in Südostasien. Sie leistet
dort mit Partnern Hilfe zur Selbsthil-
fe, damit unser Handwerk von den
näher gerückten Märkten profitiert.
Vor wenigen Tagen hat die Handwerkskammer den aktuellen Kon-
junkturbericht veröffentlicht. Ein Abbild der Wirtschaftslage in den
Handwerksbetrieben unserer Region. Die Stimmung ist eingetrübt,
aber längst nicht so düster, wie es die Weltwirtschaft über Banken
oder global verflochtene Großunternehmen meldet. Das Handwerk
– eine Sonderwirtschaftszone? Ganz sicher nicht. Aber ein Bereich
von Spezialisten, die ganz genau wissen, was ihr Unternehmen leis-
ten kann, was ihre Kunden wünschen. Eine Beziehung, die niemals
MilliardenEurogeneriert. Aber eine stabileBeziehung, sogar in einer
Weltwirtschaftskrise.DieZahlen,diesichdarausfüreinUnternehmen
ergeben, lassen also eine angespannteWirtschaftslage imHandwerk
erkennen, aber weder eine Katastrophe noch eine Tragödie.
Natürlich werde ich als Hauptgeschäftsführer gerade in dieser Lage
von Betrieben, von Innungen angesprochen. Wir tauschen uns aus,
suchen gemeinsam nach Wegen, um dem einzelnen Handwerker zu
helfen, ihn zu beraten, zu informieren. Das schließt auch Treffen mit
den Kreishandwerkerschaften und Innungen ein. Auf dem Weg zu
einem solchen Termin las ich das Interview einer großen Tageszei-
tung mit einem italienischen Modehersteller, der sein Unternehmen
als „Nischenplayer im Luxussegment“ beschrieb. Italien ist nicht
Deutschland, einModeproduzent imHochpreissegment kein Bäcker
oder Tischler an Nahe oder Ahr.
Doch eines machte dieses Interview klar: Der Mann hat ähnliche
Kundenstrukturen,ähnlicheRahmenbedingungen,ähnlicheProbleme,
ähnlicheChancenwie einHandwerksunternehmen aus unserer Regi-
on. Wie geht er mit der Krise um? Wie will er sie überstehen? Es war
ein sehr offenes, ehrliches Interview.Mit einerKernaussage: „Durch-
halten und nach vorne denken!“ Dieser Modehersteller erzählte, er
stelle weiter Leute ein. Er präsentiere seine Arbeiten auch weiterhin
auf Messen. Und er habe gerade neue Verkaufsstandorte gebaut, die
er „heilige Monster“ nannte. Groß, teuer und alles andere als eine
Krisenreflexion.„Wirkönnensofastwissenschaftlichnachvollziehen,
was der Kunde wirklich will!“ Auch das eine Kernaussage. Haben
einige Unternehmen mit weltweiter Kundschaft und den regionalen
Ansprüchen, die sich daraus ergeben, den Kontakt zu ihren Käufern
verloren und wissen nicht mehr, was die wirklich wollen?
Wie lange würde ein Fleischer seineWurst anbieten, die keiner will?
Eine Woche, einen Monat, ein Jahr – die Scheuklappen vor Augen
und den Spruch auf den Lippen „Und sie schmeckt doch!“? Würde
ein Tischler auf Vorrat Stühle produzieren, wenn er nicht weiß, wer
eigentlich seine Möbel kaufen soll, ob die am Markt ankommen?
Es ist die enge Beziehung zwischen Handwerker und Kunde, die
das Handwerk auszeichnet. Der Qualitätsanspruch, der sich aus der
individuellen Abwicklung eines Auftrages ergibt, ist hoch. Nichts ist
von der Stange, der Handwerker spürt sehr direkt, was sein Kunde
wirklich will.
Das wird auch in der aktuellen Ausgabe von „Handwerk Special“
in den vielen verschiedenen Reportagen deutlich. Auch sie sind
– wie der Konjunkturbericht – ein Abbild unserer handwerklichen
Wirklichkeit im Kammerbezirk.
Ich sage es gern und auch in aller Deutlichkeit: Belohnen Sie als
Verbraucher diese Leistung des Handwerks. Jedes Brötchen, das Sie
kaufen, jedeAutoreparatur, dieSie imKfz-Unternehmendurchführen
lassen, jeder Neu- oder Umbau, für den Sie die Bau- und Ausbau-
handwerke beauftragen, ist nicht nur ein Stück mehr Lebensqualität
für Sie selbst. Es ist auch eine Unterstützung unserer regionalen
Wirtschaft. Die gibt dieses Vertrauen zurück – mit handwerklichen
Leistungen, mit Beschäftigung und Ausbildung. Die Weltwirtschaft
ist eineSache. RegionaleWirtschaftsstrukturen sindeine andere, auch
wenn beide Bereiche in Wechselwirkung stehen. Wir prägen sie mit
unserem Konsumverhalten entscheidend mit. Und auch dazu finden
wir etwas im Konjunkturbericht: Die Auftragsreichweite der Hand-
werksbetriebe steigt. Das ist eine klare Antwort auf die Frage nach
demEnde der Krise und ihremAusgang. Doch diese eine Frage nach
dem Ende der Krise, so der italienische Modemacher, habe das Zeug
für die „Eine-Milliarde-Euro-Frage“. Die Kunden des Handwerks
bei uns beantworten sie bereits – viel Spaß beim Lesen!
Ihr
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